Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 80
die Stimmen der Freiheitlichen und der GRÜNEN, so
angenommen.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 48 der
Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft das Plandokument 7506 im
3. Bezirk, KatG Landstraße.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn GR Valentin,
die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter GR Erich VALENTIN:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Frau GRin Trammer. Ich erteile es ihr.
GRin Heike Trammer (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Und wieder einmal schlägt die Planungskeule zu! Kaum
hat das zukunftsweisende Projekt "Town Town" das Licht der Welt
erblickt, wird es ebenso schnell zum Todesstoß für wehrlose Firmenbesitzer.
Dabei wären die Entwicklungsziele ja durchaus sinnvoll. Man plant
Flächenvorsorge für Wohnraum, Flächenvorsorge für Arbeits- und
Produktionsstätten, Bedachtnahme auf Nutzungsvielfalt, Vorsorge für Sport- und
Erholungseinrichtungen, Vorsorge für zeitgemäße Verkehrsflächen und Vorsorge
für öffentliche Einrichtungen des Bundes, Verwaltungs- und
Bildungseinrichtungen in diesem Fall.
Dennoch ist es den Planungsverantwortlichen wieder
einmal gelungen, des Bürgers Feind zu sein, denn man nimmt ihm rücksichtslos
sein Eigentum, und das anscheinend frei nach der radikal-sozialistischen These:
Eigentum ist Diebstahl. Qu'est-ce que
la propriété?
Einige Beispiele:
Erster Punkt: die Baubeschränkungen auf
60 Prozent der Liegenschaftsflächen. Wie man dem Plandokument 7506
unschwer entnehmen kann, sind einige Firmen von der 60-prozentigen
Baubeschränkung betroffen, und dies kommt, meine Damen und Herren, einem
Baustopp und somit einer De-facto-Enteignung gleich, da eine Vergrößerung der
Betriebe auf den betroffenen Liegenschaften schlichtweg blockiert wird. Die
Grundeigentümer haben sich ja den Baugrund gekauft, um bei wirtschaftlich guter
Lage auch ihre Betriebe erweitern zu können, das heißt also, um Arbeits- und
Produktionsstätten zu schaffen – ganz im Sinne des eigentlichen Planungszieles.
Interessant ist aber auch, dass sich im
Erläuterungsbericht der MA 21 keinerlei Begründung für die vorgesehene
60-prozentige Baubeschränkung findet.
Zweiter Punkt: Als ob diese Eingriffe in die
Eigentumsrechte nicht schon genug wären, plant das eiskalte Planungshändchen
Weiteres. Nicht nur, dass 40 Prozent der Betriebsbaugründe nicht mehr
bebaut werden dürfen, nein, sie müssen auch noch gärtnerisch ausgestaltet
werden. So heißt es im Antrag zu Änderung des Flächenwidmungs- und
Bebauungsplanes unter Punkt II, 3. Absatz, zweiter Satz – ich zitiere
–: "Nicht bebaute, jedoch bebaubare Baulandflächen, mit Ausnahme von
Zufahrten und Rangierflächen, sind gärtnerisch auszugestalten." Im
vorliegenden Flächenwidmungsplan ist dies natürlich nicht ersichtlich. Dazu muss
man ganz besonders das Kleingedruckte lesen, denn der Teufel liegt bekanntlich
im Detail.
Eine zwangsweise gärtnerische Ausgestaltung von
Bauflächen, so wie es hier gefordert wird, verhindert ihre Nutzung und zerstört
daher die Lebensgrundlage der Betriebseigentümer. Das klingt unglaublich – ist
es auch.
Ein konkretes Beispiel: Ein Betroffener besitzt
2 600 Quadratmeter Betriebsbaugrund, 1 000 Quadratmeter sind
bereits verbaut, die restlichen 1 600 Quadratmeter darf er hinkünftig nur
noch zu 60 Prozent verbauen, das sind 960 Quadratmeter, die
restlichen 640 Quadratmeter muss er begrünen und gärtnerisch ausgestalten,
und das in einem reinen Betriebsbaugebiet mit geschlossener Bauweise, wobei die
Zwangsbegrünungen ja nicht einmal von der Straße aus sichtbar sind. Aber welch
romantische Vorstellung: Da können sich dann Lagerhallen und Produktionsstätten
malerisch an Rosen und Narzissen schmiegen, und umgeben vom Reifenduft der
Firma Kohout stäubt dann vom Baum der Flockenflaum wie leichter Blütenregen.
Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, Herr Stadtrat
– bei aller Begeisterung für Romantik. Das Einzige, sehr geehrte Damen und
Herren, was die Betriebseigentümer sich dorthin pflanzen könnten, wäre eine
Trauerweide, denn dann könnten sie tagtäglich ihren Baugrund betrauern, den sie
nun nicht mehr bebauen dürfen.
Aber es geht noch weiter. Da geht es um die neuen
Baufluchtlinien mit 5 Metern Abstand zur Baulinie am Beispiel
Franzosengraben, Baumgasse. Und jetzt wird es ein bisschen kompliziert. Die
bestehende Baulinie, die bis zum Gehsteig Franzosengraben beziehungsweise
Gehsteig Baumgasse reicht und von den dort ansässigen Firmen auch bis dorthin
rechtskonform verbaut wurde, soll nun nach dem uns hier vorliegenden Plan
5 Meter zurückversetzt werden. Der dadurch entstehende Vorgarten muss, so
sieht es der Antrag der MA 21 vor, gärtnerisch ausgestaltet werden.
Dazu ist zu bemerken, dass es ja bereits einen
Grünstreifen auf öffentlichem Grund gibt, nämlich sowohl zwischen Gehsteig und
Fahrbahn als auch in der Fahrbahnmitte des Franzosengrabens. Die bloße
Vorstellung, einen weiteren Grünstreifen zwischen Gehsteig und den bereits
errichteten Gebäuden herstellen zu wollen, gestaltet sich geradezu als
utopisch, denn die bestehenden, nach dem alten Flächenwidmungsplan rechtmäßig
errichteten Gebäude können ja nicht abgerissen werden, um einem Grünstreifen zu
weichen.
Ich verweise auf ein gültiges Urteil vom
Verwaltungsgerichtshof vom 8. Mai 1967, wonach die Behörde nicht befugt
ist, einen Auftrag zu erteilen, einen vom Konsens abweichenden Zustand
herzustellen. Die im Antragstext nachzulesende Begründung, dass – Zitat –
"eine Limitierung von über die Baulinie vorragenden Bauelementen erreicht
werden soll" – Zitat Ende –, ist geradezu lächerlich, da es überhaupt keine
Bauelemente gibt, die über die Baulinie ragen.
Vierter Punkt: Das ist die geplante Änderung der
Orientierungsnummer, und das ist auch so ein Schmankerl.
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