Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 76
(Beginn um
9.01 Uhr.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Einen wunderschönen
guten Morgen!
Ich darf Sie alle recht herzlich begrüßen.
Ich darf die Sitzung für eröffnet erklären.
Ich darf, wie schon die letzten beiden Tage, bekannt
geben, dass der Herr GR Hufnagl entschuldigt ist. Er ist immer noch auf
Dienstreise.
Wir beginnen mit der Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP/02728/2003/0005-KFP/GM)
wurde von Herrn GR Josef Wagner (Klub der Wiener Freiheitlichen) an den
Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und
Stadterneuerung, Werner Faymann, gerichtet: "Der WBSF hat über mehrere
Jahre hohe Summen aus der Wohnbauförderung an die Baubetreuungsfirma GSD ohne
die ihm aufgetragenen Kontrollen von Abrechnungen ausbezahlt. Dieses
schuldhafte Versagen des WBSF und fehlende Kontrollmechanismen bei Wiener
Wohnen haben zur Unterschlagung von rund 5 Millionen Euro durch einen
Geschäftsführer der GSD zur Finanzierung seiner Spielsucht geführt und damit
der Stadt Wien - Wiener Wohnen enormen Schaden zugefügt. Welche persönlichen
Konsequenzen werden Sie als Wohnbaustadtrat und Präsident des WBSF aus diesem
Skandal ziehen?"
Bitte um Beantwortung.
Amtsf StR Werner Faymann:
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Herr Gemeinderat! Wir haben ja schon gestern
Gelegenheit gehabt, über die Vorgänge bei der GSD kurz zu sprechen. Es gibt
praktisch nur Private hier, einige, die der Stadt gehören, andere, die Privaten
gehören, Betreuungsfirmen, die im Bereiche der Sanierung tätig sind.
Ich persönlich finde, es ist auch politisch gut so,
dass wir hier Leistungen zukaufen, haben hier auch beste Erfahrungen gemacht.
Um das Volumen zu nennen: Wir haben allein bei Wiener Wohnen in den letzten
15 Jahren 3,3 Milliarden EUR umgesetzt. 3,3 Milliarden EUR
durch zugekaufte Leistungen verlangen natürlich ein eigenes System der
Abwicklung, das eigentlich nicht darauf abgestellt ist, dass jemand Gelder
unterschlägt, sondern dass treuhändig darauf abgestellt ist, dass er die
Leistungen, die er übernimmt, die Baubetreuungsgelder, die er treuhändig zu
verwalten hat, ordnungsgemäß verwaltet.
Wir haben auch hier die Konsequenzen gezogen und
werden in Zukunft diese Konten selber verwalten, wo immer neue Bausonderkonten
entstehen. Das bedaure ich, weil das kostet zusätzliches Personal.
Wir haben einmal schon eine Vorgangsweise gehabt, die
war noch extremer. Da haben wir ein Kontrollsystem gehabt, das dazu geführt hat,
dass wir alle Skonti verloren haben. Daher war ich eigentlich sehr froh über
diese Vorgangsweise. Wir suchen also jetzt einen Weg, wo die Skonti erhalten
bleiben, aber ohne zusätzliches Personal wird das sicher nicht möglich sein.
Das bedaure ich, ist aber durch diesen Vorfall nicht anders durchzuführen.
Die GSD selbst dahin gehend weiterarbeiten zu lassen,
dass die Mitarbeiter, die ja nichts dafür können, dass der Geschäftsführer Geld
unterschlagen hat, weiterarbeiten können, ist nicht nur eine Leistung der Stadt
gegenüber diesen Mitarbeitern, die hochqualifiziert sind und zur höchsten
Zufriedenheit für die Stadt gearbeitet haben, sondern ist in erster Linie eine
Leistung gegenüber den Mietern, weil allein um 20 Millionen EUR
laufende Bauvorhaben der GSD und um 25 Millionen EUR vorbereitete,
also in Vorbereitung befindliche Bauvorhaben der GSD existieren. Beides würden
wir nicht nur gefährden, sondern abbrechen, wenn wir nicht an einer
konstruktiven Lösung interessiert sind.
Die Lösung ist deshalb noch
nicht entschieden, weil auch morgen wieder eine Sitzung stattfindet, wo
Wirtschaftsprüfer und andere Einrichtungen noch einmal mit jenen, die uns diese
34 Prozent übertragen würden als Stadt Wien – Wiener Wohnen,
zusammenkommen. Die bisherigen Prüfungen waren aber positiv. Zur Ermächtigung
habe ich gestern im Ausschuss schon Stellung genommen. Ich war persönlich sehr
froh darüber, dass unabhängig von der Einschätzung hier eine breite Zustimmung
existiert hat, zu retten, was zu retten ist, im Interesse der Mieter, im
Interesse der Stadt, nicht weil ein Mitarbeiter der Stadt eine Fehlleistung
oder eine Unterschlagung begangen hat, sondern im Bereich der Privaten, wir
aber als Stadt alles an Schutzmaßnahmen zu treffen haben, um die Mieter in
diesen Wohnhausanlagen zu schützen, und daher ist man zu dieser Vorgangsweise
bereit.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön.
Die erste Zusatzfrage: Herr GR Wagner.
GR Josef Wagner
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Stadtrat! Sie haben zwar meine Frage
nicht beantwortet, sondern das gesagt, was Allgemeinwissen ist und bekannt ist.
Ich stimme Ihnen zu, dass man natürlich versuchen muss, Schaden zu begrenzen.
Da stimmen wir überein. Ich hätte mir ein paar Sätze oder ein paar Worte von
Ihnen erwartet, darüber zu reden, wie man Schaden in der Zukunft auch vermeiden
kann, weil der Schaden ist ja nicht nur deshalb entstanden, weil hier ein
krimineller Geschäftsführer tätig war, sondern weil es auch Stadt Wien – Wiener
Wohnen und WBSF ermöglicht haben, durch einen Mangel an Kontrolle oder durch
Versagen in der Kontrolle 5 Millionen EUR zu unterschlagen. Und das
ist ja ein beträchtliches Geld. Sie machen sich ja auch um die kleinen Beträge
von Mietern in Privathäusern Sorgen, habe ich so vernommen. Wenn man die Medien
liest, raten Sie den Mietern, Betriebskostenabrechnungen in Privathäusern genau
zu kontrollieren. Sie verwenden dabei den FPÖ-Slogan "Vertrauen ist gut
und Macht braucht Kontrolle". Kontrolle ist besser.
Ich frage Sie daher: Haben Sie diesen Grundsatz den
Mitarbeitern von Wiener Wohnen, den Mitarbeitern des WBSF, wo Sie ja Präsident
sind, auch vermittelt, und wenden Sie das auch für sich selbst an?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StR Werner Faymann:
Dass der bekannte historische Ausspruch "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist
besser" vom freiheitlichen Lenin war, ist mir neu, dass Sie
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