Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 80
Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Zum Wort gemeldet ist Herr Mag Maresch. Ich
erteile ihm das Wort.
GR Mag Rüdiger Maresch
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Meine Damen und
Herren!
Ich möchte am Anfang sagen, sinnvoller Weise werde ich
auch gleich zur Postnummer 49 reden, weil dann kann ich mir sozusagen eine
Wortmeldung ersparen. Er betrifft die Flächenwidmung in Simmering.
Jetzt zum Ausflug des Wiener Mülls in die Nähe von
Tulln: Im Umweltausschuss wurde ich von einem Kollegen, und zwar vom Kollegen
Kenesei, vertreten. Ich war also sehr erstaunt, was im Umweltausschuss als
Argumentation gekommen ist.
Aber zunächst einmal zur Sache: In Niederösterreich
gibt es eine Firma, die sich AVN - Abfallverwertung Niederösterreich nennt. Diese
ist natürlich eine Tochterfirma der EVN. In Niederösterreich ist das eben so.
Weiters ist es so, dass die Niederösterreicher gerne von uns
70 000 Tonnen Abfälle hätten, damit das in Dürnrohr verbrannt werden
kann, um Erfahrungen zu sammeln.
Ich finde es interessant, wenn man sich den Vertrag
durchliest, oder sozusagen das Papier, das im Akt gekommen ist, eine einjährige
Vertragsgenehmigung. Man muss sich das vorstellen: 70 000 Tonnen von
Wien nach Niederösterreich, zum Teil mit dem LKW, zum Teil mit dem Zug. Warum
das Ganze? Da steht: "für Versuche und zum Zweck der Inbetriebnahme der
thermischen Abfallverwertungsanlage in Dürnrohr" - es ist natürlich klar,
"Abfallverwertungsanlage" und "thermisch" freut die Frau
Stadträtin besonders - "verbrennbare Abfälle im Ausmaß von maximal
70 000 Tonnen aus Wien zu beziehen, und zwar" - jetzt kommt es -
"um damit die Zeit bis zur Anlieferung aus den niederösterreichischen
Gemeinden zu überbrücken". Es geht sozusagen darum, den Ofen mit Wiener
Müll vorzuwärmen. Keine Frage, die Frau Stadträtin war sofort dafür.
70 000 Tonnen zu günstigen Konditionen nach Niederösterreich. Das sind
Tausende Fahrten, wahrscheinlich ein paar LKWs.
Aber es geht noch weiter: "Für Wien ergäbe sich
damit die Möglichkeit, eine zusätzliche thermische Verwertung von nicht
gefährlichen Abfällen durchzuführen, um zusätzliche Erfahrungen" - das
finde ich besonders witzig - "für den Bau der in Planung befindlichen
Müllverbrennungsanlage III in der Pfaffenau zu sammeln."
Also erstens die Chuzpe, dass Simmering jetzt
Pfaffenau heißt und dass man nicht genau weiß, ob das vielleicht in
Niederösterreich ist, denn Pfaffenau ist gar nicht so leicht zu finden. (GR Heinz Hufnagl: Nicht Simmering heißt
Pfaffenau, sondern der künftige Betriebsstandort!) Ja, ich weiß schon, eine
Minigasse in Simmering. Aber PR-mäßig ist das kein schlechter Gag, muss ich
dazusagen. (GR Heinz Hufnagl: Sie heißen
auch nicht Herbert Fuchs!) Das ist richtig. Trotzdem denke ich mir,
Pfaffenau ist eine gute Idee. Das gebe ich ehrlich zu.
Der zweiter Punkt ist: "zusätzliche
Erfahrungen". Jeder Mensch weiß - man kann das überall nachlesen, Herr
Vorsitzender -, dass wir eigentlich Umweltmusterstadt sind. Das habe ich vor
kurzem in einer Presseaussendung von Ihnen gelesen. Wir haben eine superschöne
Müllverbrennungsanlage von einem unheimlich tollen Künstler, dorthin kommen
Leute aus der ganzen Welt, um Erfahrungen zu sammeln, und zwar in der
Spittelau, weil die einfach toll ist. Obwohl wir aber die Spittelau haben und
die tollen Erfahrungen aus der Spittelau in der ganzen Welt irgendwie berühmt
sind, fahren wir nach Dürnrohr und schauen, was die Niederösterreicher
zusammenbringen. Das ist nicht schlecht!
Wir sagen, dieser Chuzpe können wir nicht zustimmen.
Das nennt man anderswo "Mülltourismus". Ich denke mir, die Wiener
haben genug Erfahrung und die Niederösterreicher sollten, wenn sie schon
heizen, den eigenen Müll zum Vorwärmen des Ofens verwenden.
Aber jetzt zum zweiten Teil: Anlässlich der Debatte
berichtet mir der Kollege Kenesei, dass die Wiener eigentlich schon dem
Müllofen in Simmering zugestimmt haben. Eh klar, gibt es schon, dazu brauchen
wir nicht mehr den Gemeinderat, ist schon erledigt! Recherchieren wir nach, was
da geschehen ist.
Der erste Punkt war: Präsentation der SUP
Abfallwirtschaft. Da war die Rede von einem großen Müllofen in Simmering -
Pfaffenau hat es damals noch nicht gegeben - und der Sperre des Flötzersteigs.
Dann Auftritt des Herrn Bürgermeisters: Nein,
Flötzersteig wird nicht zugesperrt, Simmering ein bisschen kleiner gebaut und
das ist es dann.
Die nächste Sache war die Errichtung einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Planung, Projektierung und Errichtung
von Anlagen zum Zweck des Umweltschutzes in Form der Sammlung, Behandlung und
Verwertung von Abfällen jeder Art mit einem Stammkapital von
60 000 EUR. Das heißt dann, man gibt die Broschüren vom Umweltzentrum
Simmering heraus, gemacht wird das alles von der Wiener Kommunalen
Umweltschutzprojekt GesmbH, der WKU. Die WKU macht das.
Mit der Zustimmung zur WKU haben wir eigentlich dem
Müllofen zugestimmt, wobei ich mir denke, da steht nur "Planung,
Projektierung und Errichtung von Anlagen". Das heißt, wenn ich irgendwo
einen Mistkübel aufstelle, habe ich das mit dieser Genehmigung auch schon erledigt.
Jetzt das Dritte: Heute stimmen wir einer
Flächenwidmung - wir nicht, aber die SPÖ - in Simmering zu, wobei
hundertprozentig klar ist, wir haben zuerst einen Bericht zur Kenntnis genommen
- wir nicht, aber alle anderen haben sich gedacht, der Bericht ist super, passt
schon -, dann haben wir der Errichtung der WKU zugestimmt, die auf der ganzen
Welt irgendwelche Anlagen planen darf und anschließend stimmen Sie einer
Flächenwidmung zu. Damit haben wir klarerweise einem Müllofen zugestimmt, von
dem niemand wirklich weiß, wie viel Kapazität er haben wird. Es weiß niemand,
wie viel das kostet, und das war es.
Das ist undemokratisch! Damit beende ich meine
Wortmeldung. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
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