Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 76
Bereich der Geriatriezentren ein Personalmangel abgezeichnet
hat.
Ich frage nunmehr, ob auf Grund der Erfahrungen, die
man eben hier gemacht hat, dass einmal zuviel ausgebildet wird, dann wieder
zuwenig, ob es hier einen langfristigen Plan für die Ausbildung beziehungsweise
auch über den Personalbedarf an diplomiertem Pflegepersonal gibt.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau Stadträtin.
Amtsf StR Dr Elisabeth Pittermann: Der Pflegebedarf wird ständig errechnet, ich bin
nicht immer mit den jeweiligen Berechnungsplänen einverstanden, weil ich
durchaus der Meinung bin, dass man mehr Pflegepersonal braucht als die
Bedarfspläne ergeben. Man kann aber sicher in anderen Bereichen – man hat sehr
viele hierarchische Stufen - durchaus etwas ändern, vor allem, weil dies nicht
unbedingt zu mehr Personalzufriedenheit führt. Ich bin fest überzeugt und ich
bin auch dafür, dass wir weiterhin Pflegepersonal in ausreichendem Maß
ausbilden müssen. Ich bin auch dafür, dass wir da durchaus mehr Studierende aufnehmen,
auch das ist durchaus möglich und dass man diesen Pflegekräften, sofern sie bei
der Gemeinde Wien arbeiten wollen, auch den entsprechenden Arbeitsplatz gibt,
denn es sind ja in erster Linie junge Frauen, und junge Frauen neigen zum Glück
einmal dazu, schwanger zu werden, und dann ist ohnedies wieder lange eine
Lücke. Also, es gibt einen ungeheuren Wechsel immer wieder im Pflegepersonal
eben dadurch, dass Schwangerschaften eintreten, dass Kinderbetreuungszeiten
eintreten, dass es dann Schulschwierigkeiten mit den Kindern gibt. Also diesen
Wechsel haben wir sicher in der Berufgruppe ganz besonders stark. Und daher ist
auch sicherzustellen, dass wir die Pflegepersonen, die im Rahmen der Gemeinde
Wien ausgebildet werden und die in der Stadt Wien verbleiben wollen, auch
aufnehmen.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke, Frau Stadträtin.
Die Fragestunde ist somit beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde.
Der Klub der Sozialdemokratischen Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema
"Sozialhilfe statt Notstandshilfe? Der Plan der Bundesregierung und seine
dramatischen Auswirkungen auf die Wienerinnen und Wiener" verlangt. Dieses
Verlangen wurde auch gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß
beantragt und ich bitte jetzt die Erstrednerin, Frau Gemeinderätin Mag.
Wehsely, diese Aktuelle Stunde zu eröffnen. Ihre Redezeit, sie weiß es, beträgt
10 Minuten.
GRin Mag Sonja Wehsely (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! meine Damen
und Herren!
Auf der Seite 16 des Regierungsprogramms der
Österreichischen Bundesregierung für die 22. Gesetzgebungsperiode steht
geschrieben, es soll geprüft werden, ob die Notstandshilfe von der
Zuständigkeit des AMS in die Zuständigkeit der Sozialhilfe der Länder zu
verlagern ist.
Das klingt an sich ziemlich harmlos, ist aber eine
sozialpolitische Bombe und ist darüber hinaus ein Anschlag auf die Finanzen der
Länder.
Warum: Die Notstandshilfe ist von der Konzeption her
eine Leistung des Arbeitsmarkservice zur Armutsvermeidung und kommt nach der
Arbeitslosenunterstützung. Das heißt, sie ist eine Leistung nach einer
Versicherung. Es wurden im Jahr 2002 in Wien, nur in Wien, vom AMS Wien über
286 Millionen EUR, das sind fast 4 Milliarden Schilling, an
Leistungen ausbezahlt, und zwar an über 38 000 Personen.
Die Tendenz ist auch hier - wir haben das gestern bei
der Sozialhilfe schon diskutiert - steigend. Die Zahl von Februar 2003 ist
40 706 , das heißt 40 706 Wienerinnen und Wiener haben im
Februar 2003 Notstandshilfe bezogen. Die Kosten für die Stadt Wien bei
einer Überführung wären natürlich weit höher, weil in diesen 286 Millionen
natürlich die Infrastruktur noch nicht einbezogen ist. Darüber hinaus ist die
Notstandshilfe eben eine Leistung des Arbeitsmarktservice, daher ist es eine
Versicherungsleistung. Das bedeutet, die Personen die Notstandshilfe beziehen,
sind krankenversichert, die Zeit des Bezuges gilt als Ersatzzeit für die Pensionsversicherung und - das ist ja auch
ein ganz wesentlicher Teil - es ist hier auch die Betreuung der Personen, die
Qualifizierung der Personen und die Vermittlung der Notstandshilfe-Bezieherinnen
und -Bezieher wieder in den Arbeitsmarkt inkludiert.
Und da muss man sagen, dass die EU-weite Anerkennung
der Leistungen des AMS ganz besonders darin begründet ist, dass es eben eine
Stelle gibt, die alle arbeitsmarktpolitischen Dienstleistungen erfüllt. Das
heißt einerseits, die Leistungen auszahlt, andererseits aber berät, betreut,
qualifiziert und dann auch weiter vermittelt.
Bei einer Umwandlung zu einer Sozialhilfeleistung
geht das - auf Grund der Konzeption der Sozialhilfe - verloren und es ist eines
schon jedenfalls festzustellen, dass natürlich die Arbeitslosigkeit länger
dauern wird.
Die Sozialhilfe hat eine andere Historie und auch
eine andere Funktion. Sie ist keine Versicherungsleistung, die Bezieher der
Sozialhilfe sind auch nicht versichert, ich habe das gestern schon gesagt. Ein
sehr gutes Projekt ist Jobchance, zur Vermittlung von Sozialhilfeempfängerinnen
und –empfängern, aber es gibt keine strukturelle Verankerung mit der
Arbeitsmarktpolitik, mit dem Arbeitsmarktservice, weil das auch sozusagen nicht
die Aufgabe der Sozialhilfe und der Länder ist, weil Arbeitsmarktpolitik keine
Länderkompetenz ist.
Die Sozialhilfe wird außer in Wien und in Salzburg, wenn
möglich, rückgefordert. Das heißt in Wien ist es nicht so, aber in sieben der
neun Bundesländer gibt es einen Regress bei der Sozialhilfe. Das bedeutet,
um es ein bisschen Wienerisch zu sage, kaum hat sich einer derrappelt, steht
schon wieder die öffentliche Hand da und sagt, ich möchte das Geld wieder
zurück. Das ist natürlich bei der Notstandshilfe nicht so, und das ist auch der
Punkt - wir haben gestern auch schon darüber diskutiert -, woran bisher eine
Vereinheitlichung der Sozialhilfe
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