Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 85 von 133
es legitim, sich mehr zu wünschen als man vielleicht
bekommt. Aber das schien den Herren auch total logisch und nachvollziehbar.
Ganz im Gegenteil sahen sie dadurch auch die einzelnen Gesellschaften und Magistratsabteilungen
gefordert, auf dem Wohnbausektor neue Ideen zu bestreiten.
Und da war überhaupt kein Gejammere, sondern einfach
nur der Hinweis, man muss neue Ideen gehen und man sieht darin spannende
Herausforderungen.
Wenn man dem Vortrag von Frau Claire Roumet gefolgt
ist, sie sprach für die Cecodhas, die Europäische Organisation für sozialen
Wohnbau, dann gibt es in der EU andere Probleme, wie etwa ob nicht staatliche
Hilfe oder unterschiedliche Mehrwertsteuersätze wettbewerbsverzerrend wirken
und damit nicht aufrecht erhalten werden können.
Auch Ihr Abg Swoboda sprach davon, dass es in der
Grundrechtscharta, die in die Verfassung der EU integriert werden soll, unter
anderem heißt: „Um die soziale Ausgrenzung und Armut zu bekämpfen, anerkennt
und achtet die Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine
Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel
verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe des
Unionsrechts und der einzelnen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.“ Also
„nach Maßgabe des Unionsrechts“! Hier heißt es, sich in der EU stark zu machen,
nachdem, so Swoboda, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die EU-Kommission
immer wieder versuchen wird, die Regeln des Wettbewerbs und des Binnenmarkts
mit seinen Grundfreiheiten auch in bisher noch ausgesparten Bereichen
umzusetzen.
Ich meine, dass es sich hier um Aufgaben handelt, wo
eine Stadt wie Wien sich mit ihrem bisher gut funktionierenden sozialen Wohnbau
stark einbringen soll und nicht nur untätig Schuldzuweisungen an den Bund
verteilt, weil es an entsprechenden Ideen zur Fortsetzung des Wohnbauprogramms
mangelt. Denn eines möchte ich schon betonen: Wir Freiheitliche waren es nicht,
die ohne Wenn und Aber in die EU gedrängt haben.
Was aber macht Wien? Es verschläft, dass in Kürze die
EU um zehn Mitglieder erweitert wird. Und es ist nicht so, wie Sie gemeint
haben, Frau Schubert, dass man bestens vorbereitet ist, denn was bedeutet das
für den Wohnungsmarkt in Wien?
Eine Studie, Sie haben sie erwähnt, die entsprechend
ausgearbeitet werden soll, wird erst gegen Ende dieses Jahres in Teilen
vorliegen, obwohl mit 1.5.2004 zehn neue Mitgliedsländer in dieses Land kommen
werden. Und dies wird eklatante Auswirkungen auf den Wiener Wohnungsmarkt
haben.
Wir haben damals unsere Bedenken beim Beschluss der
Beauftragung kritisiert, dass diese Studie einfach viel zu spät kommt. Wenn
heute Frau Schubert selbst sagt, dass es vom Zeitpunkt der Planung bis zur
Fertigstellung fünf bis sechs Jahre dauert und nächstes Jahr die
Mitgliedsstaaten ihre Pforten öffnen, dann frage ich Sie, warum man nicht vor
fünf Jahren diese Studie in Auftrag gegeben hat!
Die angrenzenden Staaten werden sicher verstärkt auf
den Wiener Wohnungsmarkt drängen. In der Slowakei, der Tschechei und in Ungarn
werden soziale Wohnbauten im Verhältnis zu Wien nur in geringem Ausmaß gebaut.
Das heißt, dass Wohnen in Wien besonders interessant werden könnte, natürlich
vor allem gefördertes Wohnen, wenn man dann auch hier noch arbeitet.
Aber statt die Konjunktur und vor allem die
Bauwirtschaft anzukurbeln und zu versuchen, qualitativen, aber vielleicht etwas
kostengünstigeren Wohnungsneubau zu errichten, wartet man ein Jahr und länger
auf eine Studie.
Per 31.12.2002 waren es
12 841 Wohnungssuchende und zusätzlich - und hier ist ja der Begriff
Wohnungssuchende nicht so ganz richtig, weil Sie ja dann die Jungwiener-Aktion
ausklammern, und das sind noch einmal 5 401 Fälle, das heißt,
insgesamt sind es dann 18 300 Wohnungssuchende. 5 000 Wohnungen
im Jahr werden gebaut. Wir haben schon jetzt einen Rückstand, der nicht so
schnell aufzuholen ist. Dann kommen die neuen Staaten und - so wie wir gestern
gehört haben - mit einem Bevölkerungswachstum bis zum Jahre 2021 von drei
Prozent. Wenn man das dann noch auf einen Jahresdurchschnitt umlegt, dann
bedeutet das noch einmal ein Plus von 900 Wohnungen im Jahr, dem Sie bis
jetzt nicht Rechnung tragen.
Ich möchte jetzt doch ganz gerne von Ihnen, Herr
Stadtrat, wissen, wie Sie in den Medien diese Vorgangsweise mit folgenden
Schlagzeilen vereinbaren können. Da ist einmal die Wiener „Wohnkrone“ vom
15.3.2003: „Wiener Wohnungsmarkt fit für die EU-Osterweiterung. Der
Wirtschaftsstandort Wien lockt. Damit muss künftig den durch die
EU-Osterweiterung bevorstehenden Änderungen Rechnung getragen werden.“ Und noch
immer der Text: „Aber zweifellos bekommt die Bundeshauptstadt Zuwachs. Die
kommenden Jahre werden mit der EU-Osterweiterung weitere Veränderungen bringen.
Auch darauf reagiert Wien rechtzeitig“ - habe ich aber gerade angezweifelt –
„mit einer eigenen Studie welcher Wohnungsbedarf, welche Art von Wohnungen
usw., das soll geklärt werden. Daher sind wir bestens gewappnet für die
EU-Erweiterung, freuen sich Häupl und Faymann. Auf kommende Marktveränderungen
werden wir dann sehr rasch und flexibel reagieren können.“
5 bis 6 Jahre hat Frau Schubert gesagt.
In der „Krone“ vom 26.6.2002, und das war ja auch
noch wirksam für diesen Rechnungsabschluss, sagen Sie für Wiener Wohnen, sie
sei der eigentliche Motor der Wiener Wirtschaft: Durch Neubau und Sanierung
finden 40 000 Menschen einen Arbeitsplatz und gleichzeitig sei das
Wohnen um 20 Prozent billiger geworden: „Dank der vorausschauenden Wiener
Stadtpolitik, die dem ständigen Wandel am Arbeitsmarkt Rechnung trägt, konnten
in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik große Erfolge erzielt werden.“
Ich kann es nicht nachvollziehen und ich finde auch, diese
Ankündigungen, dass Sie das so gemacht hätten, sind nicht wirklich nachhaltig,
wenn Wien einerseits bei
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