Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 122
Netztarife verordnen will und dies nicht nur der EVN,
sondern allen weiteren 20 Netzbetreibern, also auch Wien. Bei den
Gaskunden ist die Situation im Tarifbereich ähnlich wie bei den Stromkunden. In
den Verträgen von Großkunden sind Preisgleitklauseln, die den Gaspreis
ungeachtet der allgemeinen Tarifentwicklung gestalten. Haushalte und die Klein-
und Mittelbetriebe unterliegen dem normalen Tarif und bezahlen für die
Kilowattstunde Gas - das wird jetzt in Kilowatt, nicht mehr in Kubikmetern
gerechnet - wesentlich mehr.
Klein- und Mittelbetriebe sind
aber derzeit noch zusätzlich benachteiligt. Im Erdgasabgabevergütungsgesetz
sind in der derzeitigen Fassung die Klein- und Mittelbetriebe ausgenommen. Es
gibt eine Expertise des Wirtschaftsförderungsfonds, die angeblich besagt, dass
für Klein- und Mittelbetriebe diese Benachteiligung gering sein soll. Für die
Klein- und Mittelbetriebe ist jegliche Entlastung wichtig. Wenn diese Vergütung
wirklich so gering sein sollte, könnte sie zum Beispiel im Form von
verminderten Heizkosten wieder vergütet werden.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister,
sehen wir die Maßnahmen des Bundes, die natürlich historisch durch Versäumnisse
früherer Regierungen begründet, aber allen Bundesländern gleich auferlegt sind,
als Chance für den Wirtschaftsstandort Wien, durch entsprechende Maßnahmen wie
Abgabensenkungen, Förderungen et cetera die Unternehmen wieder nach Wien
zurückzuholen! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzendender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin
Cordon. - Bitte.
GRin
Waltraud Cécile Cordon
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Der Herr
Finanzstadtrat Rieder hat uns schon zum Thema der Jugendarbeitslosigkeit viel
erzählt, was der WAFF alles tut, um gegenzusteuern. Auch vom Herrn Kollegen
Stark haben wir jetzt einiges gehört, was zu tun wäre. Ich möchte das Problem
auf der anderen Seite, am anderen Ende ansprechen, wo sehr wohl auch der WAFF
gefordert ist.
Ein
Thema, das uns in Zukunft vehement beschäftigen wird, ist auf Grund der
demografischen Entwicklung die Umstellung in der Arbeitswelt. Die Verlängerung
der Lebenserwartung und der Rückgang der Geburtenzahlen wird vor allem bei der
derzeit gedrosselten Zuwanderungsquote für die soziale und wirtschaftliche
Entwicklung Österreichs und seiner Unternehmen nachfolgende Veränderungen
bewirken, nämlich weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter, Mitarbeiterinnen ab
45 werden die Mehrheit in der Belegschaft sein, immer weniger junge
Arbeitskräfte, die Bevölkerungsgruppe 60 plus, 65 plus wird die
stärkste Altersgruppe sein und der Bedarf an Dienstleistungen in den Bereichen
Krankheit, Gesundheit, Pflege und Freizeitgestaltung wird sich vermehrt
stellen. Die demografische Entwicklung ist daher für die Arbeitswelten in
Europa eine Herausforderung. Die Gesellschaft und daher auch die Belegschaften
in den Betrieben waren noch nie so alt wie jetzt, und zwar auf Grund der
Personalreduktionen und der geringeren Einstellungsquote von jungen
Arbeitskräften in den letzten Jahren. Es kommt also in den nächsten zehn bis
fünfzehn Jahren zu gravierenden Änderungen in vielen Unternehmen. Leider sind
viele Unternehmen heute noch nicht darauf vorbereitet. Die Politik hat
ebenfalls noch kaum darauf reagiert.
Diese
Bundesregierung hat in ihrer dilettantischen Politik nicht bei den Stützen eines
Hauses mit der Sanierung begonnen, sondern am Dach herumgebastelt, nämlich an
der Pensionsreform. Dass diese Pensionsreform, egal wie armselig sie auch
ausgefallen ist, eine starke Stütze in der Wirtschaft braucht, dürfte auch dem
Dümmsten klar sein. Anstatt hier Maßnahmen zu treffen, die künftige Entwicklung
einer älter werdenden Gesellschaft in der Arbeitswelt durch höhere Ausgaben für
Bildung, Weiterbildung, Fortbildung, Forschung, Umstrukturierung, für
altersgerechte Arbeitszeiten, Entwicklung betrieblicher Beratungsstrategien,
Schwerpunkt der Prävention in der Gesundheitspolitik, Förderung von Ergonomie
und Kreativität et cetera, zu stützen, als Ansporn für Firmen, sich positiv auf
die Folgen des neuen arbeitsstrukturellen Wandels einstellen zu können, hat sie
Maßnahmen getroffen, durch die Bundesregierung ihr Budget zu sanieren, um -
sagen wir es einmal vereinfacht - es für Abfangjäger wieder auszugeben.
Betriebliche Beschäftigungsprobleme und Benachteiligungen beginnen für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits zwischen 45 und 50 Jahren laut
einer Studie der Arbeiterkammer und des WAFF. Weltweit beginnt man sich auf
Grund der demographischen Entwicklung mit dem Problem der älter werdenden
Gesellschaft auseinander zu setzen. Die Arbeitnehmer werden immer älter. Das
hinaufgesetzte Pensionsantrittsalter verstärkt das Problem. Allerdings
verstärkt es bis jetzt allein die Arbeitslosenrate bei den 60-Jährigen. Nach
Aussage von vielen Unternehmen werden trotzdem die Facharbeiter knapp. Zwei
Dinge, die sich anscheinend widersprechen.
Interessanterweise haben Ergebnisse einer altersgerechten Umstellung in
den Firmen, die sich schon damit beschäftigt haben, eine phänomenale
Verbesserung in den Produktionen ergeben. In Österreich haben sich einige große
Firmen sehr wohl schon damit beschäftigt, wie die VÖEST Alpine bei der
Schwerstarbeit oder sogar der KAV im Pflegebereich durch Stundenverkürzungen,
wobei ich hoffe, dass das nicht auf Kosten des Personals geht. Eine japanische
Firma hat zum Beispiel ihre Fließbandproduktion auf den Aufbau einer
Arbeitszelle umgestellt, in einem Montageprozess vier Arbeitsprozesse zu
vereinen. Das hat zu Arbeitsergebnissen geführt, die wesentlich besser waren
als vorher, natürlich auch zu einem besseren Ergebnis im gesundheitlichen und
psychischen Befinden der Arbeitnehmer.
Leider sind nach der Studie der Arbeiterkammer noch viel zu
wenig Firmen mit der Umstellung ihrer Arbeitsstrukturen befasst. Vor allem
kleinere Firmen lassen noch sehr wenig Flexibilität auf diesem Gebiet erkennen.
Kürzlich habe ich zufällig in einer Nachrichtensendung gehört, dass das WIFI
sich sehr wohl mit diesem
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular