Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 133
und da ging es um die Musikstadt Wien. Daher haben wir das
auch mit den entsprechenden Experten am Podium sehr erfolgreich diskutiert.
Es stimmt so vieles nicht von dem, was Sie gesagt
haben, es stimmt vor allem nicht, dass es in Wien Theaterschließungen gibt. Es
gibt ganz normale Prozesse. Wenn ein Theater 50 Jahre lang verdienstvollst
von einer Person geleitet wird, und nach 50 Jahren stirbt der Intendant,
dann ist es ja nicht eine Theaterschließung, sondern ein normaler Zustand. (StR Dr Peter Marboe: Für euch!) So wie
im Leben: Es stirbt jemand, und dann kommt wieder jemand auf die Welt. Und
genauso ist es in der Stadt. Wir haben das Geld jetzt nicht für Straßenbau oder
irgendetwas anderes verwendet, sondern wir verwenden das Geld für ein anderes
Theater. Das ist ein ganz normaler Prozess. (StR
Dr Peter Marboe: Wenn der Burgtheaterdirektor stirbt oder der
Volksoperndirektor, dann schließen Sie das Burgtheater oder die Volksoper?)
Und wenn Sie davon reden, dass es in den Theatern
200 000 Besucher weniger gibt, dann kann ich Ihnen sagen, wie das
funktioniert. (Zwischenruf des GR Dr Mathias Tschirf.) Das hat ja nichts damit zu tun, das
sind Bundesgesetze, das sind Bundesinstitutionen. Sie reden manchmal so, dass
ich denke, Sie haben sich überhaupt noch nie mit irgendetwas auseinander
gesetzt, was Sache ist, sondern Sie reden einfach nur, was Ihnen so aus Jux und
Tollerei einfällt.
Jedenfalls sind das Burgtheater und die Staatsoper
Bundestheater. Die sind im Verfassungsrang abgesichert. Da geht es nicht darum,
ob der Theaterdirektor stirbt oder nicht. Das ist der Unterschied zu einem
privaten Theater, das von einer Privatperson gegründet worden ist, geführt
worden ist. Und wenn die Privatperson nicht mehr da ist, dann muss man durchaus
auch einmal darüber diskutieren können, ob es ein Theater, das vielleicht
wirklich mit der Person verbunden war, dann nicht mehr gibt, wenn es die Person
nicht mehr gibt. Ganz einfach. (StR Dr
Peter Marboe: Volkstheater, Josefstadt!)
Aber Sie reden von 200 000 Besuchern weniger, und
jetzt kann ich Ihnen sagen, wie das funktioniert. Das ist ganz einfach. Die
Bundesregierung hat zum Beispiel dem Volkstheater 9 Millionen S
gekürzt. Das ist wahnsinnig viel Geld fürs Volkstheater. Die Bundesregierung
hat dem Ensembletheater 3,3 Millionen S gestrichen. Was das heißt,
ist ganz einfach: Die können weniger spielen. Die müssen Produktionen
streichen, weil sie einfach weniger Geld haben. Die können weniger Produktionen
auf die Bühne bringen, die haben weniger Vorstellungen, und wenn es weniger
Vorstellungen gibt, gibt es auch weniger Publikum.
Also die sicherste Maßnahme, dass man diese 200 000
Theaterbesucherinnen und -besucher wieder zurückgewinnt, ist nicht, dass Sie da
herausgehen und jammern, so wie Sie das immer gemacht haben, sondern dass Sie
herausgehen und sagen, die Bundesregierung soll die 15 Millionen EUR
Kürzungen in Wien zurücknehmen, dann werden wir die Theaterbesucherinnen und
Theaterbesucher gleich wieder haben. (Beifall bei der SPÖ. – StR Dr Peter
Marboe: Das kann nicht sein Ernst sein.)
Zum Rabenhof sage ich heute ganz wenig. Sie haben den
Vergleich zur Landwirtschaft gewählt. Das finde ich nun tatsächlich treffend.
Denn wenn man die Regierungserklärung der Bundesregierung aufmerksam gelesen
hat, dann hat man eigentlich den Eindruck, wir leben nicht in einer
Kulturnation, sondern in einem Agrarstaat, denn die einzige Position, die
aufgewertet worden ist von dieser Bundesregierung, war die Agrarförderung. Das
ist auch der Grund, warum mehr Geld für Landwirtschaft da ist und weniger Geld
für Kultur, insbesondere in Wien.
Das ist ein treffender Vergleich, den Sie da heute
ins Spiel gebracht haben. Insgesamt sagen Sie das nur deshalb so, weil Sie ein
schlechtes Gewissen haben. Das Problem Rabenhof ist ein Problem, das aus Ihrer
Zeit kommt, und Sie waren schuld, dass das so gelaufen ist und nicht anders. (GRin Mag Marie Ringler: Na also!)
Und unter uns gesagt: Jammervoll ist es, in einem
Debattenbeitrag hier ein Zitat zu verlesen, das fünf Jahre alt ist. Also ich
verstehe das überhaupt nicht. Entweder haben Sie seit fünf Jahren keinen
Pressereferenten, der für Sie die Zeitungen liest und aufbereitet, oder es gibt
seit fünf Jahren kein besseres Zitat. Sie bringen ein Zitat von Bronner, das
fünf Jahre alt ist. Das ist lächerlich. (StR Dr Peter Marboe: Aus 2000!)
Herr Marboe! Ich habe ein viel besseres Zitat, das
haben Sie uns leider nicht vorgelesen, das ist nämlich ganz neu. Es stammt von
Wolfgang Kralicek, der im "Falter" schreibt: "Als Nachfolger von
Peter Marboe hat Andreas Mailath-Pokorny vor zwei Jahren ein schwieriges Erbe
angetreten. Der liberale ÖVP-Mann Marboe – ja, das gab es einmal – war erstens
allseits beliebt und hat zweitens einen Haufen Arbeit hinterlassen. Die
Theaterkrise hat der jedenfalls zu Amtszeiten begeisterte Theatergänger
Marboe" – schreibt der Kralicek, nicht ich – "(in letzter Zeit sieht
man ihn nur mehr selten bei Premieren und im Theater) zwar erkannt, er hat aber
nur halbherzig auf sie reagiert. Neben PR-Maßnahmen wie der Nestroy-Gala und
dem Theater-Dienstag verfolgte Marboe eine im engsten Sinne des Wortes
konservative Linie. Alles sollte möglichst so bleiben wie es ist."
Das beschreibt das sehr treffend. Das haben Sie
leider nicht mehr gelesen, offensichtlich deshalb, weil Sie vielleicht keinen
Pressereferenten mehr haben oder weil Sie es nicht wahrhaben wollen. (StR Dr
Peter Marboe: Haben Sie den Leserbrief gelesen, der dazu geschrieben wurde!)
Ja, den alten habe ich schon gelesen. Der ist ja schon fünf Jahre alt, den habe
ich schon so lange vergessen, dass Sie ihn mir heute erst wieder in Erinnerung
gerufen haben dadurch, dass Sie fünf Jahre alte Leserbriefe hier verlesen. (StR Dr Peter Marboe: Von 2000!) Also
gut.
Jedenfalls: Das Problem, das Sie angeschnitten haben,
ist hauptsächlich ein Problem aus Ihrer Zeit oder ein Problem der
Bundesregierung, die einfach so viele Mittel gekürzt hat, dass insgesamt jetzt
leider weniger TheaterbesucherInnen zu verzeichnen sind als noch vor einiger
Zeit.
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