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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 80

 

Betroffen ist die Firma Reifen Kohout. Die soll nämlich in Hinkunft, wenn man sich den Plan ganz genau anschaut, nicht mehr die Adresse Franzosengraben 4 haben, sondern die Orientierungsnummern 6 und 8 erhalten. Damit ist den Planern eine ganz besondere fehlplanerische Glanzleistung gelungen. Auf der Liegenschaft des Reifenhandelsunternehmens Kohout sind unrichtigerweise die Worte "Rotes Kreuz" vermerkt. Tatsache ist, dass das Rote Kreuz auf dieser Liegenschaft weder angesiedelt noch tätig ist, sondern einen ganz anderen Standort besitzt, weshalb es auch eine ganz andere Orientierungsnummer hat. Die Orientierungsnummer 6 gehört zu einem Nachbargrundstück der Firma Kohout, über welches man das Rote Kreuz erreichen kann.

 

Nun gehört es mal zum Wesen einer Orientierungsnummer, dass sie der Orientierung beim Wiederfinden von Grundstücken dienen soll. Und weil weder die Firma Kohout noch das Rote Kreuz die Lage ihrer Liegenschaft geändert haben, würde die geplante Änderung der Orientierungsnummer von 4 auf 6 bedeuten, dass alle Personen, die zum Roten Kreuz gelangen wollen, bei der Firma Reifen Kohout landen.

 

Bravo! Das ist ein ganz tolles Planungsziel. Ich wusste gar nicht, dass die Magistratsabteilungen über so viel Humor verfügen. Ganz zu schweigen von den fehlgeleitenden Poststücken. Die Firma Kohout kann dann fürs Rote Kreuz die EKGs machen, und das Rote Kreuz kann die alten Autoreifen verarzten. In diesem Fall dient die Orientierungsnummer nicht der Orientierung, sondern vielmehr der Verwirrung. Sie würde somit wohl eher die Bezeichnung Verwirrungsnummer verdienen.

 

Zum Schluss eine kleine Pikanterie am Rande. Das Unternehmen Kohout wurde vor über 60 Jahren in Erdberg gegründet. 1990 musste man die gemietete Liegenschaft Erdbergstraße 210 im Sinne der Allgemeinheit an die Gemeinde Wien abtreten. Auch das sich im Eigentum der Mutter befindliche Grundstück Erdbergstraße/Franzosengraben wurde von der öffentlichen Hand benötigt. Heute befindet sich darauf das Servicecenter der Wiener Stadtwerke Wiener Linien.

 

Beide Liegenschaften wurden also der Allgemeinheit überlassen, im Gegenzug wurde die Liegenschaft Franzosengraben 4 erworben. Bevor es allerdings zur Errichtung neuer Betriebsgebäude kam, musste erst der dort illegal vergrabene Sondermüll beseitigt werden. Eine für die Gemeinde Wien tätige Autoverwertungsfirma – Autobusse und Straßenbahnen wurden da verwertet – hatte dort nämlich Sondermüll in Form von Kunststoffen und Altmetallen vergraben. Erst durch einen Zeitungsartikel in der Zeitschrift "NEWS" konnte die Gemeinde Wien von diesem versteckten Mangel überzeugt werden. Die Auseinandersetzung der Firma Kohout mit der Gemeinde Wien endete in einem Vergleich.

 

Wenn man jetzt sehr böse sein will, könnte man meinen, es handle sich bei der beabsichtigten Änderung des Flächenwidmungsplanes gerade in diesem Bereich um eine klitzekleine verspätete Rache. Aber sollte alles nur ein großes planerisches Missverständnis und kein Schildbürgerstreich sein, dann, Herr Stadtrat Schicker, geben Sie doch Ihrem Herzen einen Stoß und erteilen Sie unserem Abänderungsantrag, den ich hiermit einbringe, Ihre Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir beantragen, dass das Plandokument bezüglich des Standortes Rotes Kreuz berichtigt werden muss. Die neue Baufluchtlinie von 5 Metern zur Baulinie beim Franzosengraben hat zu entfallen. Das Plandokument ist bezüglich neuer Baufluchtlinien dahin gehend zu prüfen, ob die bestehende Rechtslage mit der neuen Zielsetzung verfassungskonform ist. Die 60-Prozent-Beschränkung der bebaubaren Liegenschaftsfläche soll entfallen, und die gärtnerische Gestaltung von unbebauten, aber bebaubaren Bauflächen soll nur für die Wohngebiete Gültigkeit haben.

 

Sollten Sie nicht zustimmen, meine Damen und Herren, müsste ich einmal mehr von einer unmenschlichen versteckten sozialistischen Enteignung sprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Meine Damen und Herren!

 

Bevor ich Herrn Hora das Wort erteile, nur eine kleine Korrektur für das Protokoll: Bei der vorangegangenen Postnummer 46 haben die Freiheitlichen zugestimmt. Ich habe das hier vom Vorsitz aus nicht so genau gesehen. – Bitte, Herr GR Hora.

 

GR Karlheinz Hora (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!

 

Liebe Kollegin Trammer, ich finde es ganz interessant, dass es wieder einmal gelingt, auf indirekte Weise eine Berufsgruppe in Misskredit zu bringen, ohne darüber zu sprechen. Indem Sie das Problem aufzeigen, das auf Grund einer Bauplatzteilung eine neue Nummerierung von 4 auf 6 und von 6 auf 8 erfolgt, meinen Sie, dass es die österreichische Post – aber ich kann mir ja auch schon vorstellen, wenn es einmal privatisiert ist, dann wird es vielleicht  nicht mehr so der Fall sein –, dass es also die Briefträger, wie sie sich heute noch nennen, nicht schaffen, die Post an der nächsten Nummer abzugeben. Also das halte ich ja, muss ich sagen, für ganz interessant, dass Sie da so eine indirekte, wenn Sie so wollen, Beschuldigung machen.

 

Schauen wir uns aber das Planungsgebiet jetzt ein bisschen ernsthafter an. Sie wissen, dass es sich um ein Planungsgebiet bei der Südosttangente handelt, Sie wissen, dass in diesem Planungsgebiet sehr viele Firmen ansässig sind, Sie wissen, dass das gemischte Gebiete sind, Sie wissen aber auch – und das ist vielleicht auch der Grund, warum Flächenwidmungspläne ganz wichtig sind –, dass die eine oder andere Durchlässigkeit zwischen den Blöcken dort nicht so vorhanden ist, wie man sich das in einer modernen Stadtgestaltung eigentlich vorstellt. Daher ist es sicher auch notwendig, die entsprechende Flächenwidmung so zu planen, dass eine fußläufige Durchgängigkeit vorhanden ist.

 

Interessant in diesem Zusammenhang ist aber auch, dass Sie von sich aus hier wortwörtlich sagen – ich hoffe, Sie ganz richtig verstanden zu haben –, ein Bauplatz

 

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