Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 133
ermöglicht, in Wien auch auf Gemeindeebene zu wählen und
gewählt zu werden, egal welchen Pass man zufälligerweise, muss ich fast sagen,
in der Tasche hat.
Positiv hervorzuheben sind ebenso die jüngst bekannt
gewordenen Pläne zur Auflösung des Wiener Integrationsfonds und zur Schaffung
einer Magistratsabteilung stattdessen, die künftig - man höre -
Diversitätsmanagement in der Stadt betreiben soll. Das heißt, Wien ist
unterwegs, um doch zu internationalem Standard aufzuschließen. Unter
Diversitätsmanagement ist nichts anderes als Mainstreaming der
Integrationspolitik in dem gesamten Bereich des Magistrats zu verstehen. Das
bedeutet auch, dass man sich viele Bereiche einzeln anschaut, dass man Menschen
hat, die für diese Bereiche zuständig sind, die in der magistratischen Struktur
eingebettet sind und sicher viel rascher und viel effizienter einiges erreichen
können. Im Übrigen ist das auch etwas, was die Grünen in der Vergangenheit des
Öfteren direkt oder indirekt angeregt haben. Die Arbeitskreise, die das Ganze
präzisieren sollen, wie es dann vonstatten gehen soll, sind bereits eingerichtet.
Es wird abzuwarten sein, wie das konkrete Ergebnis sein wird. Wir werden sicher
im kommenden Winter die Gelegenheit haben, des Öfteren und detaillierter
darüber zu reden.
Positiv hervorzuheben ist auch, dass die Stadt Wien
meines Wissens nach an einem Antidiskriminierungsgesetz arbeitet, zu einem
Zeitpunkt wo die Bundesregierung auf diesem Gebiet längst säumig ist. Mit
13. Juli sollte Österreich ein Antidiskriminierungsgesetz auf Grund der
EU-Vorschriften haben. Bis jetzt haben wir seitens des Bundes
bedauerlicherweise noch keines zu Gesicht bekommen. Aber, wie gesagt, die Stadt
Wien arbeitet daran und ich freue mich darauf, demnächst den ersten Entwurf in
Händen zu halten.
Das Lob soll aber nicht bedeuten, dass nicht nach wie
vor noch einiges fehlt, denn es fehlt viel. Es fehlt nach wie vor der
gleichberechtigte Zugang zur Sozialhilfe für Wienerinnen und Wiener ohne
österreichische Staatsbürgerschaft, obwohl dies schon seit mittlerweile drei
oder vier Jahren versprochen und konkret in Aussicht gestellt worden ist. Ich
habe erlebt, dass die grünen Anträge, die genau das bewirken wollten, nämlich
dass die Diskriminierung im Bereich des Bezugs der Sozialhilfe endlich
abgeschafft wird, angenommen und im Ausschuss auch positiv bearbeitet wird. Es
werden inzwischen drei bis fünf in den letzten Jahren gewesen sein. Immer kommt
aber dieselbe Antwort, nämlich grundsätzlich schon, aber es wird jetzt
bundesweit angeglichen, die Sozialhilfegesetze sollen geändert werden, Wien
kann keinen Vorstoß machen und man muss noch warten. Ich frage Sie, liebe
Kolleginnen und Kollegen: Wie lange möchten Sie noch warten? Sie wissen, dass
gerade derzeit diskutiert wird - wie man es von dieser Bundesregierung
bedauerlicherweise kennt, wird es nicht nur diskutiert, sondern es wird
höchstwahrscheinlich auch beinhart umgesetzt werden -, dass die Notstandshilfe
abgeschafft wird. Somit fallen Zuwanderer um etwas um, worauf sie zwar einen
Rechtsanspruch hätten, sind dann auf die Sozialhilfe in Wien angewiesen und die
Sozialhilfe können sie, wenn es nach dem entsprechenden Landesgesetz geht,
eigentlich nicht beziehen, sondern nur in äußersten Ausnahmefällen und dann für
maximal sechs Monate. Ich frage Sie: Wann, wenn nicht jetzt, ist es wirklich an
der Zeit, dieses Gesetz zu novellieren und zu schauen, nachdem wir endlich das
kommunale Wahlrecht gewährt haben, dass alle Menschen, die in dieser Stadt
leben und arbeiten, ganz einfach Sozialhilfe zu denselben Bedingungen beziehen
können, wenn sie in eine Notsituation geraten? (Beifall bei den GRÜNEN.)
Was noch fehlt, ist ganz einfach mehr Geld. Es ist
das Schicksal eines jüngeren Ressorts, dass es wahrscheinlich nicht über so
viel finanzielle Mittel verfügt, wie es vielleicht ältere und angestammtere
Ressorts der Politik der Stadt Wien tun. Ich muss sagen, im Integrationsbereich
mangelt es an Geld. Dieses Geld könnte gut eingesetzt werden, um jede Menge von
spezifischen Maßnahmen zu setzen, die die Integration von Zuwanderern, egal ob
der ersten, der zweiten oder inzwischen manchmal sogar der dritten Generation,
ermöglichen und fördern. Ich hoffe daher, dass diese neu zu schaffende
Magistratsabteilung über deutlich mehr Budgetmittel verfügen wird als es bisher
beim Fonds der Fall war. Wir haben immer wieder und jedes Jahr von hier aus darüber
diskutiert, dass das eigentlich sehr wenig Geld ist.
Was noch fehlt, ist eine Einbürgerungsoffensive der Stadt
Wien. Auch das haben wir des Öfteren von hier aus diskutiert. Spannend ist,
dass die Kolleginnen und Kollegen der FPÖ der Meinung sind, dass die Stadt Wien
viel zu viele Menschen einbürgert. Dem ist nicht so. Dem habe ich
entgegenzuhalten, dass Österreich insgesamt eine äußerst restriktive
Einbürgerungspolitik hat, und dass gerade diese restriktive
Einbürgerungspolitik dazu geführt hat, dass wir einen hohen so genannten
Ausländeranteil in Wien haben. Das ist ein künstlicher Anteil. Andernorts -
mein Lieblingsbeispiel ist Belgien - gibt es eine Politik, die es Menschen sehr
rasch ermöglicht, die Staatsbürgerschaft anzunehmen, die auch nicht mit so
hohen Kosten verbunden ist. Somit ist der künstliche Ausländeranteil auch nicht
so hoch. Ich finde es, wie gesagt, bedauerlich für eine Stadt wie Wien, dass
wir auf Grund der äußerst restriktiven Einbürgerungsgesetze Ausländer im
eigenen Land produzieren, dass wir es schaffen, dass Menschen hier geboren
werden, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht haben, teilweise auch
keine Chance haben, sie zu bekommen, weil es oft von der finanziellen Lage der
Eltern abhängt und dass wir es manchmal schaffen, sogar die dritte Generation
Ausländer im eigenen Land zu produzieren. Ich glaube, davon müssen wir
abkehren. Da wir auf Landesebene nicht die Möglichkeit haben, die
entsprechenden Gesetze zu verändern, denke ich, ist das Mindeste, was wir tun
können, einerseits sehr wohl dafür zu werben, Menschen darüber aufzuklären,
einzuladen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen und anzunehmen
und andererseits einen Fonds für finanzschwächere Familien zu schaffen, um
ihnen unter Umständen die Einbürgerung zu ermöglichen. Sie müssen wissen, der
Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft ist für eine
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