Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 133
Dank habe ich diese genossen. - Herr Kollege, der Sie da
dazwischengerufen haben: Dass jeder Mensch, egal, von wo er kommt, egal, wie er
ist, ob männlich oder weiblich, ob groß oder klein, ob dick oder dünn, die
gleichen Chancen haben muss, das ist sozialdemokratische Erziehung, und ich bin
stolz darauf, dass ich diese genossen habe! (Beifall bei der SPÖ.)
Denn hätte ich diese sozialdemokratische Erziehung
nicht gehabt, schon in der zweiten oder dritten Generation, dann würde ich mich
wahrscheinlich auch hier herstellen und sagen: Integration ist pfui Teixel!,
egal, was passiert ist: Es sind zu viele Fremdsprachige da, es sind vielleicht
zu wenige da, man hat zu viel gemacht, man hat zu wenig gemacht, man hat zu
viel Geld ausgegeben, man hat zu wenig Geld ausgegeben, man hat Geld am
falschen Ort ausgegeben. - Ich weiß nicht, was mir jetzt noch alles an
Negativem einfallen würde.
Ich denke, dass Integration, dass ein Miteinander, so
wie es Frau Kollegin Vassilakou gesagt hat, etwas Neues ist, dass das etwas
ist, was viele Menschen noch nicht verstehen. – Das ist ungefähr so, wie es
beim Wahlrecht war: Beim Wahlrecht haben auch sehr viele Menschen nicht
verstanden, wie wichtig es ist, dass man das Wahlrecht ausüben kann, nämlich
noch vor mehr als 100 Jahren, und vor mehr als 80 Jahren beim
Frauenwahlrecht. Wir haben hier gemeinsam mit den GRÜNEN ein Demokratiepaket
geschnürt, wobei wir sagen, dass Menschen, die mehr als fünf Jahre lang in
dieser Stadt leben, auch etwas beizutragen haben, dass sie nicht nur Pflichten
haben, sondern dass sie auch dessen würdig sind, ihr Leben bestimmen zu können,
nämlich durch die Teilnahme an Wahlen. Jeder, der demokratiepolitisch nicht
negativ denkt, weiß, dass Wahlen etwas sind, was die Menschen brauchen, um sich
aussuchen zu können: Was stelle ich mir in meinem Leben vor?
Somit hoffe ich, dass Sie sich zu früh freuen, dass
der Verfassungsgerichtshof das Wahlrecht für ausländische Mitbürger auf der
Ebene der Bezirksvertretung ablehnen wird. Ich denke, dass unabhängige Richter
das vielleicht doch etwas anders sehen. Von der FPÖ wussten wir ja, dass sie es
ablehnen - das sehe ich ein, man muss ja nicht immer für alles sein (Ruf bei
der FPÖ: Danke!) -, aber dass die ÖVP heute hier hergeht und heuchlerisch
sagt, die armen ausländischen Mitbürger dürfen nicht zum Bezirksvorsteher
gewählt werden, sie dürfen nicht in den Bauausschuss gewählt werden, und - mein
Vorsitzender verzeiht mir das, ich sage immer: "bei den
Gartenzwergen" - sie dürfen auch dort nicht gewählt werden! - Aber bei uns
in der Partei darf ich "Gartenzwerg" sagen, denn mein Klubobmann
Christian Oxonitsch, der als Vorsitzender dieser fungiert, ist nicht böse, weil
er ja groß ist: Groß im Denken und groß in Zentimetern (GR Christian
Oxonitsch: Danke! Ruf bei der FPÖ: Es
ist alles relativ!), und daher darf ich auch "Gartenzwerge"
sagen.
Aber diese Heuchelei von Ihnen, meine Damen und
Herren von der ÖVP, dass Sie deshalb, weil Sie nicht zwei Arten von Menschen
schaffen wollen - Sie wollen drei oder vier Arten von Menschen schaffen! -,
dieses Demokratiepaket ablehnen, das ist etwas, was wir nicht verstehen und was
wir auch nicht verstehen wollen, sage ich hier ganz dezidiert. Wir glauben,
dass das Demokratiepaket - mit der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre,
mit dem Wahlrecht für ausländische Mitbürger, die mehr als fünf Jahre in Wien
leben, auf der Ebene der Bezirksvertretung - etwas ist, das zum Ausdruck
bringt, dass die Integration so weit fortgeschritten ist, dass wir meinen, dass
hier auch das Wahlrecht etwas Wichtiges ist, denn das zeigt, dass für
ausländische Mitbürger gleiche Pflichten und gleiche Rechte gelten. (GR
Gerhard Pfeiffer: Das ist ja nicht schlecht, oder?)
Ja, ich sage es noch einmal: Wo sind es die gleichen?
- Herr Kollege Pfeiffer, ich werde Sie wahrscheinlich nicht überzeugen können (GR
Gerhard Pfeiffer: Sie brauchen zum Beispiel nur ...!), und ich will
Sie auch gar nicht überzeugen, denn ich denke mir, vielleicht ist es manchmal
gut, wenn nicht alle für das Gleiche sind, denn die Gleicheren unter den
Gleichen wollen wir nicht sein. Wir sind gleich. (GR Heinz-Christian
Strache: Ihr seid gleicher!) Nein, wir sind gleich. Das meine ich. (Ironische
Heiterkeit des GR Heinz-Christian Strache. – GR Gerhard Pfeiffer: Im
Gemeindebau ...!)
Was die Sprachoffensive betrifft, so haben Sie hier
gemeint, Herr Kollege Strache, dass das natürlich alles ein Schmarren wäre (neuerliche
ironische Heiterkeit des GR Heinz-Christian Strache), wenn ich das so
brigittenauerisch sagen darf. Ich habe hier Unterlagen - vielleicht haben Sie
diese nicht bekommen. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Sie sind zwar
nicht im Integrationsfonds vertreten, aber diese Unterlagen werden ja trotzdem
an Sie weitergegeben. (GR Heinz-Christian Strache: Papier ist geduldig! – GR
Gerhard Pfeiffer: Erzählen Sie mir was über den Gemeindebau!)
Die Sprachoffensive ist hervorragend gewesen, wir
sind jetzt bei der Sprachoffensive Nummer fünf. (GR Gerhard Pfeiffer:
Erzählen Sie etwas über den Gemeindebau!) Sie sagen, Papier ist sehr
geduldig; da haben Sie Recht, Papier ist immer geduldig. Genauso war das Papier
auch beim Misstrauensantrag geduldig.
Aber hier gibt es sogar eine Auszeichnung von der
Europäischen Union für die Sprachoffensive des Wiener Integrationsfonds. Meinen
Sie, dass unter 16 verschiedenen, aus allen Ländern Europas eingebrachten
Spracherwerbsvorschlägen die vom Wiener Integrationsfonds und von der Stadt Wien
geförderte Sprachoffensive die schlechteste ist? (GR Heinz-Christian
Strache: In der Praxis ja!) Wenn diejenigen in Straßburg oder in Brüssel so
wie die FPÖ und die ÖVP sagen würden, dass das ein Schmarren ist, dann glaube
ich kaum, dass sie diese Auszeichnung verliehen hätten.
In der Praxis ist die Sprachoffensive in Ordnung, es haben
Zigtausende Menschen Deutsch gelernt. Dass sie die "Glocke" nicht
aufsagen können oder, was weiß ich, nicht "O du mein Österreich"
singen können? Das können sehr viele Österreicher nicht. Dass sie vielleicht
die Geschichte oder die Verfassungsrechte der österreichischen Republik nicht
so gut kennen? Das wissen auch sehr viele ... (GR Heinz-Christian Strache:
Ja die kennen
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