Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 80
Diese Anteilnahme und die Kameradschaft hat nichts zu tun
mit Patriotismus, mit Demokratie oder Nationalsozialismus. Fast jeder Mensch
spürt das instinktiv. Leider nicht mehr alle.
Wir lehnen den Antrag natürlich
ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: So. Als nächster Redner zum Wort gemeldet
ist Herr GR Dr Ludwig. Bitte!
GR Dr Michael LUDWIG
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und
Kollegen!
Die Sozialdemokratische Fraktion wird
der Subvention zum Demokratiezentrum auf Grund der sehr umfassenden Tätigkeit
dieses Instituts zustimmen.
Zum Ehrengrab Walter Nowotnys
vielleicht die Sichtweise, die ich noch zusätzlich einbringen kann: Es ist der
Umstand, - und wir haben das schon gehört - dass Walter Nowotny
1920 in Gmünd geboren worden ist und mit 24 Jahren 1944 abgeschossen wurde,
nachdem er selbst mehr als 200 alliierte Flugzeuge vom Himmel geholt hat. Er
ist vom NS-Regime gefeiert worden, hat damals auch das beste Kriegsgerät bekommen,
die besten Flugzeuge und ist auf Grund seiner militärischen Erfolge als Flieger
auch medial als Held des NS-Regimes präsentiert worden. Man könnte jetzt sagen,
es handelt sich dabei um einen Angehörigen der Luftwaffe, der – wie es im Krieg
leider üblich ist – gegen die Feinde gekämpft hat und auch versucht hat, diese
militärisch zu besiegen, dadurch auch Todesopfer gebracht hat und man könnte
meinen, dass er ein - wie das jetzt vom Stadtrat Herzog präsentiert wurde –
unpolitischer Offizier und Angehöriger der Luftwaffe war.
Das ist nicht so, das kann man
dokumentieren auf Grund des Staatsaktes, der am Zentralfriedhof anlässlich
seiner Bestattung stattgefunden hat. (StR Johann Herzog: Das war nach seinem
Tod!) Die Anwesenheit war damals sehr prominent, auch von Seiten des
NS-Regimes. Der Reichsstatthalter und Gauleiter von Wien, Baldur von Schirach
bezeichnete ihn als einen wahrhaft nationalsozialistischen Volksoffizier. Und
Sie wenden jetzt ein, Herr Stadtrat Herzog, das war nach seinem Tod und er kann
sich persönlich nicht dagegen wehren, wenn nach seinem Tod Vertreter des
NS-Regimes so über ihn sprechen und haben gemeint, es ist nicht nachgewiesen,
dass er Mitglied der NSDAP gewesen sei.
Wir Sozialdemokraten haben uns die
Beschäftigung mit der Person Walter Nowotnys nicht leicht gemacht. Und weil man
natürlich gerade in einem sehr sensiblen historischen Bereich keine
leichtfertigen Schlüsse treffen soll, haben auch wir Recherchen angestellt und
sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Walter Nowotny sehr wohl Mitglied der NSDAP
war. Wir haben uns bei dem damals noch unter Verwaltung der USA stehenden
Berlin-Documents-Center erkundigt und haben dort auch eine entsprechende
Auskunft bekommen, die mir auch schriftlich vorliegt und ich kann Ihnen, Herr Stadtrat,
mitteilen, dass Walter Nowotny sehr wohl Mitglied der NSDAP war, nämlich mit
der Nummer 6.382.781. Und er hat deshalb eine so hohe Mitgliedsnummer gehabt,
weil er erst nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich der NSDAP
beigetreten ist, er war aber bereits vorher der NSDAP eng verbunden. Er war in
der damaligen Illegalität der Nazis bereits als hochgradiger führender
Funktionär der Hitlerjugend tätig und hat sich bereits als illegaler Nazi
betätigt. Ich sage das nur deshalb, damit nicht der Eindruck entsteht, es gehe
hier um einen völlig unpolitischen Wehrmachtsangehörigen und ich glaube, es ist
auch unfair dieser Generation gegenüber, wenn man Personen, die sich eindeutig
zu einem verbrecherischen Regime bekannt haben und dies auch durch eine Mitgliedschaft
dokumentiert haben und auch durch klare Bekenntnisse in zahlreichen Artikeln,
im Völkischen Beobachter beispielsweise, gleichsetzt mit der gesamten
Generation, wie Sie das, Herr Stadtrat, machen.
Ich glaube, man muss das hier
wirklich deutlich unterscheiden und ich denke, dass man hier zu Recht auch
darüber nachdenkt, das Ehrengrab von Walter Nowotny aufzuheben und ich würde
auch namens meiner Fraktion meinen, dass es Sinn macht, die Ehrengrabwidmung
aufzuheben, das Ehrengrab aufzuheben, dass man aber sehr wohl die Grabstelle
beibehält. Ich denke, dass das eine Möglichkeit ist, auch zu dokumentieren,
dass die ... (GR Dr Herbert
Madejski:Exhumieren!) Nun, exhumieren kann man nicht weil, wie Sie sich
vielleicht sich vorstellen können, bei einem Luftkrieg, wenn wer abgeschossen
wird, von der physischen Person nicht mehr viel zu bestatten ist. Also, von da
her ist es eine von Ihnen völlig ins Leere gehende Frage. Es geht aber um viel
mehr. Es geht nicht nur um die Person Walter Nowotnys, sondern es geht darum,
wie eine Stadt mit einem Teil ihrer Geschichte umgeht. Und richtig ist, dass
die Geschichte unserer Stadt und der Menschen unserer Stadt und unseres Landes
viele helle Seiten aufweist, aber es gibt auch viele dunkle Seiten in dieser
Geschichte. Und es geht darum, dass man sich auch permanent und laufend mit
dieser Frage auseinandersetzt und dass es auch keinen Schlussstrich geben kann.
Und wir werden sicher nie eine Phase finden, wo man sagen kann, es gibt
bestimmte historische Abschnitte, die abgeschlossen sind. Es gibt immer wieder,
Herr Stadtrat, wie Sie das auch eingebracht haben, die kritische Hinterfragung
auch anderer historischer Persönlichkeiten. Das ist auch gut und richtig so.
Und wie ich hoffe, jetzt im Falle Walter Nowotnys nachweisen zu können,
beschäftigt sich auch die historische Forschung immer wieder intensiv damit. So
wie Sie angenommen haben, dass er nicht Mitglied der NSDAP ist, (StR Johann
Herzog: Ich habe es angenommen!) konnten wir das jetzt in kürzester
Vergangenheit recherchieren und dadurch hat sich natürlich auch unser
Blickwinkel gravierend geändert.
Aus diesem Grund heraus werden wir zustimmen, das Ehrengrab
für Walter Nowotny aufzuheben, möchte aber dennoch meine Hoffnung und meinen
Wunsch mit anschließen, dass es nicht dabei bewendet bleibt, sich mit Gräbern
und Ehrenzeichen auseinander zu setzen,
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