Gemeinderat,
29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 133
der heranwachsenden Jugend weitergeführt werden.
Wir haben einen Antrag vorbereitet, den wir am
Donnerstag einbringen, also im Landtag, und zwar soll der Antrag zum Inhalt
haben, dass ein Landesmusikschulgesetz – Wien ist nämlich das einzige Land, das
so ein Gesetz nicht hat – geschaffen wird. Es soll damit breiten Kreisen der
Bevölkerung, vorzugsweise der Jugend, eine musikalische Möglichkeit geboten
werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Für besonders Begabte soll neben der Schaffung einer
künstlerischen Basisausbildung auch eine gezielte Vorbereitung für eine weitere
Ausbildung, zum Beispiel am Konservatorium oder an der Hochschule, geboten
werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht nämlich
jetzt nicht nur um die Heranbildung des Orchesternachwuchses, sondern die
Musikschulen erbringen auch eine ganz große Leistung im
gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. Gerade in einer Zeit, wo viele Jugendliche
orientierungslos sind, wo es steigende Jugendarbeitslosigkeit gibt, Alkohol-
und Drogengefährdungen, ist eine sinnvolle Freizeitgestaltung von höchster
Bedeutung, denn eine aktive Jugend ist eine geschützte Jugend. Ich sage das
immer wieder. Musik schenkt Lebensfreude, schenkt Lebensenergie, und möglichst
viele Kinder sollten auch die Gelegenheit haben, dass sie das nützen. Es ist
nicht einzusehen, warum gerade Kinder in Wien diese Gelegenheit nicht genauso
gut haben sollen wie die Kinder in den Bundesländern. Deswegen muss hier
unbedingt eine Offensive gestartet werden.
Herr Stadtrat! Wenn Sie das, ich meine jetzt dieses
Musikschulgesetz, noch in Ihrer Amtszeit schaffen würden – Sie haben noch drei
Jahre Zeit –, dann würde wirklich etwas ganz Wichtiges gelingen. Wenn Sie das
auf die Beine stellen, dann hätten Sie einen wirklich wichtigen Schritt getan.
Ich weiß, man sollte hier mit der Geschäftsgruppe
Jugend, Soziales zusammenarbeiten, so wie überhaupt Kultur und Bildung enger
zusammenarbeiten sollten. Es sollte zwischen den Verantwortungsbereichen Kultur
und Bildung eine engere Zusammenarbeit stattfinden. Ich glaube, es wäre eine
sehr gute Sache, wenn da etwas zustande käme. Wir hatten jetzt einmal die
Enquete, das war der erste Schritt. Ich glaube, dieses Statistische Jahrbuch
ist mit ein Grund, dass man die Zahlen einbaut. Ich hoffe, dass hier etwas
entsteht.
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Noch ganz kurz zum
Schluss:
Wenn es Ihnen auch noch gelänge, bei der
Filmförderung Publikumserfolge zu erzielen – wir bringen immer wieder die
Zahlen von anderen Filmförderungen, wo dann, wenn die Filme herauskommen,
Millionen Besucher diese sehen, wie zum Beispiel "Berlin-Brandenburg"
oder, ich nehme an, den Film haben Sie auch gesehen, "Good bye,
Lenin!"; so etwas stelle ich mir vor als Erfolg, nicht dass man
Besucherzahlen von 150 000 Besuchern als Erfolg feiert –,
wenn Sie den Festwochen eine eigenständige Identität
geben könnten, ein eigenes Profil, wenn Sie sie befreien könnten von diesen
unzähligen Politagitationen,
wenn Sie zum Beispiel bei der Kunsthalle erreichen
könnten, dass das nicht einfach nur so ein internationaler Wanderzirkus wird,
sondern dass dort auch unsere eigenen jungen Talente, unsere eigenen Künstler
auftreten könnten, dass man nicht so unselige Ausstellungen macht, wie zum
Beispiel jene von Thérèse Margulies, wo ein totgeborenes Baby präpariert war
wie ein Tier,
wenn Sie sich solche Dinge einmal mehr anschauen und
solche kultur- und seelenlosen Aktivitäten nicht fördern und damit die
Jugendlichen emotional nicht so in Stich lassen würden, sondern ihnen das geben
würden, wonach viele Sehnsucht haben, nämlich dass sie auch einmal Schönes
sehen, Gutes, Qualität,
dann würden Sie wichtige kulturpolitische Vorstellungen
von uns Freiheitlichen erfüllen und damit, unsere konstruktive Kritik ernst
nehmend – ich sage das ganz im Ernst –, eine gute und erfolgreiche
Kulturpolitik zum Wohle Wiens machen.
Jetzt vielleicht ein bisserl polemisch: Lesen Sie ein
wenig bei uns nach – ich meine das gar nicht zynisch –, denn viele Dinge, die
wir seit vielen Jahren immer wieder gefordert haben, haben Sie ja schon
übernommen. Setzen Sie den Weg fort, dann wären Sie echt gut. Aber so lange Sie
das noch nicht ganz tun – ich nehme an, dass Sie das wahrscheinlich nicht tun
werden –, müssen wir weiterhin die Defizite anprangern und können auch
Rechnungsabschlüsse nicht gutheißen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Herr GR Ernst Woller. Ich erteile es ihm.
GR Ernst Woller (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und
Herren!
Einen schönen guten Morgen, auch an die Gäste auf der
Galerie. Sie hören schon über eine Stunde zu, das ist außergewöhnlich, das ist
erfreulich. Es ist von Vorteil, wenn man am Vormittag drankommt, denn wenn man
Kulturdebatten in der Nacht führt, ist die Galerie leider meistens unbesetzt.
Nochmals herzlich willkommen und danke für das Interesse namens des gesamten
Kulturausschusses.
Als ich Kollegin Ringler zugehört habe, habe ich mich
gefragt: Über welche Stadt sprichst du? Sprichst du über Wien oder über eine
Stadt in der Wüste? Sprichst du über eine Stadt, so wie du sie beschrieben
hast, wo wirklich alles im Argen liegt, wo alles zusammenbricht? Oder sprichst
du über diese lebendige Kulturstadt Wien, von der 96 Prozent der
Wienerinnen und Wiener hartnäckig der Meinung sind, dass sie mit diesem
Kulturangebot sehr zufrieden sind? Sprichst du über die Kulturstadt Wien, deren
Kulturangebot dafür verantwortlich ist, dass jedes Jahr 7 Millionen Gäste
aus der ganzen Welt nach Wien kommen, die alle sagen, sie kommen hauptsächlich
wegen des umfassenden und großartigen kulturellen Angebots in diese Stadt?
Sprichst du über die Kulturstadt Wien, die jede Woche von einer anderen
Delegation aus anderen Ländern besucht wird, um sich anzuschauen,
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