Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 133
also aufpassen, und das sollte man hier auch in diesem
Zusammenhang klarstellen. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich darf auch zu den
Ausführungen meines Vorredners Dr Görg etwas sagen: Ich sehe keine
Grenzüberschreitung der amtsführenden Stadträtin in der Rechtsstruktur und in
ihrer Aufgabe, und ich kann auch keine Gefahr der Verletzung des Rechtsstaats
durch ihre Teilnahme an einer Veranstaltung sehen. Politische Mandatare - und
Sie haben es in Ihrer Zeit als Vizebürgermeister auch nicht getan - geben mit
der Amtsübernahme nicht ihre politische Gesinnung in der Rathausgarderobe ab! (Beifall
bei der SPÖ. – Zwischenrufe der GRe DDr Bernhard Görg und Dr Matthias Tschirf.)
Daher haben auch die Mandatare, die hier
Verantwortung tragen, ein Recht darauf, sich politisch in der einen oder
anderen Form zu bekennen, dabei zu sein, ihre Gesinnung zum Ausdruck zu
bringen. Ich bin froh, dass wir Mandatare haben, die gesinnungsbewusst sind und
nicht verwässern. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist auch ein
Grundsatz, den ich mir in diesem Zusammenhang wünsche. Für mich bestand
überhaupt kein Zweifel, dass, als der Obmann der Wiener ÖVP ein Stadtrat war,
er manche seiner Entscheidungen auch nach diesen Grundsätzen geprägt hat oder
im Haus diese durchzusetzen versucht hat, so wie eben früher und jetzt
Funktionäre der SPÖ als Stadträte, als Bürgermeister das Gleiche tun. (GR
Johann Römer: Das ist doch nicht dasselbe!)
Daher: Tun wir nicht so scheinheilig, als ob wir das
nicht in unserem Innersten hätten und nur nach irgendwelchen überparteilichen
Argumenten argumentieren würden! Das steht in keiner Verfassung, das ist nicht
unsere Aufgabe. Die Wähler haben politisch gewählt - in Wien ebenso wie die
Regierung auf Bundesebene. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen auch: Es ist
nicht die Aufgabe der Stadt, der Stadtverwaltung, der Stadtregierung, in die
Rechte der arbeitenden Menschen einzugreifen. Ich würde mich vehement dagegen
wehren, wenn ein dahin gehender Versuch von jemandem von meiner Partei erfolgen
würde, und ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass man hier beim
Streikrecht eine Leine ziehen würde, dass man beim Demonstrationsrecht von den
Funktionären verlangen würde, vorher von ihnen zu erfahren, was sie zu tun
beabsichtigen, und man ihnen dann gestatten würde, was sie tun dürfen. - Das
ist ein ursprüngliches Recht, das in dieser Republik unter Blut der arbeitenden
Menschen erkämpft wurde, und das werden Sie nicht wegreden oder wegregieren
können! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich halte fest, dass die
Verfassung sehr wohl eingehalten wurde. Für mich steht fest, dass auch die
amtsf StRin Brauner in korrekter Art und Weise ihre Geschäfte führt. - Sie
können es anders sehen. Das akzeptiere ich auch, das muss ich zur Kenntnis
nehmen, auch wenn ich mich wundere - und das ist das Einzige, was ich jetzt ein
bisschen spöttisch anzumerken versuche -, wie Sie ihr Ihr Vertrauen entziehen
wollen, da Sie es ihr doch nicht einmal bei der Wahl gegeben haben! (GR Dr
Matthias Tschirf: Nehmen Sie uns das Recht, das die Verfassung uns einräumt?) Unter
diesem Gesichtspunkt ist es doch relativ schwer, jemandem das Vertrauen
wegzunehmen, wenn man es ihm vorher gar nicht gegeben hat. Das ist auch eine
Besonderheit, die mir in diesem Zusammenhang auffällt. (Beifall bei der SPÖ.
– Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Aber ich sage nochmals: Es ist ein Verfassungsrecht,
dass auch jene, die jemandem das Vertrauen nicht geben, in der Demokratie dazu
aufrufen dürfen und können und sollen, dass man dieses Vertrauen entziehen
soll. Wir nützen diese Möglichkeit im Parlament genauso, indem wir meinen, die
ganze Bundesregierung gehört zu Recht davongejagt, weil sie es sich verdient
hat! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich darf auch noch eine
Bemerkung zu meinem Vorredner im Zusammenhang mit dem Thema Polizei und
Sicherheit machen. Ich will mich da nicht groß verbreitern, sondern Ihnen, Herr
Ulm, nur einen guten Ratschlag geben: Wenn alle Erfolge der Polizisten, die
ihren Job hart, peinlich genau und fleißig versehen, eine Sache des Ministers
und nur ihm und seinen Maßnahmen zu verdanken sind, dann bewegen Sie sich - und
ich sage es gleich, ich sehe das nicht so - auf einem sehr schlüpfrigen Grund.
Dann werden Sie nämlich möglicherweise akzeptieren müssen, dass jeder nicht
aufgeklärte Mord, jeder nicht geklärte Einbruch oder Diebstahl auch auf das
Konto Ihres Ministers geht. Hüten Sie sich daher vor einer solchen
Argumentation - noch dazu, wo Sie vorher als Partei argumentiert haben: Wir
reduzieren die Aufgaben und übertragen sie, damit die bisher bei der Polizei
Beschäftigten dann den anderen Aufgaben nachkommen können.
Wenn Sie von 39 Personen reden, dann sind das im
Durchschnitt 1,5 Personen für jeden Bezirk. Ich bitte Sie: Machen Sie sich
doch nicht lächerlich, indem Sie sagen, dass 1,5 Mitarbeiter mehr in jedem
Bezirk bei der Polizei die Sicherheit entscheidend erhöhen! Eine solche Argumentation
ist lächerlich, Herr Gemeinderat. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich sage Ihnen: Jeder Ihrer
sechs Bezirksvorsteher würde Ihnen Ihre Argumentation widerlegen und würde
Ihnen sagen, um wie viele jene Bediensteten, die tatsächlich ihre Aufgabe im
Bezirk erfüllen, in den letzten drei Jahren weniger geworden sind. - Da wäre
doch ein bisschen mehr Information von den eigenen Parteifreunden notwendig -
uns brauchen Sie nicht zu glauben -, dann wäre auch Ihre Argumentation
erfolgreicher.
Meine Damen und Herren! Bleiben wir beim politischen
Grundsatz. Beschäftigte, in diesem Falle auch Feuerwehrler, wehren sich – ich
sage jetzt: mit Recht – gegen Gesetze, die lebensbedrohende Auswirkungen für
die Zukunft haben. Es waren nicht nur die Feuerwehrler, sondern es waren
Hunderttausende Menschen. Wenn Sie so überzeugt davon sind, dass dieses Gesetz
solch ein Vorteil für die Bevölkerung ist, frage ich mich: Warum blockieren Sie
dann eine Volksbefragung beziehungsweise eine Volksabstimmung über all diese
Bereiche?
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