Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 133
vierköpfige Familie mit teilweise wirklich exorbitanten
Kosten verbunden. Dabei sind Beträge von 20 000 und 30 000 EUR
ganz normal, an der Tagesordnung. (GR
Godwin Schuster: Wie kommt man auf solche Beträge?)
Ich sehe, Kollege Schuster fragt sich, wie ich zu dem
Betrag komme? Das hat natürlich nicht nur mit den Gebühren seitens des
österreichischen Staates zu tun, sondern auch mit den hohen Gebühren, die von
Herkunftsländern verlangt werden, damit man aus der eigenen Staatsbürgerschaft
austritt. (GR Godwin Schuster: Das kann
man aber nicht dieser Stadt zum Vorwurf machen!) Aber auch das ist der
eigenen Gesetzgebung zu verdanken, wenn Sie so wollen, weil wir haben die
Bestimmung - nicht wir in Wien, sondern das Bundesgesetz schreibt das vor -,
dass ein Mensch die eigene Staatsbürgerschaft zurücklegen muss, um die
österreichische anzunehmen. Du kennst dich genauso gut aus in dem Bereich wie
ich. Also du wirst wissen, dass für eine Familie aus Jugoslawien, um ein
Beispiel zu geben, sehr hohe Beträge zusammenkommen, Zuwanderer aus Jugoslawien
nicht gerade eine kleine Gruppe in der Stadt sind und es daher in unserem
Interesse ist, sie einzubinden, sie als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zu
gewinnen, wenn sie schon 10, 15, 20 Jahre hier leben. Du weißt genauso wie
ich, dass inzwischen über 80 Prozent der so genannten Ausländer in dieser
Stadt schon länger als zehn Jahre hier leben. Das heißt, sie hätten rein
rechtlich die Möglichkeit, anzusuchen. Die Frage ist, was sie davon abhält. Ich
behaupte, dass die Kosten sicher eine Überlegung für viele sind, wenn man
bedenkt, dass gerade Zuwanderer nicht unbedingt zu den Reichsten in der Stadt
gehören. Aber das ist eine Debatte, die vielleicht andernorts mit mehr Ruhe und
mehr Zeit geführt werden soll. Ich glaube, wie gesagt, dass wir schon einiges
tun könnten, um diesen Bereich der Politik anzukurbeln und einiges
voranzutreiben.
Was fehlt noch? Es fehlt viel, aber wenn ich das
alles anführe, dann spreche ich nicht nur 40 Minuten und ich möchte auch
andere Bereiche erreichen. Was last but not least noch fehlt, ist eine
Qualifizierungsoffensive oder genau genommen eine Kursoffensive, sodass die
vorhandenen Qualifizierungen von Zuwanderern anerkannt werden können. Da muss
ich dem Herrn Kollegen Tschirf in seiner Ansicht, die den heutigen Medien zu
entnehmen war, entschieden widersprechen. Die hohe Arbeitslosigkeit unter
Zuwanderern rührt nicht daher, lieber Kollege, dass die Deutschkenntnisse nicht
vorhanden sind. Das stimmt überhaupt nicht. Es gibt sogar Erhebungen, die das
Gegenteil belegen. Allein aus der letzten Studie "Leben in Wien"
hätten Sie erkennen können, dass über 65 Prozent der Zuwanderer über sehr
gute Deutschkenntnisse verfügen, dass darüber hinaus noch einmal
15 Prozent gute Kenntnisse haben und dass lediglich 5 bis 10 Prozent
schlechte Deutschkenntnisse haben. Ich kann Ihnen gern diese Ergebnisse
zukommen lassen. Es dürfte Ihnen auch entgangen sein, dass die Stadt Wien die
letzten vier Jahre schon eine Deutschkursoffensive betreibt (GR Dr Matthias Tschirf: Aber viel zu
wenig!), an der mittlerweile bald an die 10 000 Menschen
teilgenommen haben werden. (GR Godwin
Schuster: Mehr!) Mehr? Das freut mich, wenn es noch mehr sind. Das heißt,
hier gibt es eigentlich kaum Bedarf.
Diese Arbeitslosigkeit kommt daher, weil Menschen,
die Qualifikationen haben, aus dem Ausland zuwandern und dann feststellen
müssen, dass auf Grund der äußerst restriktiven Gewerbeordnung, die wir haben,
ihre Qualifikationen hier nicht anerkannt werden. Keine Chance. Somit
importieren wir Facharbeiter und machen aus ihnen unqualifizierte
Hilfsarbeiter, die sich in bestimmten Branchen drängen, die von hoher
Arbeitslosigkeit betroffen sind. Damit machen wir zweierlei, wir produzieren
Arbeitslosigkeit und darüber hinaus behindern wir Menschen in ihrer
Integration, denn sie haben nicht die Möglichkeit, beispielsweise einen kleinen
eigenen Betrieb zu eröffnen, also selbstständig zu werden, nicht nur für sich
selbst zu sorgen, sondern unter Umständen sogar neue Arbeitsplätze in diesem
Land zu schaffen. Was daher fehlt, wäre gezielt ein Bereich, wo die Stadt Wien
investiert, um diesen Menschen zu helfen, dass endlich ihre Qualifikationen
anerkannt werden. (GR Gerhard Pfeiffer:
Welche Branche meinen Sie?)
Die Liste dessen, was fehlt, könnte von mir, wie
gesagt, beliebig fortgesetzt werden, aber ich denke, vielleicht sind das
zunächst genug Anregungen. (GR Gerhard
Pfeiffer: Welche Branche meinen Sie?) - Welche Branche? Alle möglichen
Branchen, lieber Herr Kollege! (GR
Gerhard Pfeiffer: Welche beispielsweise? Nur ein Beispiel!) Sie werden doch
nicht im Ernst von mir wollen, dass ich Ihnen jetzt aufliste, welche Branchen. (GR Gerhard Pfeiffer: Nur eine!) Tischler,
beispielsweise. (GR Gerhard Pfeiffer:
Wird voll anerkannt!) Tischler freut Sie nicht. Gut, ich glaube, wir können
dieses Gespräch vielleicht nachher fortsetzen. Aber darum geht es nicht, Sie
haben ja keine Ahnung. (Beifall bei
GRÜNEN und SPÖ.)
Es gibt so viel, es gibt ganze Bibliotheken mit
Erhebungen, mit Studien, mit Analysen, mit Auswertungen. Lesen Sie die doch
endlich! Lesen Sie die! Schauen Sie sich das einmal an! Dann würden Sie sich so
viel leichter tun, nicht derart unqualifiziert im Integrationsbereich
aufzufallen! Aber es ist halt so. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie nicht lesen
wollen, weil können tun Sie es schon, glaube ich zumindest. (GR Mag Christoph Chorherr: Wer weiß! – GR
Gerhard Pfeiffer: Das war sehr informativ!)
Ich komme
zum Frauenbereich: Zum Frauenbereich möchte ich mich kurz halten und einen
wesentlichen Punkt aus unserer Sicht erwähnen. Der Grund, warum ich das von
hier aus tue und nicht unsere Frauensprecherin, ist, dass unsere
Frauensprecherin von einer Stimmbandentzündung befallen wurde. Leider hat sie
nicht die Möglichkeit, denn sie darf eineinhalb Wochen lang nicht sprechen, was
ihr, wenn man sie kennt, sehr schwer fällt. Ich werde versuchen, es ihr dennoch
von hier aus recht zu machen.
Ich habe bereits im Integrationsbereich erwähnt, dass das
Budget sehr gering ist. Dasselbe trifft auf das Frauenbudget der Stadt Wien zu.
Mit 7 Millionen EUR muss
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