Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 110 von 133
die Wählerinnen und Wähler in Österreich haben Ihnen
auch eine ganz klare Botschaft gegeben. Sie haben daher etwas getan, was in
einer Demokratie üblich ist, und haben den Wechsel ermöglicht.
Und dieser Wechsel macht es jetzt wiederum möglich,
dass hier in Österreich wirtschaftliche und finanzielle Verhältnisse –
wenngleich, zugegebenermaßen, langsam und auch mit Schmerzen - herbeigeführt
werden, die es den Österreicherinnen und Österreichern ermöglichen, jene
Verträge auf internationaler Ebene einzuhalten, die auch unter Ihrer
Federführung in Österreich mitbeschlossen worden sind. Der EU-Beitritt, die
Maastricht-Kriterien, die Einführung des Euro und all die Konsequenzen, die
sich daraus für die Wirtschafts- und Fiskalpolitik der Gegenwart ergeben, haben
ja Vergangenheit, haben Geschichte, und Sie tragen hiefür mit die Verantwortung.
- Das sei nur einleitend angemerkt.
Aber wir werden Sie in diesem Punkt nicht überzeugen,
Sie werden weiter polemisieren. Soll sein. Sie haben es in der Vergangenheit
getan, Sie tun es heute, Sie werden es in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten
und Jahren weiter tun. Soll sein. Wir werden dem immer wieder gegensteuern und
werden es richtig stellen.
So wie beispielsweise eine Aussage der Frau
Vizebürgermeisterin vor ziemlich genau zwei Jahren - ich habe mir das
hergenommen und habe mir gedacht, das passt gut, weil heute fast der Jahrestag
ist -: Es ging damals um eine Novellierung des Ärztegesetzes auf Bundesebene,
und die Stadt Wien hat sich im Begutachtungsverfahren gegen diese Änderung im
Ärztegesetz ausgesprochen. Bei dieser ging es darum, dass die Anzeigepflicht
für Ärzte bei der Misshandlung von Kindern wieder eingeführt werden sollte. Es
gab hier in diesem Haus also große Aufregung, und Frau VBgmin Laska wird von
der Rathauskorrespondenz wie folgt zitiert:
"Offenbar will die FPÖ die Gesetzesänderung aus
ideologischen Gründen 'law and order' gegen alle Sachverständigen-Meinungen und
gegen jeden Sachverstand zum Schaden der Kinder durchdrücken. Der Gipfel der
Dreistigkeit wird wohl erreicht, wenn FPÖ-Politiker sich nicht scheuen zu argumentieren,
dass die Anzeigepflicht dem Wohl des Kindes diene, wenngleich alle Fachleute
entgegengesetzter Meinung sind."
Nun, wie sieht dieses Gesetz aus, das dann
schlussendlich beschlossen wurde? - Es steht jetzt drinnen, dass ein Arzt in
Ausübung seines Berufes dann, wenn er den Verdacht hat, dass ein Minderjähriger
misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden ist,
Anzeige an die Sicherheitsbehörde zu erstatten hat; so sich der Verdacht aber
gegen einen nahen Angehörigen richtet, kann die Anzeige so lange unterbleiben,
als dies das Wohl des Minderjährigen erfordert und eine Zusammenarbeit mit dem
Jugendwohlfahrtsträger und gegebenenfalls eine Einbeziehung einer
Kinderschutzeinrichtung in einer Krankenanstalt erfolgt. – So schaut es im
Konkreten aus.
Das, was an Dreistigkeit übrig geblieben ist, Frau
Vizebürgermeisterin, ist Ihre Behauptung. Ich meine, dass das, was Sie gesagt
haben und was Sie hier ausgesandt haben, dreist ist. Und Sie würden den Gipfel
der Dreistigkeit nicht erklimmen, würden Sie im Nachhinein eingestehen, dass
das, was Sie da seinerzeit behauptet haben, eben nicht den Tatsachen
entspricht, sondern dass aus dieser Novellierung eine sehr vernünftige Reform
geworden ist.
Der Herr Finanzstadtrat hat gestern hier von einer
Offensive im Bereich der Fachhochschulen gesprochen. Ich höre das, diese
Ankündigung einer Fachhochschuloffensive, bei mir im Bezirk mit besonderer
Aufmerksamkeit, denn ich bin mit dem Herrn Bürgermeister einer Meinung, wenn er
sagt, dass der Kahlenberg, so wie er sich derzeit präsentiert, einen
Schandfleck für diese Stadt darstellt. Nun, wenn das ein Oppositionspolitiker
meint, dass der Kahlenberg, so wie er sich präsentiert, einen Schandfleck
darstellt, dann wird man sagen: Na ja, das ist klar!, aber dass der
Bürgermeister, der ja über alle Machtmittel in dieser Stadt verfügt, sich
hinstellt und sagt: Der Kahlenberg ist ein Schandfleck!, sich umdreht und geht
und nichts tut, das ist zumindest überraschend.
Aber mehr noch als Überraschung - und ich will das
hier jetzt gar nicht noch besonders negativ unterstreichen -, löst das Ganze
dann aus, wenn er in der "Kronen Zeitung" oder im "Kurier"
gemeinsam mit dem Herrn Kammerpräsidenten Nettig erklärt, dass auf dem
Kahlenberg das "Modul II" entstehen wird. Vorfinanzierung und
Kosten für den ersten Lehrgang übernimmt die Stadt. Eine tolle Idee, eine gute
Investition!, so zeigt sich Herr Bgm Häupl überzeugt, und der
"Kurier" schreibt:
"Die Einigung zwischen Bürgermeister Michael
Häupl und Walter Nettig war fast nur noch Formsache. Die Stadt wird die
Vorfinanzierung dieses FHS-Projektes übernehmen sowie die Kosten ...
tragen."
Nun ja, so tönt es in den Medien. Wie aber sieht es
aus, wenn man das Ganze einer parlamentarischen Anfrage unterzieht? Da lautet
das dann von Seiten Häupls so, dass eine derartige Vereinbarung zwischen der
Stadt Wien und der Wirtschaftskammer betreffend Tourismusakademie am Kahlenberg
bis dato nicht vorliegt - aber nicht im Sommer des vergangenen Jahres, sondern
im April des heurigen Jahres.
Also ein gutes Dreivierteljahr, nachdem es die große
mediale Ankündigung gegeben hat, gesteht er hier ein, dass es zwar so etwas wie
eine grundsätzliche Absichtserklärung gibt, unter bestimmten Voraussetzungen -
die nicht näher angeführt werden - eine tertiäre Bildungseinrichtung für
Hospitality Management Mittelosteuropa zu entwickeln und unter der Marke
"Modul" betreiben zu wollen - große Töne, nichts dahinter! – So viel
zur Fachhochschuloffensive. Und: Ich habe in diesem Zusammenhang kein Wort der
Schuldzuweisung an den Bund gehört. Eine solche wäre Ihnen auch wirklich nicht
möglich. Das gehört ganz alleine Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall
bei der FPÖ.)
Frau Stadträtin, vielleicht gelingt es Ihnen noch! -
Aber ich schaue mir beim nächsten Punkt an, wie die Frau Vizebürgermeisterin es
möglicherweise dort zuwege bringt, eine Verantwortung des Bundes zu
konstruieren.
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