Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 122
Mittelbetriebe
für das Jahr 2003 mit 46 Millionen EUR budgetiert ist. Der
Überschuss aus Wasser und Kanal ist also mehr als doppelt so hoch wie die
komplette Wirtschaftsförderung für die Klein- und Mittelbetriebe.
Dass mehr für die Wiener Wirtschaft getan werden muss, sieht man auch
aus diversen Statistiken den Arbeitsmarkt betreffend. Auch wenn durch diverse
Umschulungsoffensiven der Bundesregierung die Arbeitslosenzahlen durch in
Schulung stehende Personen vermindert sind, liegt Wien in der Statistik äußerst
schlecht. Zum Beispiel ist Wien bei den tatsächlichen Arbeitsplätzen im ersten
Quartal 2003 das Schlusslicht unter allen Bundesländern. Nach Bereinigung
um die umgeschulten Arbeitslosen hat die Bundeshauptstadt wieder 1,7 Prozent
an Arbeitsplätzen verloren. Das ist eine enttäuschende Beschäftigungspolitik,
sehr geehrter Herr Vizebürgermeister!
Um dem entgegenzuwirken, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte
zum Beispiel für die Klein- und Mittelbetriebe ein besonderer Anreiz für die
Lehrlingsausbildung geschaffen werden. Für die wirtschaftliche Zukunft eines
Landes ist die Lehrlingsausbildung äußerst wichtig. Wir benötigen gut
ausgebildete und motivierte Schüler für die Lehrlingsausbildung, danach als
Facharbeiter und später eventuell als künftige Unternehmer. Wir benötigen aber
auch hochmotivierte Unternehmer zur Ausbildung der Lehrlinge. Dazu benötigen
wir ein entsprechend flexibles wirtschaftliches Umfeld für die Realisierung
einer effizienten Ausbildung. Die laufend steigende Zahl von Jugendlichen, die
Lehrstellen suchen, zeigt aber, dass die Voraussetzungen und der Anreiz zur
Lehrlingsausbildung nicht gegeben sind. Dies liegt unter anderem an den Kosten.
Die Wirtschaftskammer Salzburg hat errechnet, dass ein AHS-Schüler jährlich mit
6 540 EUR - das sind etwa 90 000 S - von der öffentlichen
Hand gesponsert wird, während ein Lehrling gerade 654 EUR wert ist. Wir
haben zwar eine duale Ausbildung von Betrieb und Schule, aber leider eine
singuläre Belastung der Kosten. Die trägt fast ausschließlich der Unternehmer.
Eine große Hilfe für Klein- und Mittelbetrieb wäre, wenn neben dem steuerlichen
Anreiz des Lehrlingsfreibetrags auch von Landesebene Unterstützung käme. Es
müsste für den Wirtschaftsstandort Wien doch von besonderem Interesse sein,
hier entsprechende Anreize zu setzen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Derzeit ist leider das Gegenteil der Fall. In Wien gibt es nämlich noch
immer die Kommunalsteuer, die sich auch bei den Lehrlingskosten zu Buche
schlägt. Ein erster Schritt zur Unterstützung der Klein- und Mittelbetriebe
müsste sein, die Kommunalsteuer auf Lehrlingsentschädigungen und
lehrlingsähnliche Ausbildungen ersatzlos zu streichen.
Ein besonders wichtiger Faktor auf der Aufwandseite für die Klein- und
Mittelbetriebe sind die Energiekosten. Die Klein- und Mittelbetriebe, auch die
privaten Haushalte, waren die letzte Gruppe der Strombezieher, die von der
Liberalisierung des Strommarkts profitierten. Ich darf daran erinnern, dass
nach dem Beitritt Österreichs zur EU der Strommarkt stufenweise geöffnet wurde
und die Sonderkunden, also die Großabnehmer, sehr früh in den Genuss der
Marktöffnung kamen, Haushalte und Gewerbetreibende jedoch zuletzt, und zwar im
Oktober 2001. Da die Großkunden von WIENSTROM im wahrsten Sinne des Wortes
um jeden Preis gehalten werden sollten, war die Strompreissenkung bei diesen
Kunden am höchsten, angeblich bis zu 50 Prozent und sogar mehr. Dieses
Preisdumping war in der Anfangsphase der Liberalisierung deshalb möglich, weil
die Tarifkunden, also Haushalt und Gewerbe, noch nicht in diesen Genuss kamen
und die Sonderkunden damit finanziert wurden. Im Zuge der Vollliberalisierung
haben inländische und ausländische EVUs mit günstigen Tarifen neue Kunden in
Wien geworben. Auch Wienstrom hat
damals seinen Kunden teilweise mehrmals neue Angebote hinsichtlich
Stromlieferungsverträgen geschickt. Generell waren die Vorteile dieser Angebote
weit geringer als die der Sonderkunden. Sank bei den Sonderkunden der
Strompreis - wie schon erwähnt - um bis zu 50 Prozent, erfolgte bei den
Tarifkunden, bei den Klein- und Mittelbetrieben, nur eine geringere
Verbilligung, und das auch nur bei einer mehrjährigen Bindung. So sank zum
Beispiel der Strompreis bei einer Bindung von 2001 bis inklusive 2003 von
1,57 S auf 1,31 S. Das sind 26 Groschen, aber immerhin um
16 Prozent weniger.
Aber zu diesen Preisen pro
Kilowattstunde kamen dann diverse Zuschläge hinzu, unter anderem der sogenannte
KWK-Zuschlag in der Höhe von 10,22 Groschen. Als die Höhe dieses Zuschlags
damals bekannt wurde - am Anfang wurde sogar von 12 Groschen gesprochen -,
ging ein Aufschrei durch die Medien, dass Wien eine massive Strompreiserhöhung
drohte. Man hat die Bevölkerung dann sofort beruhigt und erklärt, dass um
diesen Betrag der Strompreis, genauer gesagt der Arbeitspreis, gesenkt werde
und das Ganze letztendlich ein Nullsummenspiel wäre. Nun, so schön war es dann
doch wieder nicht. Der Strompreis wurde nicht um 10,22 Groschen gesenkt,
sondern nur um 6 Groschen, womit es durch diesen Zuschlag letztendlich zu
einer Erhöhung von 4,22 Groschen kam. Noch mehr benachteiligt waren jedoch
jene Stromkunden, die einen anderen Stromlieferanten als Wienstrom hatten. Diese mussten für den
Strom tatsächlich um 10,22 Groschen mehr bezahlen. Das, meine sehr
geehrten Damen und Herren, ist standortschädlich für Wien. Erst durch eine
bundeseinheitliche Regelung wurde der viel zu hohe KWK-Zuschlag und der
Zuschlag für erneuerbare Energie in Wien von insgesamt 10,94 Groschen auf
3,98 Groschen, also auf ein Drittel, gesenkt.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren, Ähnliches droht bei den Gastarifen. Auch hier hat die Liberalisierung
2002 stattgefunden und der Regulator übt heftige Kritik an den Netztarifen für
Gas.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, ich weiß, dass die
Netztarife für Gas in Wien zu den niedrigsten in Österreich gehören. Das ist
sicher auch von der Lage her geografisch bedingt. Aber, sehr geehrter Herr
Vizebürgermeister, Pressemeldungen entnehme ich, dass der Energieregulator
Boltz ab Oktober der EVN niedrigere
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