Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 122
Rechnungsabschlusses.
Vielleicht sollten sich das auch die FPÖ und die ÖVP eingestehen, dass man sich
schwer getan hat. Das kann passieren.
Wir werden die nächsten zwei Tage nutzen, um zu zeigen, dass Wien einen
richtigen finanzpolitischen Weg eingeschlagen hat. Wien hat seine Schulden
reduziert, Wien hat die geringste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer und
Gemeinden, einen ausgeglichenen Haushalt und hat, wie ich meine, das Geld
richtig eingesetzt. Für uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, Grund genug,
diesem Rechnungsabschluss 2002 die Zustimmung zu erteilen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr
GR Dipl Ing Margulies. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Redezeiten
jetzt ab kommendem Redner 20 Minuten betragen.
GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Einen schönen Tag!
Wir reden, so hoffe ich doch, über ein und denselben Rechnungsabschluss.
Ich möchte kurz beim Kollegen Oxonitsch gleich einsetzen. Jawohl, es
steht auf unserer Homepage oben, dass die Lesbarkeit des Rechnungsabschlusses,
nicht das Lesen können, die Lesbarkeit sehr zu wünschen übrig lässt. Und das
hängt mit der Aussagekraft natürlich auch zusammen. Auf Grund der Vielzahl der
Ausgliederungen der vergangenen Jahre – Wiener Stadtwerke, Wiener Wohnen,
Krankenanstaltenverbund, Fonds Soziales Wien, Museen et cetera – kommt es
innerhalb des Budgets auch immer wieder zu einnahmen- und ausgabenseitigen
Doppelverrechnungen. Dieses Budget ist nur mehr in Teilbereichen transparent
und spiegelt die reale Situation, wie sie in Wien herrscht, kaum mehr wider.
Ich möchte nur drei Zahlen dazu nennen, obwohl mir schon klar ist, dass
man Bilanzsummen nicht mit einer Budgetsumme im Vergleich der kameralistischen
Budgetierung 1 zu 1 vergleichen kann. Man müsste bei dem einen etwas dazugeben,
beim anderen etwas wegnehmen. Aber das Wiener Budget hat im Großen und Ganzen
9,6 Milliarden EUR. Wenn man jetzt die diversesten Rücklagen,
Doppelverrechnungen et cetera wegnimmt, zieht man ungefähr
2 Milliarden EUR ab, bleiben immer noch 7,6 Milliarden EUR.
Die Bilanzsumme von Wiener Wohnen beträgt 9,2 Milliarden EUR.
Die Bilanzsumme der Wiener Stadtwerke beträgt 9,5 Milliarden EUR. Die
Bilanzsumme der Unternehmung "Wiener Krankenanstaltenverbund" beträgt
4,2 Milliarden EUR. Wohnen, Daseinsvorsorge, Gesundheit: die
Bilanzsummen dieser Bereiche übersteigen das kameralistische Budget der Stadt
Wien um mehr als das Doppelte. Wie soll man denn da tatsächlich noch davon
sprechen, dass im Budget der Stadt Wien bei den drei wesentlichsten Bereichen,
Wohnen, Stadtwerke und Gesundheit, die reale Situation auch wirklich
dargestellt wird?
Und das ist ein großes Problem im Zusammenhang mit den bestehenden
Ausgliederungen. Ich hoffe, wir werden dieses Problem in den kommenden Jahren
durch Ausgliederungsberichte, durch entscheidende Diskussionen, wie es mein
Kollege Chorherr gesagt hat, bei Entscheidungen auch wieder im Gemeinderat in
den Griff bekommen, damit der Gemeinderat der Stadt Wien nicht über Peanuts und
Nebensächlichkeiten entscheidet, sondern tatsächlich über diejenigen Sachen
entscheidet, die die Bevölkerung in Wien massiv betreffen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Angesichts dessen, und das möchte ich mir doch nicht ersparen, möchte
ich kurz zum Herrn GR Kabas zwei, drei Sachen sagen. Wenn er einerseits der
Meinung ist, gerade punkto Ausgliederung muss in Wien doch einiges an
Kontrollrechten passieren, muss einiges an Eingliederung et cetera passieren:
Ja, Kollege Kabas, wenn die Wiener GRÜNEN punkto Ausgliederungen solche
Forderungen erheben – das trifft auch die ÖVP –, dann ist das zu Recht. Wenn
ÖVP und Freiheitliche diese Forderungen erheben, dann dient es wahrscheinlich
demselben wie auf Bundesebene: Zuerst setzen Bartenstein, Schüssel, Grasser, Prinzhorn
ihre politischen Günstlinge in die Aufsichtsräte der ÖIAG, ihre politischen
Günstlinge in die Bereiche, wo der Staat noch Beteiligungen hält. Und dann
werden genau diese Bereiche privatisiert, absurderweise zur Gänze privatisiert
und das öffentliche Eigentum billigst verschachert.
Diese Politik lehnen wir ab, und wir wünschen uns beim besten Willen,
dass Sie bei der Privatisierungs- und Ausgliederungspolitik in Wien niemals
etwas zu reden haben werden, weil dann schaut es so aus wie im Bund, und das
wäre tatsächlich eine wirtschaftspolitische Katastrophe und würde nur dazu
führen, dass Ihre politischen Günstlinge auch in Wien alles kaputt machen und
zerstören wollen. Das lehnen wir ab! (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Und es zeigt sich ja, wenn der Kollege Tschirf über die Feuerwehr
spricht. Vielleicht wollen Sie auch, dass die Feuerwehr irgendwann einmal
ausgliedert wird, wer weiß das schon. Vielleicht wollen Sie sie dann
privatisieren, damit niemand mehr dreinredet. Aber da gibt es den größten
Angriff auf die Rechte der Bevölkerung mit der Pensionsreform, und die
überparteiliche Feuerwehr setzt sich zur Wehr, indem sie von einem bestehenden
Streikrecht Gebrauch macht, und legt einen Schaumteppich, eine wohl wirklich
harmlose Maßnahme, vor der ÖVP-Zentrale. Wäre es woanders gewesen, dann wäre
der Schaumteppich wahrscheinlich gar nicht erwähnt worden. (GR Johannes
Prochaska: Das wissen Sie nicht!)
Ich bin froh, dass wir eine Feuerwehr haben, die sich gegen diese
unsoziale Pensionsreform zur Wehr setzt. Weil die Feuerwehr soll helfen, und in
diesem Fall hat die Feuerwehr der Bevölkerung geholfen, dass sie aufmerksam
gemacht hat, wie diese Pensionsreform auf Bundesebene durchargumentiert wird. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPÖ.)
Aber jetzt kommen wir zum Budget der Stadt Wien.
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