Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 80
sondern um das Formale!) Das war jetzt einmal der
formale Teil. Ich behaupte, das ist an die falsche Stelle gestellt worden.
Stellen Sie es woanders, dort gibt es vielleicht Chancen.
Wie Sie wissen, spart Wien enorm, ganz enorm, das
heißt, man kann auch nur bestimmten Anträgen entgegenkommen und anderen nicht.
Da würde ich zunächst einmal die ausschalten, die formal überhaupt falsch
gestellt sind und Sie bitten, es das nächste Mal im Bund zu machen. So.
Jetzt kommt der zweite Punkt, wo wir seit Jahren eine
prinzipielle Auseinandersetzung haben. Das ist diese Auseinandersetzung
zwischen auf der einen Seite Selektion und auf der anderen Seite Integration,
wo wir der Meinung sind, man sollte diese Schülerinnen und Schüler
selbstverständlich fördern. Ich bin für Begabungsförderung, für Förderung von
Begabungen aller Art, auch kognitiver Begabung, das überhaupt keine Frage. Ich
würde das ebenfalls fördern. Es fragt sich nur immer wie und in welchem Rahmen.
Ich denke, dass die Selektion der falsche Weg ist, wiewohl ich hinzufüge, dass
vieles von dem, was Sie hier tun, wie unterrichtet wird, wie gelernt wird, wie
vorgegangen wird, durchaus sympathisch ist und auch meine pädagogische
Unterstützung hat. Keine Unterstützung hat die Selektion und ich glaube auch –
und ich meine, das wird die Zukunft natürlich zeigen -, dass Sie diesen
Jugendlichen persönlich nichts Gutes tun. Noch einmal, das sind zwei paar
Schuhe: Halte ich ein selektives System für richtig? Da sage ich ganz klar:
Nein, ich halte es nicht für richtig, sondern setze auf die Integration. Aber
die zweite Frage ist auch: Tun Sie den konkreten Jugendlichen jetzt etwas Gutes
oder nicht? Meiner Meinung nach eher nicht, wiewohl es vielleicht für die
konkreten Jugendlichen ein Ausweg aus dem jetzigen Schulsystem, so wie es sich
präsentiert, war. Das war vielleicht der kurzfristig günstigste Ausweg, den man
wählen könnte. Das heißt, ich verstehe das auch durchaus, wenn Eltern ihre
Kinder dort hingeben.
Was mich nachdenklich gemacht hat und wo ich mir
vorstellen kann, dass es Sie auch nachdenklich macht, weil Sie ja versucht
haben, ein pädagogisch besonders gutes Konzept zu schreiben, ist, dass bei der
Evaluation herausgekommen ist, dass sich dort die Schülerinnen und Schüler
durch eine Sache im Speziellen auszeichnen, nämlich durch ein besonders minimal
ausgeprägtes soziales Engagement und ein besonders minimal ausgeprägtes
politisches Engagement. Das würde mich als Träger dieser Schule und Formulierer
des Konzepts nachdenklich machen und ich könnte mir vorstellen, dass es auch
Ihr Interesse ist, da ein bisschen gegenzusteuern und einmal zu schauen, was es
mit dem auf sich hat und was man da in dieser Sache tut.
Jetzt aber zu dem Grund, warum ich heuer im
Besonderen mit Feuer und Flamme und wirklich aus ganzem Herzen dagegen stimmen
werde. Es hat sich also die Lage, Herr Abg Salcher und Herr Abg Strobl,
natürlich auch wieder einmal verschärft.
Ich habe es bereits ausgeführt und wiederhole es noch
einmal: Es gehen besonders privilegierte Kinder in eine besonders privilegierte
Schule. Diese Kinder haben noch dazu eine besondere Privilegierung durch ihre Eltern,
weil es die Eltern sind, die ihre Kinder dort hinführen und daran besonders
interessiert sind. Alles bestens. Das ist wunderschön, dass diese Kinder und
Jugendlichen das haben. Sie sind besonders privilegiert. Und nun kommt ein
Projekt, das besonders Privilegierten zugute kommt, zur Stadt Wien und will
Geld, um noch mehr Privilegien aus dieser ganze Sache herauszuholen. Die kommen
dann zur MA 13 oder zur StRin Laska und sagen: Wir wollen für diese ganz
besonders Privilegierten noch mehr Privilegien haben.
Und es kommt ein zweites Projekt zur MA 13 und
zur Frau StRin Laska und dieses zweite Projekt zeichnet sich durch die absolut
gegenteiligen Vorzeichen aus. Es handelt sich nämlich um ganz besonders
unterprivilegierte Jugendliche, 15-jährige, 16-jährige, 17-jährige, 18-jährige,
ganz besonders Unterprivilegierte, was ihre Schulbildung angeht. Sie haben
nämlich die Hauptschule nicht abgeschlossen und sie kommen aus stark
unterprivilegierten Elternhäusern, aus sozioökonomisch benachteiligte Schichten
beziehungsweise – und das kommt bei einigen noch dazu – sind es Jugendliche aus
der zweiten und dritten Generation, die Quereinsteiger waren, nicht genügend
Deutsch konnten, größere Schwierigkeiten hatten und deswegen die Hauptschule
nicht abgeschlossen haben. Es kommen also zur MA 13 eine besonders
privilegierte Gruppe an Bildung und Geld, eine in allem privilegierte Gruppe
und gleichzeitig eine sehr, sehr unterprivilegierte Gruppe, die einen
Hauptschulabschluss machen möchte.
Mein Vorwurf richtet sich eigentlich nicht an die
Sir-Karl-Popper-Schule, deren gutes Recht es ist zu beantragen, was immer sie
will, sondern mein Vorwurf richtet sich an StRin Laska, an die Stadt Wien, die
nun offensichtlich auch aus einem Geldmangel heraus zu entscheiden hat, gebe ich
jetzt entweder 72 600, EUR
in die Sir-Karl-Popper-Schule oder gebe ich einem Projekt, das einen
Hauptschulabschluss möglich macht und wo noch eine Teilsumme fehlt, diesem
zweiten Projekt "Jugendchance 2003" 11 000 EUR.
Jetzt stellt sich die Frage: Was fördert die Stadt
Wien, was fördert das sogenannte „rote“ Wien und was lehnt das sogenannte
„rote“ Wien ab?
Die Antwort kennen Sie: Sie beschließen heute die
72 000,... EUR für die Sir-Karl-Popper-Schule, um extremst
Privilegierte weiter zu privilegieren und nicht die nicht auf der Tagesordnung
stehenden 11 000 EUR für absolut unterprivilegierte Kinder, obwohl,
und das muss man dazu sagen, die MA 13 die "Jugendchance 2003"
ja geprüft und nachgeschaut hat, ob ein Bedarf an einem weiteren Kurs für Jugendliche
besteht, die die Hauptschule nicht abgeschlossen haben. Die MA 13 ist zu
einem Ergebnis gekommen. Das Ergebnis lautet wie folgt: Ja, es besteht ein
weiterer Bedarf. Man braucht ganz dringend diese Hauptschulabschlusskurse, es
gibt zu wenige davon. Das heißt, die Prüfung war durchaus positiv. Meines
Wissens nach hat die MA 13 das durchaus auch an die Stadträtin empfohlen.
Aus
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