Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 76
Kammeroper,
auch für deren Weiterentwicklung und Neupositionierung verschließt.
Ähnliches
beim Theater der Jugend. Auch hier ein Haus, dessen Arbeit ich über die Maßen
schätze und wo ich glaube, dass mit Thomas Birkmeier ein wirklich guter neuer
Leiter gefunden wurde. Aber was für eine Aufgabe soll denn das Theater der
Jugend im Zusammenspiel mit dem neuen Kindertheaterhaus bekommen? Niemand weiß
irgend etwas, niemand weiß auch, was genau das Kindertheaterhaus tun wird und
jetzt beschließen wir Geld für das Theater der Jugend ohne genau zu wissen, in
welche Richtung sich das Ganze entwickeln kann und soll.
Ein
weiteres Beispiel: Das Volkstheater. Ich bin nicht der Meinung, dass das
Volkstheater ab 2005 für jede Produktion zur so genannten Jury gehen soll, um
sich dort Geld zu holen. Nein, dieser Meinung bin ich nicht. Aber es wird
demnächst eine neue Direktion geben und jetzt schon ist es so, dass das
Volkstheater zu wenig Geld hat. Jetzt beschließen wir einen 3-Jahres-Vertrag
auf der Basis dessen, was bisher dort geschah und was bisher dort unter größten
Budgetnöten geschah. Und dieser Vertrag wird für die neue Direktion bindend
sein. Die neue Direktion wird 1 zu 1 die Anzahl von Produktionen übernehmen
müssen, die jetzt die derzeitige Direktion unterschrieben hat. Ist das
vorausschauende Politik? Nein!
Wir müssen
uns in all diesen Fragen Offenheit bewahren, auch im Sinne derjenigen, die die
Theater leiten, denn ein Vertrag ist ein Vertrag. Es ist notwendig, dass wir
diese auch seriös abschließen und nicht auf hops doch schnell mal was
beschließen.
Auch beim Schauspielhaus
denke ich, dass es diese Probleme gibt. Das Schauspielhaus macht hervorragende,
spannende, innovative, künstlerische Arbeit, aber der 3-Jahres-Vertrag, der
vorliegt, geht über den Zeitraum 2005 der Harmonisierung bei weitem hinaus. Was
heißt das? Wir beginnen Ausnahmen zu machen und ich will keine Ausnahmen. Ich
will, dass alle in dieser Reform gleich behandelt werden und mit den gleichen
Rechten und den gleichen Pflichten ausgestattet werden. Und deshalb, und aus
keinem anderen Grund, werden wir heute diesen vier 3-Jahres-Verträgen nicht
zustimmen, weil wir glauben, dass es dumm ist, sich so einzuschränken und
nicht, weil wir der Meinung sind, dass die künstlerische Arbeit all jener, die
an diesen Häusern arbeiten, sich dieses Geld nicht verdienen würde. Ganz im
Gegenteil.
Wir werden heute auch den Rahmenbetrag für die Freie Szene
nicht mitbeschließen, weil wir glauben, dass derzeit keinerlei Transparenz
darüber gegeben ist, wie diese Mittel in den nächsten Monaten vergeben werden,
an wen sie vergeben werden, in welcher Form, und weil ich glaube, dass die
Kunstschaffenden dieser Stadt auch in einer Übergangszeit ein Recht darauf
haben, dass die Vergabe nach nachvollziehbaren Kriterien erfolgt.
Ähnliches auch bei den Investitionskosten, die wir
ebenfalls ablehnen werden. Wie kann ich Investitionskosten für Häuser vergeben,
von denen ich jetzt noch nicht weiß, was für eine Rolle sie spielen werden?
Wenn ich jetzt Investitionskosten für ein Haus vergebe, das vielleicht in zwei
Jahren in der neuen Reform eine völlig andere Rolle spielen wird, weil dann zum
Beispiel ein Bühnenumbau notwendig wird, dann halte ich das schlicht für ein
großes Problem. Und die Autoren der Studie haben das auch erkannt.
Sie schreiben über die Mittelbühnen im konkreten
Fall:
„Was die Verfügungsgewalt über ihre“ – der
Mittelbühnen – „Betriebsmittel betrifft, agieren sie als Privatunternehmen, die
zum großen Teil noch in der Hand ihrer Gründer sind. Auf der anderen Seite
wurden ihre Infrastrukturen zu einem großen Teil mit öffentlichen Mitteln
ausgebaut, deren Nutzung wiederum durch personengebundene Mietverträge
beschränkt wird. Das erscheint auf Dauer nicht haltbar.“
Wir haben hier eine klare und nachvollziehbare Kritik
daran, dass wir jetzt in dieser Form vorgehen. Ich glaube, nehmen wir uns ernst
und beschließen wir heute nicht etwas, das uns für die Zukunft die Hände
bindet.
Ich möchte des weiteren auch einen Beschlussantrag
betreffend der Maßnahmen zur erfolgreichen Umsetzung der Studie zur
Theaterförderung in Wien einbringen. Wir glauben, dass es in dieser
Übergangszeit sehr wichtig und notwendig ist, klare Verantwortlichkeiten und
Ansprechpersonen zu schaffen. Und in diesem Sinne beantragen wir wie folgt:
"Der Stadtrat für Kultur wird ersucht, bis Ende
Juli aus den MitarbeiterInnen der MA 7 eine Person zu bestimmen, die bis
zur endgültigen Implementierung der Theaterstudie die Aufgabe eines
Change-Managers übernimmt und dabei
1. als Ansprechperson für die Theaterreform von
Seiten des Kulturamtes fungiert und die Berichtspflicht und Diskussion zwischen
dem Übergangskuratorium und dem Gemeinderatsausschuss für Kultur und
Wissenschaft sicherstellt;
2. jeden Subventionsantrag im Bereich Darstellende
Kunst bis zur Bestellung der Theaterkommission und der Jury auf Kompatibilität
mit den geplanten Reformmaßnahmen überprüft;
3. das Anforderungsprofil und die
Ausschreibungsmodalitäten für die Bestellung des Übergangskuratoriums, der
Theaterkommission und der Jury in Diskussion mit den Theaterschaffenden der
Stadt vorbereitet und vermittelt.
Den Mitgliedern des Kulturausschusses ist durch
den/die Change-Manager/in bis zur Bestellung der Theaterkommission ein
monatlicher, ab deren Bestellung ein vierteljährlicher begleitender,
evaluierender Bericht aus Sicht des Kulturamtes vorzulegen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung an
den Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft."
Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag ist so eine Art
Lackmustest, denn er entscheidet aus meiner Sicht darüber, ob wir diese Reform
ernst nehmen, ob wir sie transparent und nachvollziehbar führen wollen und ob
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