Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 91 von 133
und die Menschen eben dieselbe Wohnung mit dem, was sie
jetzt verdienen, in vielen Fällen nicht leisten können. Und wenn man jetzt
sozusagen am anderen Ende bei der Wohnbauförderung auch noch reduzieren würde,
dann nimmt man genau diese Familien in die Schere. Dann würde man genau diese
Familien, die durch weniger Einkommen die Förderung jetzt noch dringender
brauchen als je zuvor, in die Zwickmühle bringen und das sind die schwächsten in
der Stadt, die unsere besondere Aufmerksamkeit verdienen, denn was uns als
Wienerinnen und Wiener immer so stolz macht, auch als Wirtschaftsstandort, ist
zu sagen, wir sind eine sichere Stadt. Das hat natürlich mit der Polizei zu
tun, aber das hat vor allem auch mit sozialer Sicherheit zu tun und die hat
damit zu tun, dass wir die Schwächsten in der Stadt nicht im Stich lassen und
dass wir Kinder, die in Familien aufwachsen, wo das Einkommen nicht ausreicht,
trotzdem mit Förderungen so unterstützen, dass auch sie eine Chance haben, an
unserem Bildungssystem teilzunehmen und auch später am Arbeitsmarkt eine Chance
haben, Geld zu verdienen, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können.
Das ist das wirklich Besondere an Wien, dieser
soziale Ausgleich. Da haben im Wohnbau in der Zwischenkriegszeit, in der
Nachkriegszeit, Generationen gezeigt, was sie an sozialer Sicherheit aufgebaut
haben und da kämpfen wir heute und ich hoffe gemeinsam für ein Instrument,
damit diese soziale Stadt, diese soziale Sicherheit erhalten bleibt, und das
ist die Wohnbauförderung.
Ich ersuche Sie um Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke, Herr Stadtrat.
Zur GGr Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung und zum
Jahresabschluss der Unternehmung Stadt Wien - Wiener Wohnen liegt keine
Wortmeldung mehr vor.
Wir kommen somit zur Beratung der GGr Bildung,
Jugend, Soziales, Information und Sport und zum Wort gemeldet hat sich die Frau
GRin Jerusalem. Ich erteile es ihr.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Herr
Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich werde versuchen, mich nicht, wie die Opposition
das immer so wahnsinnig gerne tut, faktisch aus Jux und Tollerei eigentlich,
auf die unterste Stufe der Polemik zu begeben und werde einmal ganz oben
anfangen und versuchen, mit Ihnen einige Probleme, wo ich glaube, dass wir sie
in der Stadt haben, zu besprechen und einmal zu hören, wie Sie darüber denken
und ob Sie auch der Meinung sind, dass das Probleme sind, die wir, wie der Herr
StR Faymann das vorhin so schön gesagt hat, vielleicht gemeinsam lösen sollten.
Das erste Problem, mit dem
ich mich befassen möchte, sind die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge,
die immer wieder in Wien landen oder stranden. Ich weiß gar nicht, wie ich das
sagen soll, die nichts haben, kein Einkommen, kein Geld, keine Fahrscheine für
die öffentlichen Verkehrsmitteln, sie wissen oft nicht, wo sie wohnen können,
die einfach vollkommen arm sind, die aber interessanter Weise in dieser Stadt
Rechte haben, weil sie jugendlich und minderjährig sind und daher das
Jugendwohlfahrtsrecht auf sie anzuwenden ist. Das heißt, sie sind
unterzubringen und wir brauchen uns nicht darüber den Kopf zu zerbrechen,
wollen wir sie unterbringen, sollen wir sie unterbringen, das können wir alles
bleiben lassen. Wir müssen diese minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge
unterbringen.
Es gibt ein weiteres Recht, das sie in unserer Stadt
haben, das sich aus der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes ableiten lässt.
Trotzdem wissen wir, dass die Situation dieser unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlinge in Wien eine sehr schlechte war oder ist. Vielleicht können wir
heute darüber sprechen, ob die Situation immer noch so schlecht ist.
Berichte dazu gibt es von Seiten der MA 11 oder
von Seiten der Frau Stadträtin keine. Einen Ort, wo diese Probleme besprochen
werden, gibt es auch keinen. Also vielleicht können wir heute diesen
Gemeinderatssaal zu eben diesem Ort machen und ich möchte Ihnen aus diesem
Grund aus einem Buch vorlesen, das sich auf das Jahr 2001 bezieht. Ich
sage das gleich dazu, weil Sie mir vielleicht nachher in Ihrer Replik berichten
können, dass 2002 das ja alles schon ganz anders war und sehr viel besser. Dann
würde ich mich sehr darüber freuen.
Das ist in einem Buch von Heinz Fronek und Irene
Messinger „Handbuch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ erschienen, aus dem
ich jetzt vorlesen werde. Wäre es nicht so, dass diese absolut unfassbaren
Berichte, die da drinnen stehen, auch tatsächlich stimmen, dann würde ich ja
meinen, dass die SPÖ oder die Frau Stadträtin und die Stadt Wien längst geklagt
hätten und dieses Buch vom Markt genommen worden wäre, denn wenn nicht stimmt,
was hier steht, wenn das gelogen ist oder frei erfunden ist, dann hätte man
leicht klagen können.
Ich möchte Ihnen ein bisschen etwas vorlesen:
„Zur Unterbringungssituation von jugendlichen
Flüchtlingen gibt es in Österreich keine umfassenden statistischen Daten. Dies
bedeutet, dass niemand exakt weiß, wie viel unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge in Österreich leben. Auch fehlt der Überblick darüber, wo und unter
welchen Bedingungen die Jugendlichen untergebracht sind.“
Das finde ich
schon einmal erstaunlich, denn im Grunde genommen müssten ja die
Jugendwohlfahrtseinrichtungen, also die MA 11, sehr wohl darüber Bescheid
wissen, was mit diesen Jugendlichen ist und wo sie untergebracht sind.
Ich zitiere weiter: „Die jeweils zuständigen Jugendämter
sollten zwar über die in ihrem Bereich aufhältigen UMF“ - wird das abgekürzt
sein, das klingt ein bisschen komisch, aber das sind die unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingen – „informiert sein, aber selbst das ist, wie die
Erfahrung zeigt, nicht immer der Fall. Den Großteil der jugendlichen Flüchtlinge
zieht es in den städtischen
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