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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 80

 

schleifen. Radetzky hat einen Angriffskrieg gegen die italienische Freiheitsbewegung geführt und selbstverständlich wäre - die GRÜNEN haben es ja schon gemacht - die Zentagasse umzubenennen, weil die armen Türken hier in einem Eroberungskrieg des Prinzen Eugen geschlagen wurden und hier sozusagen eine Expansion der Monarchie stattgefunden hat. Daher wäre natürlich auch das Prinz Eugen-Denkmal eines, dass dann im Sinne der politischen Korrektheit - wenn ich zumindest die GRÜNEN sehe - einer Schleifung zugeführt werden sollte. Was aber nun die Sache des Ehrengrabes selbst betrifft, möchte ich feststellen, dass ich es bedauerlich finde, dass 60 Jahre nach dem Ende des Krieges solche Anträge gestellt werden, die sicherlich nur Gräben aufreißen. Im Grossen und Ganzen ist das, trotz der Feststellungen Herrn Ellensohns, kein Thema gewesen, das wirklich in irgendeiner Form Wellen geschlagen hat.

 

Der Antrag selbst ist, das möchte ich auch feststellen, inhaltlich unrichtig. Walter Nowotny war sicherlich nicht ein NS-Major, den gibt es nicht. Er war Hauptmann der deutschen Wehrmacht und wurde nachträglich, nach seinem Tode, zum Major befördert.

 

Und ich möchte hier zu den sonstigen Bemerkungen feststellen, die Familie legt deutlich Wert auf die Feststellung, dass Walter Nowotny nicht Mitglied der NSDAP gewesen sei. Ob er bei der HJ war, kann ich nicht beurteilen, das weiß ich nicht. Aber die Familie legt Wert darauf, er sei kein NSDAP-Mitglied gewesen (GR Günter Kenesei: Egal ob Mitglied oder nicht!) und ich möchte feststellen, er kann es auch nach menschlicher Wahrscheinlichkeit nicht gewesen sein. Denn beim Anschluss war er gerade 18 Jahre alt, da konnte er nicht beitreten. Er hat sich sofort nach Kriegsausbruch zur Wehrmacht gemeldet. Die Möglichkeit, NSDAP-Mitglied und Wehrmachtsangehöriger zu sein – ich habe mich erkundigt – war nicht gegeben. Und wenn es gegeben gewesen wäre, bei jemandem der älter gewesen wäre, musste sie ruhend gestellt werden. Daher ist die Sache entweder eine Behauptung, oder es kann sich auch um Desinformationen handeln.

 

Ich möchte auch feststellen, dass man ihm im Nachkriegsösterreich in keiner Weise die Achtung versagt hat. Ich möchte darauf hinweisen, der Vizebürgermeister und SP-Stadtrat Mandl hat zum Beispiel seiner Mutter, wie sie hoch betagt war, den Ehrenring der Stadt Wien, der ihm auch verliehen wurde und der nach dem Tod zurückgegeben wurde, mit Begleitschreiben und Namensspange wieder zugestellt. Eine damals sicherlich schöne und menschliche Geste.

 

1958 wurde zum Beispiel ein neuer Grabstein samt Inschrift am Grab vom zuständigen Stadtrat – ich werde einmal erheben wer das war – genehmigt. Das heißt also, es herrscht hier eine gewisse Kontinuität und es handelt sich keinesfalls um ein NS-Grab. Das möchte ich feststellen, weil hier sehr wohl zustimmende Handlungen seitens sozialistischer Funktionäre dieser Stadt erfolgt sind.

 

1984 haben österreichische Stabsoffiziere erstmals ein Gedenken am Grab abgehalten, und seit 1988 – ich weiß nicht wie lange – ist auf alle Fälle eine Ehrenwache des Gardebataillons aufgezogen. Das alles, wie ich feststellen möchte, unter sozialdemokratischen oder sozialistischen Regierungsmitgliedern und sozialistisch geführten Regierungen.

 

Ich darf auch feststellen, dass draußen in der Bundesrepublik die Sache anders gesehen wird. Die Deutsche Bundesluftwaffe macht offensichtlich immer Gedenken am Grabe von Nowotny und ich darf feststellen, dass in einer Mitteilung, die mir zugegangen ist, berichtet wird, dass der Bundesminister Scharping ebenfalls einen Kranz als Bundesminister niederlegen ließ. Das heißt, auch der sozialdemokratische Verteidigungsminister in Deutschland und auch die rot-grüne Regierung haben zumindest diesem Punkt keine besondere Bedeutung beigemessen. Sie haben sich ganz im Gegenteil, was die Person Scharpings betrifft, offensichtlich hinter diesen Toten gestellt. Ich glaube auch, dass man das feststellen muss. Wir haben die Frage allerdings schon beantwortet.

 

Wie die Sozialdemokraten reagieren, das habe ich jetzt gehört. Sie werden also dieser Sache zustimmen, was ich natürlich bedaure. Die Frage stellt sich dann natürlich auch, ob Seitens der sozialdemokratischen Mehrheit auch der Ehrenring sozusagen nachträglich aberkannt wird. Ich hoffe aber nicht und ich habe eigentlich gehofft, dass die Sozialdemokraten so reagieren werden, wie es Bürgermeister Zilk gemacht hat.

 

Laut Falter-Bericht hat er ja bekanntlich dem anwesenden Herrn Wadani mitgeteilt, dass Walter Nowotny zu jenen jungen Menschen gehöre, die dem wahnsinnigen, von den Machthabern des Dritten Reiches verschuldeten Krieg zum Opfer fielen. Das Ehrengrab bleibe, weil Nowotny keine Kriegsverbrechen begangen habe.

 

Und ich glaube, damit hat Bürgermeister Zilk den richtigen Punkt getroffen. Es geht nicht darum, dass einer ein Soldat war oder nicht Soldat war. Die Frage ist, war er Kriegsverbrecher oder nicht. Hat er persönliche Schuld auf sich geladen, dann hat er kein Ehrengrab zu bekommen, sondern es wäre zu entziehen. Ist er Soldat gewesen ohne sich etwas zuschulden zu kommen zu lassen, dann soll er es, wenn er es hat, weiter behalten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es gibt natürlich alle möglichen Sorten von Spruchweisheiten von “Ein Volk das seine Toten ehrt ist fähig, sich selbst zu achten“ und Ähnliches mehr. Ich glaube, dass diese Dinge stimmen. Denn der Umgang mit den Toten ist schon ein Maßstab, wie eine Gesellschaft sich darstellt und wie sie sich darbietet. Ein ganz wichtiger sogar.

 

Was sich heute hier abspielt, ist ja letzten Endes, dass man an einem herausgehobenen Beispiel eines einzelnen Soldaten auf den Soldaten generell des Zweiten Weltkrieges herumzutrampeln beginnt. Ich halte das für einen Akt von Geschichtsvandalismus.

 

Der Antrag auf Aberkennung des Ehrengrabes ist für mich nicht nur eine Stillosigkeit und nicht nur ein Tabubruch, es ist auch ein Kulturbruch, weil man im Großen und Ganzen den Toten die Ruhe zu lassen hat und Ehrungen die erfolgt sind, wie gesagt, wenn es sich nicht

 

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