Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 80
hätte man nur diese Chance wahrgenommen und das Gespräch
gesucht.
Warum ich das so betone? Ich habe hier einen Akt aus
dem Jahre 1990 gefunden. Hier heißt es: „Über Anregung des Kontrollamtes
der Stadt Wien hat eine Neuregelung der Verteilung der Sportgroschenmittel zu
erfolgen. Zur Abklärung der Standpunkte darf zu einer Besprechung für
Donnerstag“ - in dem Fall – „29. November 1990 um 8 Uhr 30
in die Magistratsabteilung 51 ins Zimmer des Abteilungsleiters
Ebendorferstraße“ - und so weiter – „gebeten werden.“
Na damals hat man sehr wohl gewusst, was sozusagen
ein gewisser zwischenmenschlicher Aspekt und eine gewisse Diskussionskultur
auch einfordert, dass man mit den Betroffenen das Gespräch sucht. Das ist sehr
schade und das ist auch der gravierende Punkt, den wir Ihnen kritisch anmerken
und anlasten müssen, weil diese Dinge, die heute hier beschlossen werden und
zum Teil zuletzt schon im Gemeinderatsausschuss beschlossen wurden, ohne
Einbindung und ohne Mitwirkung der betroffenen Dachverbände und des Wiener
Fußballverbands erfolgt sind.
Nun, in diesem Akt wird unter anderem auch auf die
BSO Bezug genommen. Die BSO hat einen genauen Verteilungsschlüssel, der da
lautet: 41 Prozent für die Dachverbände, 38 Prozent für den
Österreichischen Fußballbund, 17 Prozent für die Fachverbände und
4 Prozent für das ÖOC.
Derzeit gibt es auf dieser Ebene eine heftige
Diskussion über die Mittelzuteilung, vor allem in der Höhe von 38 Prozent
an den Österreichischen Fußballbund, aus dem einfachen Grund, weil der Fußball
ein derartig attraktiver Sport ist, dass er auch über Werbeeinnahmen gigantisch
viel Geld lukrieren kann und über die ursprünglichen Totomittel, die sozusagen
die Geldbringer waren, gar nicht mehr die entsprechenden Summen aufbringen
kann. Daher wird das wahrscheinlich, soweit ich die Tendenz mitverfolgen kann,
in diesem Schlüssel nicht mehr zu halten sein. Der Fußballbund wird hier eher
weniger bekommen, aber die Dachverbände mehr.
Was machen wir in Wien? Wir machen es genau
umgekehrt. Wir nehmen den Dachverbänden von ihren ursprünglich rund
17 Prozent rund 5 Prozent weg und geben dem Wiener Fußballverband
mehr als doppelt so viel als er bisher bekommen hat. Dass der sich natürlich
darüber freut, muss man nicht extra erwähnen oder diskutieren. Das ist wohl
klar und anzunehmen.
Die Antwort auf die Frage, warum Sie das so machen,
sind Sie uns allerdings bislang schuldig geblieben, zumal ich auch hier eine
kleine Rechnung anstellen möchte. All die Summen, die bislang aufgewendet
wurden, die zum Beispiel - ich nehme nur das Hanappi-Stadion her - für die
Überdachung oder für den Garagenbau aufgewendet wurden und von der MA 51
gekommen sind, sind ein Zigfaches von dem, was pro Jahr für die Förderung des
Breitensports ausgegeben wird. Ich kritisiere das nicht im Hinblick darauf,
dass das so geschehen ist, sondern ich kritisiere den aktuellen Stand der
Diskussion und Überlegung, wie er von der Mehrheit der SPÖ in diesem Hause,
leider, sage ich, aller Voraussicht nach mitgetragen wird, weil man die
Relationen damit in eine Situation bringt, die nicht mehr akzeptabel ist, die
die Dachverbände an den Rand des Ruins bringt und die eine gewaltige Ohrfeige
für all jene sind, die im Jahr der Freiwilligen für ihren Einsatz für das
Ehrenamt hoch gelobt wurden, das vor allem im Sport, würde man das umrechnen,
sozusagen eine traditionelle Leistung in Milliardenhöhe ist, die gar nicht
gezahlt werden kann. Und dann sagt die Stadt Wien: "Unsere Erkenntnis ist,
wir kürzen euch, geben euch dafür ein bisschen ein Geld in einen Fonds und das
dürft ihr selbst verwalten. Schaut her, wie toll wir sind!" - Das ist Sand
in die Augen zu streuen und zu glauben, dass die Leute nicht zwei und zwei
zusammenrechnen können.
Ich darf auch noch eines erwähnen, nur um die
Relationen herzustellen. Wir werden in wenigen Tagen den Wiener City-Marathon
haben, ein Event, zu dem man durchaus positiv stehen kann. Mein Parteifreund
Gerstl hat hier und heute schon erwähnt, dass das sicherlich nie eine Frage des
Breitensports werden kann, aber ich gebe schon zu, es hat ein gewisses Flair,
eine Internationalität. Viele Städte in Europa und Übersee sind für den Namen
"Marathon" bekannt geworden. Wien soll da durchaus dabei sein.
Ausgemacht war, meine Damen und Herren, dass es dafür einen gewissen Zuschuss
gibt, der damals mit etwa 43 000 EUR limitiert war. Nun, wenn Sie
sich die Akten genau durchlesen und anschauen - vor wenigen Tagen im
Gemeinderatsausschuss - sind wir mittlerweile beim Dreifachen, bei
127 000 EUR für den Stadt Wien City-Marathon.
Diese Relationen passen nicht mehr zusammen. Ich kann
nicht auf der einen Seite so tun, als würde ich den Dachverbänden großzügig
136 000 EUR in einen Fonds geben, aber auf der anderen Seite für
einen Event faktisch genau so viel an einem einzigen Tag aufwenden. (GR Dr
Kurt Stürzenbecher: 25 000 Teilnehmer!) - Was ist los? (GR Dr
Kurt Stürzenbecher: 25 000 Teilnehmer! Und das ist kein
Breitensport?) Ich bin ohnedies glücklich. Ich habe ohnedies nicht dagegen.
Aber die Anzahl der Teilnehmer rechtfertigt nicht die Frage, warum man auf
einmal so viel Geld braucht. Das muss man sich halt anschauen. "Bewegung
findet Stadt." - Das gilt offenbar nur für die Bewegung auf der Bühne oder
Tribüne, sicherlich nicht für den Breitensport. Das ist die Tragödie, die wir
heute wahrscheinlich mit Mehrheit in diesem Hause durch die SPÖ beschließen
lassen.
Meine Damen und Herren, abschließend gebe ich die Hoffnung
nicht ganz auf, dass es vielleicht doch im Zuge der weiteren Überlegungen, wie
es mit dem Sport in Wien weitergehen soll, noch eine Diskussionskultur geben
wird, dass sich die zuständige Sportstadträtin dazu aufrafft, die Dachverbände
zu sich zu bitten, wenn sie schon meint, sie muss mit den in einer Plattform
zusammengefundenen vier Sportsprechern nicht sprechen ,weil ihr das zu
politisch ist. Es hat immerhin eine Abmachung gegeben, die auch über ein Jahr
gehalten hat. Es hat zu diesem Thema keine wie immer geartete Politisierung in
diesem Hause gegeben. Es hat aber sehr
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