Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 122
Und das
traurige Armutszeugnis des Budgets der Stadt Wien, wo ich sage, das ist eine
Mangelverwaltung, stellt sich ja die Stadt Wien und der Finanzstadtrat in
seinem Vorwort selbst auf. Und da will ich überhaupt nicht darauf eingehen, wer
jetzt verantwortlich ist für die Arbeitslosen. Ist es die Stadt Wien oder ist
es die Bundesregierung? Ja, es sind die wirtschaftspolitischen und
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die auf allen Ebenen durchgezogen werden.
Das sage ich sowohl Ihnen von der ÖVP und FPÖ als auch den Kollegen und Kolleginnen
der Sozialdemokratie. Ich werde später noch darauf zu sprechen kommen. Aber wer
den innerösterreichischen Stabilitätspakt unterschrieben hat, hat diese
Wirtschaftspolitik der Bundesregierung mitgetragen.
Aber ich komme zurück. Im Vorwort, ich glaube im ersten Absatz, steht:
"Das Budgetjahr 2002, für das wir jetzt die Jahresrechnung legen, war im
Wirtschaftsgeschehen und in der Entwicklung des Arbeitsmarktes durch einen
Konjunktureinbruch, den Verlust von Arbeitsplätzen und den damit verbundenen Anstieg
der Arbeitslosenzahlen geprägt."
Ja, es stimmt. Aber was hat die Stadt Wien dagegen gemacht? Das muss man
sich angesichts des vorliegenden Budgets und der diversesten Anhänge
tatsächlich fragen.
Schauen wir einmal im Pflichtschulbereich. Da haben wir 549 Lehrer,
glaube ich, eingespart. Bravo! Sie haben im Wahlkampf noch versprochen: Kein
einziger Lehrer wird eingespart. 2002: 549 weniger, 2003 geht es weiter, bis
10 Prozent eingespart sind.
Was passiert denn im Bereich der Wiener Stadtwerke? 500 Planposten,
500 Personen eingespart. Und die Wiener Stadtwerke rühmen sich in ihrem
Jahresbericht dessen: Wir kommen mit 500 Personen weniger aus.
Ist es das, wie Sie Arbeitsmarktpolitik machen? Ist es das, wie Sie
Sozialpolitik machen? Und das waren nur zwei kleine Bereiche, wo die Stadt Wien
doch noch eine direkte Einflussmöglichkeit hat. Wie schaut es denn in den
anderen Bereichen aus? Wir werden später auf diese Sachen noch zurückkommen.
Schauen wir uns an, was die Stadt Wien tatsächlich hervorhebt. Die Stadt
Wien hebt hervor, dass es gelungen ist, den Maastricht-relevanten Überschuss zu
erwirtschaften. Das ist die einzige Hervorhebung des Herrn Finanzstadtrates in
seinem Vorwort: Wir haben den Maastricht-Überschuss von
339 Millionen EUR erwirtschaftet. In einer Zeit, wo selbst
geschrieben wird: Konjunktureinbruch, Verlust von Arbeitsplätzen et cetera.
Im Nachhinein betrachtet muss man sich fragen: Ist das wirklich eine
sinnvolle Politik? Wobei ich Ihnen schon Recht gebe, wenn Sie über den Kollegen
Kabas lachen, wenn er sagt, er will eine nicht prozyklische Konjunkturpolitik.
Herr Kabas, haben Sie die letzten zwei, drei Jahre auf Bundesebene verschlafen?
Schließlich war es doch vor allem Ihr Finanzminister, der gesagt hat, das
Nulldefizit ist ein Dogma. (GR Mag Hilmar Kabas: Der Grasser ist nicht
Finanzminister für die FPÖ!) Also wenn mich nicht alles täuscht, war der
Grasser Finanzminister für die FPÖ. Bis zu den letzten Wahlen zumindest. Ja,
jetzt ist er angeblich parteifrei. Aber Ihr Finanzminister war es jedenfalls,
der das Nulldefizit und den innerösterreichischen Stabilitätspakt aufs Tablett
gebracht hat. Und dann stellen Sie sich her und reden von einer prozyklischen
Konjunkturpolitik, die Sie ablehnen. (GR Mag Hilmar Kabas: In Wien!) Ja,
und in Wien schaut es ganz anders aus.
Aber kommen wir zurück zum innerösterreichischen Stabilitätspakt, und
selbst das haben Sie nicht angekündigt, weil es gebe jetzt natürlich eine
ernsthafte Argumentation, die man in Wien durchziehen könnte. Real hat der Finanzminister
mit der Vorlage des Budgetvoranschlages den innerösterreichischen
Stabilitätspakt außer Kraft gesetzt. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst
geworden ist, aber der Bund hat sich verabschiedet von seinem Ziel im
innerösterreichischen Stabilitätspakt. Jetzt könnte die Stadt Wien doch sofort
sagen: Ja, der Sanktionsmechanismus, der im innerösterreichischen
Stabilitätspakt fixiert ist, möge doch in Kraft gesetzt werden. Na, was glauben
Sie, wie schnell der innerösterreichische Stabilitätspakt aufgehoben ist?
Unterstützen Sie uns in diesem Ansinnen, diesen innerösterreichischen
Stabilitätspakt in konjunkturschwachen Zeiten aufzuheben! Weil dann hätte die
Stadt Wien tatsächlich wieder mehr finanzielle Möglichkeiten.
Jetzt ist mir schon klar, dass das administrative Defizit und das
Maastricht-Defizit nicht 1 zu 1 umzulegen ist, dass man nicht sagen kann, man
nimmt jetzt die 339 Millionen EUR und gibt es für etwas anderes aus.
Aber bei einem Teil davon könnte man das schon tun, bei zwei, drei, vier Milliarden,
und jetzt sage ich es absichtlich in Schilling, die man jetzt anders verwenden
könnte. Und wenn man das vergleicht mit dem Budget früherer Jahre, dann merkt
man: Das ist der Unterschied zwischen Mangelverwaltung und der Möglichkeit,
aktive Finanz- und Wirtschaftspolitik zu gestalten. Weil viele finanzielle
Mittel, die in Wien ausgegeben werden, sind durch diverseste langjährige
Verträge, Personalgeschichten, Aufgabengebiete eigentlich fix. Der Spielraum,
den Wien jedes Jahr tatsächlich hat, das wissen wir alle ganz genau, ist ja nur
ein Bruchteil dessen, was die Budgetsumme ausmacht. Und genau diese
200 Millionen, 250 Millionen EUR, wo Wien es sich sehr wohl auf
Grund seiner Finanzlage leisten könnte, sich auch administrativ tatsächlich zu
verschulden und wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch etwas zu gestalten,
genau dieser Spielraum wird nicht genutzt. Und dafür ist meines Erachtens sehr
wohl die Sozialdemokratie in Wien ebenso verantwortlich wie die blau-schwarze
Bundesregierung auf Bundesebene.
Kommen wir noch kurz zurück zu
einigen Punkten, die im Zuge der Spezialdebatte selbstverständlich angeführt
werden, die aber bislang nur kurz angesprochen wurden.
Bereich Gesundheit. Zu sagen, die
Wiener Spitäler stehen tatsächlich vor dem Bankrott, ist wahrscheinlich ein
bisschen übertrieben. Aber im Jahresabschluss des Unternehmens
Krankenanstaltenverbund ist wortwörtlich zu lesen:
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