Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 122
Jahren eine katastrophale Arbeitsmarktsituation. Und
auch wenn hier alles schöngeredet wird, da muss etwas schiefgegangen sein. Die
Arbeitslosenquote war in Wien im Jahr 2002 mit 9 Prozent gegenüber den
bundesweiten 6,9 Prozent auf Rekordniveau, auch gemessen an den anderen
Bundesländern. Wiens Anteil an allen Arbeitsplätzen bundesweit ist im Laufe der
Jahre laufend zurückgegangen und betrug im Jahr 2002 nur mehr 24 Prozent,
wogegen Mitte der neunziger Jahre noch 25,7 Prozent aller Arbeitsplätze
Österreichs in Wien angesiedelt waren.
Und die beachtlich hohe
Wirtschaftsförderungssumme, die 2002 zur Verfügung gestellt wurde, ist im
Wesentlichen auf eine Einzelmaßnahme zurückzuführen, die selbst, zumindest
jetzt, noch nicht arbeitsplatzwirksam werden konnte. Von den
132,5 Millionen EUR für die direkte Wirtschaftsförderung in Form von Zuschüssen
und Darlehen, die so einen hohen Zuwachs erfahren hat, wurden allein
66,2 Millionen EUR, also die Hälfte, für ein einzelnes Projekt
ausgegeben. Ich will das deswegen nicht gering schätzen und ich will auch diese
Ausgabe oder diese Unterstützung gegenüber diesem Projekt nicht schmälern,
aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, man soll auch die Kirche im Dorf
lassen.
Dennoch ist insgesamt – und das
betone ich hier ausdrücklich – die Wirtschaftsförderung ein durchaus
erfreuliches Kapitel.
Ich bleibe aber bei unserer
Aussage, bei der ÖVP-Aussage, dass die Ausgaben, die für das Bau- und
Baunebengewerbe wirksam werden konnten, vernachlässigt wurden.
Nun will ich auch nicht darauf
eingehen brutto – netto, ein paar Tausend, ein paar Millionen dies und jenes.
Ich will mich auf den Zahlenstreit im Detail nicht einlassen. Was ich hier
mitteilen möchte, Herr Vizebürgermeister: Ich kann dazu nur sagen,
Wirtschaftsankurbelung stelle ich mir einfach anders vor. Besondere
Anstrengungen würden ja hier besonders Not tun, denn wir wissen, auch wenn Sie
das irgendwie in ein anderes Licht gesetzt haben, dass die Bauwirtschaft nicht
so gut dasteht und dass auch die Arbeitsplatzsituation im Bauwesen, im Bau- und
Baunebengewerbe nicht sehr blendend ist. Wir wissen, dass zwischen 1996 und
2001 21 Prozent der Beschäftigten in der Wiener Bauwirtschaft verloren
gingen und dass im Winter 2002/2003 zeitweise über 10 000 Beschäftigte am
Bausektor arbeitslos waren. Ich glaube, das spricht für sich und das hätte
erwarten lassen, dass man hier anders von der Politik her reagiert hätte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte noch auf einen Bereich
ausführlicher eingehen, der heute auch schon angesprochen wurde, vom Herrn
Klubobmann Chorherr zum Teil sehr emotional hier vorgetragen wurde. Ich werde
es wahrscheinlich ein wenig sachlicher bringen, aber es gehört hier wirklich
ausführlich diskutiert, und zwar ist das die Politik der Ausgliederungen.
Neben der Unternehmensbildung
gemäß § 57 der Wiener Stadtverfassung erleben wir nämlich gerade in
letzter Zeit eine zunehmende Verästelung kommunaler Aufgaben, geparkt in
Kapitalgesellschaften, die zur totalen
Unübersichtlichkeit führen und wo eine Kontrolle auch durch andere politische
Kräfte in diesem Haus außer der Mehrheitsfraktion schwierig bis sogar unmöglich
ist. Von einer Mitwirkung rede ich jetzt gar nicht, ich rede jetzt nur einmal
von der Information und von der Kontrolle.
Dort, wo kommunale Verantwortung
besteht, entweder soziale Verantwortung oder Verantwortung zur Daseinsvorsorge,
zur Versorgung, wie zum Beispiel bei den Wiener Verkehrsbetrieben oder WIENER
LINIEN heißen sie jetzt, oder dort, wo Verantwortung gegenüber der
Infrastruktur eines prosperierenden Wirtschaftsstandortes besteht, wie zum
Beispiel beim Betrieb des Wiener Hafens oder der Wiener Messe, und gleichzeitig
im unternehmerischen Sinne gehandelt werden soll, so dass eine
Wettbewerbsfähigkeit weiter bestehen bleibt oder gegeben ist, sehe ich es ein,
dass Kapitalgesellschaften wahrscheinlich die geeignetere Form sind als
Magistratsabteilungen, die das verwalten.
Nicht einzusehen ist allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren,
dass das Eigentum der Stadt Wien, und daher indirekt das Eigentum der Wiener
Steuerzahler, von einer einzigen Partei verwaltet und kontrolliert wird, wie
dies derzeit der Fall ist. Oder ist wirklich beabsichtigt, dass aus der Stadt
Wien eine SPÖ-GesmbH wird?
Die Wiener ÖVP verlangt daher entsprechende Informations- und
Kontrollmöglichkeiten und wir wollen, dass wiederum eine Beteiligungskommission
eingesetzt wird, und es hat auch schon unser Klubobmann Tschirf heute dazu
einen Antrag eingebracht. Eine Beteiligungskommission, wie sie sie bis 1987
gegeben hat und die auch ihren Namen damals verdient hat. In dieser Kommission
waren alle Parteien des Gemeinderates vertreten und sie hat in ihrer
zehnjährigen Tätigkeit ihre Aufgabe weit besser erfüllt als dies heute der
Unterausschuss des Gemeinderatsausschusses für Wirtschaft und Finanzen
darstellt. Sie hat nämlich mindestens viermal pro Jahr getagt, was dieser
Unterausschuss bisher nicht gemacht hat, die Mitglieder der Kommission
erhielten fast gleichzeitig wie der Aufsichtsrat der Gesellschaften die
entsprechenden Daten und wurden auch zeitgerecht von unternehmerischen
Entscheidungen unterrichtet. Und ich glaube, dass das die Pflicht wäre, auch
gegenüber dem Wiener Steuerzahler, dass man diese Möglichkeit wieder schafft.
Für mehr als bedenklich allerdings, meine sehr geehrten
Damen und Herren, halte ich es, dass neben den Fonds, oder aus den Fonds heraus
weitere Gesellschaften gegründet werden. Hier führe ich als Beispiel
insbesondere den Wirtschaftsförderungsfonds an - wiewohl auch im WAFF diese
Gesellschaftsgründungen ja gang und gäbe sind und die drei Arbeitsbereiche, in
die der WAFF gegliedert ist, von GesmbHs wahrgenommen werden. Ich kritisiere
nämlich die zunehmenden Gesellschaftsgründungen aus diesen Fonds heraus zu
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