Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 122
wollen Sie
auf diesem Gebiet nicht etwas unternehmen? Warum unternehmen Sie nichts? Warum
verstreicht wertvolle Zeit? Kein Wort über den Biocluster Heiligenstadt in
Ihrer heutigen Erklärung, nur als Beispiel, kein einziges Wort darüber! Ich
schaue nicht mehr länger zu, das sage ich Ihnen ganz klar und deutlich.
Ich stelle daher heute folgenden Antrag:
"Der Herr amtsführende Stadtrat für Finanzen, Wirtschaftspolitik
und Wiener Stadtwerke wird ersucht, den Magistrat mit der Ausarbeitung eines
Gesellschaftsvertrages für eine Errichtungs- und Betreibergesellschaft
Biocluster Heiligenstadt in Form einer Kapitalgesellschaft zu
beauftragen." - (Beifall bei der ÖVP.) – "Diese Gesellschaft soll unter Einbeziehung privaten
Kapitals und lokaler Interessenten die Errichtung und den Betrieb dieses
Clusters dynamisch vorantreiben. Gleichzeitig ist Vorsorge für die erforderlichen
finanziellen Mittel zu treffen."
Ich habe deswegen die Zuweisung beantragt, weil ich möchte, dass Sie
sich damit positiv auseinander setzen. Bisher haben Sie auf meine fünf Reden
nicht reagiert. Wenn Sie weiter untätig bleiben wollen, Herr Finanzstadtrat,
dann müssen Sie die Ablehnung unseres Antrags wenigstens schriftlich begründen!
Dann werden wir den Grund kennen, warum Wien die höchste Arbeitslosenrate hat
und noch mehr Menschen erklären, dass fehlende Arbeitsplätze ein hausgemachtes
Problem und die Angriffe auf den Bund eine leere Augenauswischerei sind!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie tun nicht uns etwas zu Leide,
wenn Sie hier nichts weiter unternehmen. Sie schaden Wien und seinen Menschen,
wenn Sie hier nichts unternehmen! Wenn Sie auf einem Justamentparteistandpunkt
verbleiben, nur weil die Idee von einem Schwarzen kommt, schadet das - noch
einmal - nicht uns, aber Ihnen und den Menschen unserer Stadt! (Beifall bei
der ÖVP.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zum Wort gemeldet
ist Herr GR Stark. - Bitte schön.
GR Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Ein Motor, ein Rückgrat der Wiener Wirtschaft sind die Klein- und
Mittelbetriebe. Einer Statistik über Unternehmensgründungen im ersten
Quartal 2003 kann man folgende interessante Daten entnehmen:
So ist die Anzahl der Unternehmensgründungen von 6 405 im ersten
Quartal des Jahres 2000 auf 9 232 im ersten Quartal 2003
angestiegen, ein Plus von fast 45 Prozent. Diese Zahlen beziehen sich auf
ganz Österreich. Für Wien habe ich leider keine Daten gefunden. Besonders
interessant ist dabei, dass von diesen 9 232 Neugründungen nur
9,2 Prozent Kapitalgesellschaften, also überwiegend GesmbHs,
7,6 Prozent Personengesellschaften, also Kommanditgesellschaften, OHGs et
cetera, betreffen, aber über 83 Prozent nicht protokollierte
Einzelunternehmen, also Kleinbetriebe, sind. Auch wenn es sich bei diesen neu
gegründeten Unternehmen oftmals um Einmannbetriebe handelt, darf nicht
übersehen werden, dass - diese Zahlen betreffen jetzt Wien - die Anzahl der
Arbeitgeberbetriebe, die ein bis 49 Beschäftigte haben, fast 98 Prozent
beträgt und nur 2,3 Prozent der Wiener Betriebe mehr als
50 Beschäftigte haben. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass von
68 000 Arbeitgeberbetrieben 65 000 Betriebe weniger als
50 Mitarbeiter haben. Oder ein anderes Beispiel: Betriebe bis zu
99 Mitarbeiter beschäftigen rund die Hälfte aller Arbeitnehmer Wiens.
Betrachtet man die Leistung der Betriebe bis 99 Mitarbeiter, dann
erarbeiten diese Betriebe mehr als die Hälfte des Bruttoproduktionswerts.
Auf Grund dieser Beispiele müsste man annehmen, dass Wien und seine
verantwortlichen Politiker alles tun, um die besten Voraussetzungen für diese
Betriebe zu schaffen. Leider ist genau das Gegenteil der Fall. Das groß
angekündigte Wiener Konjunkturpaket 2002 ist kläglich gescheitert. So sind
die kommunalen Investitionen zur Ankurbelung der Wirtschaft im
Rechnungsjahr 2002 gegenüber dem Jahr 2000 um 463 Millionen EUR,
das sind 25 Prozent, zurückgegangen. Aber auch die im Konjunkturpaket groß
angekündigte Wirtschaftsförderung für Klein- und Mittelbetriebe ist von
62 Millionen EUR im Jahr 2000 auf 52 Millionen EUR im
Jahr 2002 zurückgegangen. Für 2003 wurden lediglich 46 Millionen,
also weitere 6 Millionen weniger, budgetiert. Generell wurde die
Wirtschaftsförderung ab dem 1.1.2002, was die Zuteilung anbelangt, halbiert.
Das, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, ist bedauerlich.
Aber nicht nur, dass Betrieben Förderungen aberkannt werden, werden
diese noch zusätzlich belastet, was einen weiteren Standortnachteil bringt. So
wird zum Beispiel die Gebrauchsabgabe ab dem 1. August 2003 erhöht.
Weiters werden die Betriebskosten der Betriebe durch Gebührenerhöhung bei Müll
um bis 26 Prozent erheblich mehr belastet. Viele Betriebe bezahlen ihren
Mitarbeitern die Fahrtspesen für die täglichen Heimfahrten. Durch die massiven
Tariferhöhungen bei den Wiener Linien um bis zu 25 Prozent ab dem
1. Juli 2002 erfolgt eine weitere zusätzliche Belastung der Betriebe
für diese freiwilligen Leistungen. Neben diesen zusätzlichen neuen Belastungen
war der Wirtschaftsstandort Wien aber ohnedies stark benachteiligt, und zwar
durch die Gebrauchsabgabe, die auch den Strompreis für alle Konsumenten um
0,7 Cent pro Kilowattstunde erhöht, weiters durch die so genannte
Dienstgeberabgabe, durch die Parkometerabgabe, durch die Gewinn bringenden Kanalgebühren,
die Kanalsteuern und durch die Gewinn bringenden Wassergebühren, also die
Wassersteuer.
Zur Kanal- und Wassersteuer noch ein Vergleich: Die
Einnahmen bei Wasser betrugen laut Rechnungsabschluss 2002 168 Millionen EUR,
die Ausgaben 91 Millionen EUR. Das ergibt einen Überschuss von
76 Millionen EUR. Beim Kanal beträgt der Überschuss 24 Millionen EUR.
Das sind insgesamt 100 Millionen EUR. Ich darf erinnern, meine sehr
geehrten Damen und Herren, dass die Wirtschaftsförderung für die Klein- und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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