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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 133

 

wozu die Firmen alle als GesmbH gegründet werden, wenn dann Leute aus dem, sagen wir einmal, Nahebereich – das ist eigentlich schon zu weit entfernt – der SPÖ oder direkt aus der SPÖ dort sitzen. Auch hier funktioniert nachher die Information Richtung Opposition natürlich nicht hervorragend, aber das ist ja auch Sinn und Zweck dieser Aktionen. Das ist schon wieder eine GesmbH, das ist wieder eine Ausgliederung, es wird immer verschachtelter, immer komplizierter und immer weniger einsehbar für die Opposition.

 

Nächster Punkt: WBSF, der Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds. Präsident ist der Herr Faymann. Er wurde 1984 gegründet – nicht der Herr Faymann, sondern der WBSF. (Amtsf StR Werner Faymann: Ich bin schon etwas älter! Ein klein wenig!) Auf der Homepage "Wir über uns" heißt es: "Durch die Tätigkeit des WBSF im Bereich Grundstücksakquisition" und so weiter und so fort. Ja genau, das ist eine der Aufgaben des WBSF. Da gibt es zwei Sitzungen im Jahr, da sind sehr kundige Beamte und Beamtinnen anwesend und erklären uns auch, was alles gerade abgelaufen ist, aber was man uns nicht erklärt, ist natürlich, wo denn die Entscheidungen fallen, welche Grundstücke angekauft werden sollen, wo denn die zukunftsträchtigen Entscheidungen fallen in der Stadt, wer wann wo was kauft. Im WBSF fällt die Entscheidung nicht. Die fällt woanders. Die fällt dort, wo die Grünen nicht dabei sind, wo die Opposition nicht dabei ist. Das ist ein sehr, sehr wichtiger Bereich in der Stadt Wien, und der ist schon wieder in einem ausgegliederten Fonds angesiedelt, in dem die Kontrollrechte der Opposition natürlich eine Spur kleiner sind als die vom Präsidenten Faymann.

 

Vierter Punkt – und viel mehr Punkte, man könnte 40 Minuten leicht ausschöpfen, aber angesichts der sehr ausführlichen Diskussion, die wir vorher gehabt haben in einem vollen Haus, dehnen wir es nicht ewig aus –: die GSD. Das sagt auch nicht allen was. Das ist die Gesellschaft für Stadt- und Dorferneuerung mit beschränkter Haftung. Das sagt auch noch nicht jedem etwas. 4,5 Millionen EUR Veruntreuung – jetzt klingelt es wahrscheinlich bei den meisten. Bei dieser Firma, die zuständig ist, Sanierungen in Gemeindebauten durchzuführen, hat ein Einzelner in etwa 5 Millionen EUR veruntreut, der genaue Schaden steht noch nicht fest. Wiener Wohnen hat da Millionen um Millionen hineingesteckt, der Schaden für die Stadt Wien wird in etwa 4 Millionen EUR betragen, das ist nicht wenig. Die laufende Abrechnung dieser Wohnbaufördermittel, die hineingesteckt wurden in die GSD, hat nicht stattgefunden. Da sind 4 Millionen EUR geflossen.

 

Jetzt könnte man sagen, wenn das auf einmal unterschlagen wird, wenn das einer ganz schnell abzweigt, dann hat man eben Pech gehabt. Aber wenn jemand über Jahre hinweg Gelder abzweigt, Wohnbaufördermittel der Stadt Wien, Steuergelder der Wiener und Wienerinnen abzweigt und kein einziges Mal jemand draufkommt und man jetzt eigentlich nur zufällig darauf gestoßen ist, dann fragt man sich: Wo sind die Kontrollmechanismen der Stadt Wien? Aber man findet keine Antwort darauf, wenn man sich das fragt. Die laufende Abrechnung – ich hätte gerne gesagt, sie ist verschlampt worden – ist nicht verschlampt worden, sondern sie findet einfach nicht statt, und das ist noch viel schlimmer.

 

Was passiert jetzt? Jetzt gibt es nicht eine SPÖ-GesmbH, sondern jetzt kauft sich Wiener Wohnen bei dieser Firma mit 34 Prozent ein. Das steht noch nicht ganz fest, das wird uns dann ein Nachredner oder ein Redner der SPÖ vermutlich mitteilen, aber im Wohnausschuss hat sich Wiener Wohnen den Beschluss geholt, dass sie das machen dürfen. Sie dürfen mit Ende dieses Monats den Vertrag abschließen, 34 Prozent zu erwerben. Es handelt sich im Wesentlichen um die Anteile, die vorher derjenige innehatte, der wegen Unterschlagung womöglich einem Gerichtsverfahren entgegensieht, und Wiener Wohnen kauft jetzt diese 34 Prozent und hofft, damit einen Teil der 4 Millionen EUR hereinzubringen. Gekauft werden diese 34 Prozent respektive zwei Anteile um jeweils einen Euro, also gekauft werden sie um zwei Euro, aber gekauft werden auch die Schulden dieser Gesellschaft. Der geht es natürlich nicht mehr gut, nachdem insgesamt sogar 5 Millionen EUR unterschlagen worden sind.

 

Das ist schon wieder ein chaotischer Zustand, eine planlose Beteiligung an einer Firma, bei der vielleicht alle anderen Gesellschafter der Firma nichts dafür können, aber wieso Wiener Wohnen hergehen und sich an einer maroden Firma beteiligen muss, ist mir schleierhaft, und es ist mir auch schleierhaft, wieso drei Parteien in diesem Haus im Wohnausschuss dem zugestimmt haben. Die GRÜNEN waren die Einzigen, die von vornherein gesagt haben, die Beteiligung bei der GSD ist ein Fehler, und es kann nicht sein, dass StR Faymann Firmen saniert, die vorher mit Unterschlagungen den Bürger und die Bürgerin in Wien mehrere Millionen Euro gekostet haben.

 

Das hat ja auch zu mehreren Artikeln im "Bau- und Immobilienreport" geführt, die unter dem bezeichnenden Artikel "Totale Demut" – das Wort ist der SPÖ in diesem Haus bekannt, wenn auch nicht in Gebrauch – gelaufen sind.

 

Als letzten Punkt habe ich noch die Vergabe von Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, Genossenschaftswohnungen zum Beispiel.

 

In meinem Bekanntenkreis, aber nicht nur in meinem Bekanntenkreis, sondern mittlerweile leider auch in meiner Mailbox häufen sich Anfragen und Beschwerden, die sich im Wesentlichen um folgenden Themenkomplex drehen: Wenn jetzt etwas Neues gebaut wird und jemand, der eine Genossenschaftswohnung sucht, das erfährt und hingeht und sich für eine Wohnung interessiert und sich natürlich zuerst die schönen, großen unterm Dach aussucht und nachfragt, dann stößt man immer öfter oder fast immer auf die Antwort: Die sind schon weg. Die schönen, großen Dachwohnungen sind meistens weg, und geben tut es dann als Angebot immer etwas anderes. Wenn man dann später hinkommt und schaut, wer in diesen schönen Dachwohnungen wohnt, dann wird das System eine Spur klarer, sage ich einmal.

 

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