Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 76
den auch der FPÖ zurechnen.
Die Frage: Wie gehen wir in Zukunft vor? Die Zukunft,
und das habe ich ja versucht, einleitend zu sagen, bedeutet, dass wir diese treuhändigen
Bausonderkonten, die ich schon positiv gesehen habe in der Vergangenheit und
die eben nicht von jemand, der Unterschlagung begeht, ausgehen, von jemand, der
dieses Geld treuhändig verwaltet, die haben ihren Sinn schon dahin gehend
gehabt, dass, wenn man etwas einem Privaten überträgt und dann selber so viel
Personal braucht, um diesen Privaten zu kontrollieren und die Abläufe zu
kontrollieren und die Abläufe womöglich zum Teil selbst durchzuführen, dann
kann man sich ja die Übertragung an einen Privaten sparen, weil dann zahlt man
ja zweimal. Dann zahlt man es einmal dem Privaten dafür, dass man ihm dieses
Vertrauen schenkt, unter gewissen Bedingungen für die Stadt zu arbeiten, und
dann zahlt man es noch einmal, indem man Personal braucht, weil man dieses
Vertrauen dann wieder durch zusätzliche Kontrollmaßnahmen einschränkt.
Und ich habe es ja als konkretes Beispiel gesagt:
Wenn wir, so wie das in Vorzeiten passiert ist, jede Rechnung kontrollieren und
dabei die Skonti verlieren, verlieren wir ein Vielfaches selbst von diesem
Betrag, der dieses Mal bedauerlicherweise durch eine kriminelle Handlung uns
entzogen wurde.
Nur zur
Größenordnung: Wenn 45 Millionen EUR allein jetzt bei der GSD im Bau
und in Bauvorbereitung sind und Bausonderkonten in etwa
4,3 Millionen EUR betragen haben, dann zeigt das, dass immer eine
gewisse Summe Geldes dem Privaten übertragen war, um seine Abrechnungen
durchzuführen. Wenn wir das jetzt selbst übernehmen, elektronisch zwar, also
nicht mehr so wie früher einmal händisch, und dann natürlich auch die
Verantwortung haben für die einzelne Abrechnungen, dann kostet das zusätzliches
Personal und zusätzliches Geld. Also es stimmt, dass wir jeden Vorgang
hundertmal kontrollieren könnten und auch zusätzliches Personal aufnehmen
könnten, aber wir würden den eigentlichen Spargedanken ad absurdum führen, und
ich mache das in diesem Fall so, aber ich sage, nicht freiwillig, sondern durch
diese Vorfälle. Ich war eigentlich sehr zufrieden damit, dass jemand, der das
Vertrauen bekommen hat, für die Stadt zu arbeiten, dieses Vertrauen auch bis
dahin – und das gilt auch für die anderen Bauträger – in höchst positivem Maße
erfüllt hat. Besser, als das in der Vergangenheit immer wieder Dienststellen
der Stadt erfüllt haben, haben Private dieses Vertrauen positiv erfüllt. Ich
bedaure sehr, dass wir diese Vorgangsweise überhaupt ändern mussten, aber wir
haben sie geändert und daraus die Konsequenzen gezogen.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke.
Die zweite Zusatzfrage: Herr
GR Ellensohn.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im
Rathaus): Herr Stadtrat, in der Bauwirtschaft sind Konkurse ja nichts
Ungewöhnliches, im Gegenteil, und meistens sind davon Mieter und Mieterinnen
auch betroffen, und es gibt andere Betroffene bei Konkursen.
Im Falle der Gesellschaft für Stadt- und
Dorferneuerung sagen Sie, die Stadt Wien – Wiener Wohnen kauft sich mit
34 Prozent in diese Gesellschaft ein, um Schaden abzuwenden von Mietern,
von Mieterinnen, von der Stadt Wien schlussendlich.
Dieser Argumentation könnte man auf die schnelle
folgen, aber heißt das bei den vielen Konkursen, die wir in der Bauwirtschaft
haben und wo immer wieder Mieter und Mieterinnen betroffen sind, dass das
Konzept der Stadt in Zukunft bedeutet: Wann immer irgendwo eine Firma in Konkurs
geht oder in Konkursgefahr ist, beteiligt sich der Herr Faymann oder Wiener
Wohnen und übernimmt einen Schuldenberg, in dem Fall von in etwa –
unterschlagenes Geld – 5 Millionen EUR im Moment. Heißt das in
Zukunft, dass Sie vorschlagen werden, dass die Stadt Wien sich in allen
Bereichen, um Schaden abzuwenden von den anderen Gesellschaftern, von Mietern,
Mieterinnen, dafür ausspricht, bei jedem Konkursgefährdeten oder des öfteren
bei konkursgefährdeten Baufirmen Anteile für die Stadt Wien zu erwerben?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StR Werner Faymann:
Herr Gemeinderat, Sie wissen, dass tatsächlich jeder Konkurs dazu führt, dass
wir Schwierigkeiten im Zeitplan einer Baustelle vorfinden. Es ist weder ein
Spaß für die, die dort beschäftigt sind, noch für den Ablauf bei der Baustelle
oder für das Bauvorhaben, sondern es führt jedes Mal zu Umorganisationen, die
notwendig sind und die manches Mal auch zu Bauverzögerungen führen.
In diesem Fall, wo Bauträger tätig sind, geht es aber
um einige Stufen weiter. Wenn ein Bauträger Aufträge in dieser Größenordnung,
wie ich sie genannt habe, von in Summe 4,5 Millionen EUR derzeit hat,
und er geht in Konkurs, dann suchen wir nicht einen neuen Elektriker oder einen
Baumeister; sondern dann müssen wir Bauvorhaben in dieser Größenordnung neu
ausschreiben, weil es keinen Rechtsnachfolger geben kann bei einem Konkurs,
müssen daher die gesamten Verfahren – nach den Regeln der Ausschreibungen – neu
beginnen, müssen die bestehenden Baustellen stoppen und müssen die
Bauvorbereitungen, wo mit den Mietern die Vorbereitungen getroffen sind, alle
wieder abstoppen und neu beginnen. Das ist ein ungleicher Schaden, ein
ungleicher Aufwand im Vergleich zu den auch sonst sehr bedauerlichen Konkursen,
die auch zu einer Änderung des Zeitplans führen, aber in ganz einer anderen
Dimension.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön.
Die nächste Zusatzfrage: Herr GR Fuchs.
GR Georg Fuchs
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr StR Faymann, bei einer konstruktiven Oppositionspolitik muss man
auseinander halten, ob es hier um ein Fehlverhalten bei der Kontrolle geht oder
ob tatsächlich eine kriminelle Handlung vorlag. Man muss klar sagen, dass hier
eine kriminelle Handlung vorliegt und jedes Netz der Kontrolle eigentlich nicht
so dicht sein kann, dass nicht irgendwo etwas passiert.
Dennoch kann es nicht sein, dass die Stadt bei jedem
Konkurs und bei jeder kriminellen Handlung, die passiert, eingreift und sich
beteiligt beim Unternehmen. Wir haben das ja schon gehört.
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