Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 133
innere Sicherheit und für die
Durchführung demokratischer Wahlen zuständig ist, hat wie ein Fels in der
Brandung die parteipolitische Unabhängigkeit des Amtes zu verkörpern! Bei Ihnen
versinkt diese Unabhängigkeit wie ein Stein in der Parteihörigkeit zu Ihrer
Partei. (GRin Sonja Kato: So wie der Herr
Staatssekretär Kukacka ...!)
Mit dem
nicht sofortigen Einschreiten bei einer Aktion der Personalvertreter, die
eindeutig eine Grenzüberschreitung dargestellt hat - wie das auch mein Kollege
Dr Ulm bereits gesagt hat -, und mit dem öffentlichen Gutheißen dieser Aktion
haben Sie einen unglaublichen Tabubruch begangen, der nur mit der schärfsten
Waffe der Opposition - und wir haben uns das sehr genau überlegt - beantwortet
werden kann, nämlich mit der Einbringung eines Misstrauensantrags gegen Sie. Sicherheitskräfte
haben kein Recht, das Hauptquartier einer politischen Partei zu bedrohen, weil
ihnen die Politik dieser Regierung nicht passt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Jetzt
nenne ich Ihnen ein paar konkrete Beispiele. Wie hätten denn Sie reagiert, wenn
Polizisten vor der Löwelstraße aufmarschieren würden, in voller Montur und mit
Spritzenwagen, wie sie gegen Demonstranten verwendet werden könnten? Ob die
Pistolen dort mit echten Patronen oder mit Platzpatronen geladen sind, spielt
für die subjektive Bedrohung, die Sie zu Recht hätten, überhaupt keine Rolle. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn Sie einen
Banküberfall begehen, spielt die Tatsache, ob die Waffe, mit der Sie jemanden
bedrohen, geladen ist oder nicht geladen ist, für die strafrechtliche
Verfolgung keine Rolle. (VBgm Dr Sepp
Rieder: Der Herr Staatssekretär Finz hat sich aber nicht gefürchtet! - Weitere
Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wie würden
Sie reagieren? Wie hätten Sie reagiert, wenn im letzten Nationalratswahlkampf
empörte Gendarmen mit ihren Motorrädern den Container der SPÖ umstellt hätten?
Wie hätten Sie da reagiert? (GR Dr Kurt Stürzenbecher: ... geht es ja
nicht!) Und wie würden Sie reagieren, wenn vor einem Jahr empörte
WEGA-Einheiten in ihrer Freizeit, aber in voller Kampfausrüstung vor dem Rathaus
gegen die von ihnen beschlossenen Gebührenerhöhungen protestiert hätten? Das
zeigt nämlich, dass Sie überhaupt kein rechtsstaatliches Empfinden dafür haben,
wenn Sie Ihre Haltung und Ihre Denkweise durchdenken, wozu und zu welcher Krise
das in diesem Staat führen könnte! (Beifall
bei der ÖVP. - GR Walter Strobl: Das ist der eigentliche Skandal!)
Wir
brauchen eine Sicherheitsstadträtin, bei der wir uns sicher sein können, dass sie
sich politisch dafür verantwortlich fühlt, die demokratischen Interessen auf
Bundes- und auf Landesebene zu schützen, aber nicht die Interessen ihrer Partei
zu verteidigen und die Regierung zu bedrohen! Frau Mag Brauner, machen Sie den
Einsatz der Wiener Sicherheitskräfte zum Schutz von Parteizentralen davon
abhängig, ob Sie sich mit den Interessen dieser Partei identifizieren oder
nicht? Oder ob Sie sich mit denen der Demonstranten identifizieren, wie Sie das
ja getan haben?
Wir brauchen eine Sicherheitsstadträtin, die
garantiert, dass es in dieser Stadt einen einzigen Grund geben kann, warum
Sicherheitskräfte dieser Stadt in voller Ausrüstung, mit vollem Gerät vor einer
Parteizentrale einer demokratischen Partei aufmarschieren: nämlich diese vor
Bedrohung zu schützen, nie aber, um diese selbst zu bedrohen, und zwar völlig
unabhängig davon, ob sie mit den politischen Ansichten dieser Partei
einverstanden sind oder nicht! (Beifall
bei der ÖVP.)
Für alle, die das noch nicht gesehen haben, die hier
von Badeschaum sprechen und davon, dass das Ganze nur eine Scherzaktion war:
Erstens hat es ursprünglich geheißen, dass es sich um Löschschaum gehandelt
hat; dann hat es geheißen, es hat sich um abgelaufenen Löschschaum gehandelt;
und jetzt handelt es sich auf einmal nur noch um Badeschaum. (GR Johannes
Prochaska: Schaumrolle!) Das Interessante dabei ist nur, dass laut allen
Berichten - und wir haben das auch verifiziert - dieser Löschschaum nachher
abgetragen werden musste. Badeschaum hingegen verfliegt bekanntlich - das weiß
jeder, der einmal Badeschaum benutzt hat - innerhalb von wenigen Minuten. Das
heißt, die Argumentation des Herrn Ersten Vorsitzenden dieses Gemeinderates ist
wirklich im besten Fall zum Brausen zu gebrauchen. Hier hat es sich um ein
subjektives Bedrohungsgefühl gehandelt, und jeder, der weiß, was Löschschaum
ist, der weiß auch, worum es hier geht. (VBgm Dr Sepp Rieder: Der
Staatssekretär Finz, mit dem ich gesprochen habe, hat sich nicht gefürchtet!)
Daher: Sollte dieser Misstrauensantrag heute eine
Mehrheit finden, dann braucht das noch nicht das Ende, das politische Ende der
Frau StRin Brauner zu bedeuten. Sie könnte ja zu jener Funktion zurückkehren,
die sie selber aus großer Leidenschaft und offensichtlich auch mit großer
Kompetenz gemacht hat, nämlich die der Landesparteisekretärin der SPÖ. Oder
wenn man in der SPÖ der Meinung ist, dass sie weiterhin Stadtrat bleiben
könnte, dann könnte sie ja ein Ressort übernehmen, in dem weniger Sensibilität
gefordert ist. Es hat ja zum Beispiel schon einmal einen Stadtrat gegeben, der
für die Wiener Bäder und die Friedhofsverwaltung zuständig war. Das könnte ich
mir schon wesentlich eher vorstellen.
Dass die sozialistischen Personalvertreter - und ich sage jetzt
mit Absicht: nicht die Feuerwehr, sondern die sozialistischen Personalvertreter
dieser Stadt - zeitweise auch kein Gespür für ihre Grenzen haben, ist ja
bekannt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich möchte hier nicht den Text
zitieren, der dort, für das Fernsehen noch einmal wiederholt, in einem
Spottlied gegen den Bundeskanzler gesungen worden ist; und die sind sich dabei
noch mächtig gut vorgekommen. Ich möchte aber daran erinnern, dass vor nicht
allzu langer Zeit - übrigens auch in der Lichtenfelsgasse - Menschen mit
anderen Spottliedern, mit dem Text "Widerstand, Widerstand - Schüssel,
Haider an die Wand!" durch die Lichtenfelsgasse gezogen sind. (GR
Godwin Schuster: Wer war das?) Da hört sich irgendwann einmal der Spaß auf!
(VBgm Dr Sepp Rieder: ... nicht leicht nehmen!) Nein, das habe ich nicht
gesagt. Ich habe nur gesagt: Wenn Sie im Prinzip
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