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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 133

 

Nun gibt es neben der Gefahr der finanziellen Kürzung und der Stundenkürzungen durch diese Bundesregierung noch weitere Gefahrenpunkte für die Wiener Kultur. Da ist zum Beispiel diese leichtfertige Privatisierungspolitik der Bundesregierung. Da wird ganz leichtfertig gesagt, den Österreichischen Bundesverlag verkaufen wir. Sie verkaufen ihn – ich weiß zwar nicht, was wir damit finanzieren, wahrscheinlich Abfangjäger oder irgendetwas anderes, jedenfalls nicht Kunst und Kultur –, und bereits wenige Monate nach dieser Privatisierung stehen die drei wichtigsten Literaturverlage Deuticke, Brandstätter und Residenz vor dem Zusperren. Das ist eine Bedrohung der österreichischen Kulturnation in einer Weise, dass durch diese leichtfertige Privatisierungspolitik der österreichischen Regierung einfach die wesentlichen Literaturverlage nicht nur gefährdet, sondern in der Existenz bedroht sind.

 

Nun, es gibt weitere Gefahrenpotentiale bei der Liberalisierung, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch international. Sie wissen, die GATS-Verhandlungen sind im Gange, und da droht natürlich auch einiges für die Kultur. Wenn jetzt von der kleinsten Kulturinitiative bis zum Staatsoperndirektor alle laut schreien und sagen, da muss man was dagegen machen, damit nicht internationale Gesetze mit Zustimmung der österreichischen Bundesregierung geschaffen werden, die es uns untersagen, eine nationale Filmförderung aufrechtzuerhalten, die es uns untersagen, eine nationale Musikindustrie am Leben zu erhalten, die es uns untersagen, Theater zu fördern, weil das wettbewerbsverzerrend ist, dann ist das eine massive Bedrohung.

 

Ich habe aber noch kein Wort vom zuständigen Kunststaatssekretär Morak gehört, dass er gesagt hätte: Da müssen wir uns wehren, da mobilisiere ich die Öffentlichkeit. Das wird alles im geheimen Kämmerlein ausverhandelt. Niemand weiß darüber wirklich Bescheid, was hier verhandelt wird, und da wäre Handlungsbedarf, um das tatsächlich zu verhindern.

 

Nun, ein Blick ins Zahlenwerk des Rechnungsabschlusses zeigt uns, dass der größte Betrag für Theater ausgegeben wird. 50 Millionen EUR sind mehr als 25 Prozent. Das entspricht auch der Begeisterung der Wienerinnen und Wiener für das Theater. Das entspricht auch dem Stellenwert der darstellenden Kunst in dieser Stadt. Da ist wahnsinnig viel passiert.

 

Wir sind derzeit dabei, auf Initiative von Kulturstadtrat Mailath-Pokorny diesen Bereich zu reformieren, noch besser zu gestalten als das in der Vergangenheit schon der Fall war. Es gibt eine gemeinsame Initiative aller vier Kultursprecher, ich finde das großartig, dass das eine gemeinsame Initiative ist. Es liegt eine Studie vor, die von allen Betroffenen, die sich bisher gemeldet haben, unterstützt worden ist und die eigentlich eine gute Basis ist, davon zu sprechen, dass wir auf einem wirklich guten Weg zu einer großen Reform des Theaters in dieser Stadt sind. Die Studie spricht uns auch das Kompliment aus, dass es in keiner europäischen Stadt so viel Geld für freies Theater gibt wie in Wien. 6 Millionen EUR ist nun tatsächlich ein beträchtlicher Ansatz. Jedenfalls, sie macht uns das Kompliment, dass keine Stadt so viel Geld für freies Theater aufwendet wie Wien und sagt nur trotz allem, wenn man so viel Geld aufwendet, dann sollte vielleicht mehr Aufregenderes herauskommen.

 

Da sind wir jetzt auf einem guten Weg, eben diese große Reform umzusetzen. Wir werden das morgen bei der Kulturdebatte noch ausführlich diskutieren.

 

Ich komme schon zum Schluss. Nach zwei Jahren StR Andreas Mailath-Pokorny kann man Bilanz ziehen. Den Unterschied zum Vorgänger hat Wolfgang Kralitschek gut beschrieben. Es ist ja auch kein besonderer Zufall, dass ein konservativer Politiker primär konserviert im Sinne des Wortes und sagt, alles soll bleiben wie es ist. (GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Die SPÖ konserviert!) Diese Phase ist vorbei, alles wurde sehr gut bewahrt und jetzt ist es wieder an der Zeit, neue Akzente zu setzen und diese neuen Akzente sind derzeit im Laufen.

 

Und da gibt es eine lange Liste, die würde jetzt die Debatte nur sprengen, daher kann ich nur mehr ein paar Schwerpunkte erwähnen.

 

Da ist die große Theaterreform, die jetzt im Laufen ist, da ist die Neustrukturierung der Wiener Musiktheaterlandschaft mit dem Theater an der Wien und mit den Vereinigten Bühnen Wiens, da ist die Vorbereitung des Mozartjahres 2006, da ist die Neuinstallierung oder Neupositionierung des Kunstplatzes Karlsplatz, da ist derzeit (GRin Mag Marie Ringler: Aber gar nichts!) eine Initiative in Ausarbeitung für Kunst im öffentlichen Raum, das werden wir heuer noch, ein bisschen Geduld, noch heuer hier im Gemeinderat einbringen und diskutieren. Da gibt es das Projekt "Art and Science Vienna" als Schnittstelle zwischen Kunst, Wissenschaft und neuen Medien. (GRin Mag Marie Ringler: Kunst, Wissenschaft und Neue Medien, da gibt es sehr, sehr engagierte Leute!) Da gibt es eine sehr engagierte Stadt-Außenkulturpolitik, die nicht erst eingesetzt hat als feststand, dass zehn Länder in Kürze der Europäischen Union beitreten werden, nämlich unsere Nachbarländer oder Länder, in denen wir uns in den letzten Jahren schon engagiert haben.

 

Und es ist nun tatsächlich mehr als nur ein Titelblatt, wenn wir von der Kulturwoche in Sofia ein Foto im Kunst- und Kulturbericht bringen und damit signalisieren, dass wir uns vor allem in diesen Ländern des Ostens und Südostens Europas engagieren.

 

Und da gibt es eine Vielfalt und eine Breite der Bezirkskultur, die auch wieder nichts damit zu tun hat, was Frau Ringler gesagt hat, da gibt es eine lebendige Bezirkskultur. Die Bezirksfestwochen kann man immer verbessern, aber es ist halt Teil der dezentralen Verantwortung der Bezirke, was jeder Bezirk aus den Bezirksfestwochen macht. (GRin Mag Marie Ringler: Das sage ich ja!)  Wenn einer mehr macht oder Gutes macht, ist gut, aber das soll man hier nicht beeinflussen. Diese Aufgabe ist dezentralisiert worden. Dazu gibt es sehr engagierte Kulturkommissionen in den Bezirken, die sollen das auch machen. Wir unterstützen das nach wie vor mit sehr viel Geld und da gibt es insgesamt ein tolles kulturelles Angebot mit 2 000 Veranstaltungen neben

 

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