Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 122
"Auch für 2003 kann aus heutiger Sicht und Basis
des Wirtschaftsplanes davon ausgegangen werden, dass ein weiterer
Rücklagenverbrauch zur Ausfinanzierung des KAV erforderlich sein wird. Ohne
Setzung von Maßnahmen ist auf Basis der derzeitigen Kosten- und
Einnahmenentwicklung mit den gegebenen Zuschüssen keine Ausgabendeckung
möglich."
Ja, was heißt denn das
längerfristig? Viel deutlicher kann man es ja nicht in einen Jahresabschluss
hineinschreiben, dass kein Geld mehr vorhanden ist, dass es tatsächlich zu
Umstrukturierungsmaßnahmen kommen muss.
Und da finde ich es dann zum
Beispiel bedauerlich, wenn im Stadtsenat auf eine Frage von mir, und da geht es
immerhin um 45 Millionen EUR, warum man im Bericht des KAV liest,
dass die MA12 dem KAV 45 Millionen EUR schuldet, keine Antwort kommt.
Zumindest keine zufriedenstellende Antwort. Die Antwort ist bestenfalls die
gewesen: Ja, wir werden uns das noch genauer anschauen und wir verhandeln
irgendwie über einen Vergleich. Aber ich finde auch im Budget – im Budget der
Stadt Wien übrigens – keine Rückstellung dieser 45 Millionen EUR an
den KAV.
Und jetzt ganz gleich, weil es
sich in dem einen nur um eine ausgegliederte Magistratsabteilung handelt und im
anderen um eine direkte Magistratsabteilung, dennoch, und das bleibt dann
übrig, fehlen 45 Millionen EUR, die normalerweise, und wir schauen
uns das dann für 2003 an und für 2004 weiter an, zu bezahlen wären. Und wo kommen
diese denn plötzlich her? Oder ist damit zu rechnen, dass es einfach weitere
Budgetkürzungen, so schleichende Budgetkürzungen, gibt für das Unternehmen
Krankenanstaltenverbund? Wir werden es sehen. Ich denke und ich hoffe und ich
erwarte mir, dass zumindest zu dieser Frage, was mit den Schulden der
MA 12 an den Krankenanstaltenverbund passiert, im Rahmen des
Rechnungsabschlusses noch Auskunft gegeben wird.
Den Bereich Wirtschaftspolitik hebe ich mir für die Spezialdebatte auf
und komme daher zu einem Ausblick und zu Alternativen. Weil das, was sich
gezeigt hat, wenn man das Budget genau durchliest, ist, wie gesagt, einerseits
eine Mangelverwaltung. Es wird aufrecht erhalten, es muss aufrecht erhalten
werden, zum Teil auch ob der gesetzlichen Vorschriften. Wobei ich nicht darüber
reden will, wie schwer es zum Teil für SozialhilfebezieherInnen ist, zu ihrem
Geld zu kommen. Aber noch gibt es die Bereitstellung von mehr Finanzmitteln,
weil es eben die gesetzlichen Vorgaben gibt. Es geht vielmehr meines Erachtens
darum, auch eine positive Auflösung dieser Rechnungsabschlussdebatte irgendwie
vorzunehmen. Und da gehört meines Erachtens jedenfalls dazu, und vielleicht
unterstützt die FPÖ diesen Vorschlag, diesen innerösterreichischen
Stabilitätspakt schnellstmöglich aufzukündigen beziehungsweise anzuerkennen,
dass der Bund mit seiner Budgetdefizitsituation diesen innerösterreichischen
Stabilitätspakt schon von selbst aufgekündigt hat. Gott sei Dank, weil das ist
ein Gängelband, das nicht länger zu ertragen ist.
Es gehört aber genauso dazu, dass innerhalb der Gemeinde Wien jetzt
einmal Schluss gemacht wird mit einem weiteren Personalabbau, dass man, bevor
Personal abgebaut wird, eher einmal schauen sollte, ob nicht in manchen
Bereichen überdurchschnittliche Mehrleistungen etwas zurückgefahren werden
können.
Und dann wäre tatsächlich einmal zu überlegen, ob Wien nicht Vorbild
sein soll mit seinen rund 70 000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im
Bereich der Arbeitszeitverkürzung. Nicht nur der Wochenarbeitszeitverkürzung, sondern
natürlich auch Sabbaticals, Bildungskarenzen et cetera.
Darüber hinaus müsste gerade Wien auf Grund seiner spezifischen
Situation seine Aktivitäten im EU-Bereich verstärken, insbesondere in dem
Bereich, dass es wieder möglich wird, nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik
betreiben zu können, zumindest zu einer Zeit, wo die Arbeitslosenrate in einer
Region wie Wien immer wieder zwischen 8 und 10 Prozent schwankt. Das wären
notwendige Punkte.
Da muss man aber Initiativen setzen. Und nur damit nicht gleich ein
Missverständnis auftritt: Da geht es nicht um weniger Transparenz, sondern da
geht es einfach um die Möglichkeit der regionalen nachfrageorientierten
Wirtschaftsförderung, weil wir haben gesehen, wohin letztendlich – und da steht
Wien im Verhältnis sogar noch ganz gut da – dieser ruinöse Standortwettbewerb
die europäische Konjunktur geführt hat. Weil das ist nicht von ungefähr
gekommen, dass es in Europa zu einem Konjunktureinbruch gekommen ist. Ja, auch
die geopolitische Lage, die Weltlage, all das spielt eine Rolle. Aber einen
mindestens so großen Stellenwert hat, dass sich in den letzten 25 Jahren
die Wirtschaftspolitik von einer nachfrageorientierten zu einer
standortorientierten Angebotspolitik gewandelt hat. Und das hat dazu geführt,
dass sich die Kommunen vielfach ausgeblutet haben und Unternehmen über lange
Jahre hinweg immer größere Gewinne lukrieren konnten. Das ist ein Problem, und
das muss auch seitens Wiens tatsächlich wieder geändert werden.
Darüber hinaus ist es selbstverständlich, dass wir verstärkte
Investitionen einfordern, vor allem im Bildungsbereich statt Einsparungen im
Pflichtschulbereich, dass im Gesundheitsbereich die nötigen Mittel
bereitgestellt werden und endlich in Transdanubien, im 21. und im
22. Bezirk, die notwendige Gesundheitsvorsorge getroffen wird. Viele
Menschen reden schon davon, dass es notwendig und sinnvoll wäre, das SMZ Ost
auszubauen. Was passiert? Nichts!
Und letztendlich geht es neben einer forcierten Förderung der
Nahversorgung auch darum, die öffentlichen Verkehrsmittel schneller und
forcierter auszubauen und darüber hinaus nicht zu vergessen, dass auch eine
fahrradgerechte Stadt mit zur Lebensqualität in Wien beitragen kann.
Insofern hoffe ich doch, dass diese Rechnungsabschlussdebatte
einen Sinn hat. Wobei ich bei ÖVP und FPÖ glaube, dass es fast egal ist, was
hier gesprochen wird, weil Ihre Argumentation und Ihre Unleistungen auf
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