Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 80
mit Ausschuss bedroht zu werden. Dass Ihnen das unangenehm
ist, das ist mir klar. Sie schreiben sich die Liberalität ja immer auf Ihre
Fahnen, aber wenn dann einmal jemand etwas tut, was Ihnen nicht gefällt, dann
schreien Sie groß auf. Aber das kennen wir ja. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte jetzt jedoch zum Verhältnis Bund und Wien
zurückkehren. Da muss man auch einmal sehr fair und unabhängig sagen, dass es
Interessenkonflikte im Kulturbereich zwischen Wien und dem Bund immer gegeben hat.
Meistens hat das Finanzfragen betroffen. Es ging ganz konkret um die Frage, wer
das zu zahlen hat, und zwar völlig unabhängig davon, wer das Ressort innehatte.
Das war so, als sowohl auf Bundesebene jemand von der SPÖ saß als auch in Wien
jemand von der SPÖ saß, wie das ja jahrelang der Fall war, wo quasi zwar
politisch ... (Amtsf StR Mag Dr
Andreas Mailath-Pokorny: Da hat es nie Probleme gegeben!) Da hat es nie Probleme gegeben, höre ich gerade.
Es hat sie in jedem Fall gegeben. (Amtsf
StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Nein!) Es gab Diskussionen, als Peter
Marboe von der ÖVP in Wien und Wittmann von der SPÖ auf Bundesebene
verantwortlich war – an die Zeit werden Sie sich erinnern –, es hat
Diskussionen gegeben, als Peter Marboe von der ÖVP in Wien und Franz Morak von
der ÖVP auf Bundesebene miteinander zu tun hatten, aber ein derart schlechtes
Klima, Herr Stadtrat, wie es jetzt der Fall ist, hat es seit 1945 zwischen den
Kulturverantwortlichen dieser Stadt und des Bundes nicht gegeben, und dafür sind
Sie der Hauptverantwortliche. (GRin
Martina LUDWIG: Also bitte!) Da können Sie sich nicht davonstehlen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Und ohne genau ins Detail zu gehen: Auch der Vorwurf,
dass der Bund überall kürzt und die Stadt Wien überall fördert, stimmt ja
nicht. In der Literaturförderung zum Beispiel ist es so, dass der Bund elfmal
so viel Geld ausgibt für die Literaturinitiativen in der Stadt, und so weiter.
Und zu dem von Ihnen immer reklamierten
15-Millionen-Euro-Verlust: Sie wissen, ein Teil davon ist auch durch die
Valorisierung bedingt, die nicht mehr vom Bund ... (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny schüttelt den Kopf.)
Natürlich hat das einen Einfluss darauf. Ich weiß nicht, warum Sie jetzt den
Kopf schütteln. (Amtsf StR Mag Dr Andreas
Mailath-Pokorny: Weil es nicht stimmt, was Sie sagen, deshalb schüttle ich den
Kopf!) Na gut, dann können Sie nachher herauskommen und sagen, dass diese
Valorisierung, die es vorher gegeben hat, nicht unter Staatssekretär Peter
Wittmann abgeschafft wurde. Sie sollten es eigentlich besser wissen (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Ich weiß es auch besser!), denn Sie waren damals der Sektionschef beim
Kulturstaatssekretär, Herr Stadtrat. (Beifall bei der ÖVP.)
Und zum Thema Nichtkommunikation: Ich habe zum
Beispiel gehört, dass es seit über einem Monat einen Brief gibt, wie es um die
Besetzung des Volkstheaters steht – ein Thema, das ja sowohl die Stadt Wien als
auch den Bund betrifft –, der bis heute von der Stadt Wien noch nicht
beantwortet wurde. Es wäre jedoch sehr sinnvoll, wenn Sie hier rechtzeitig in
konstruktive Gespräche mit dem Bund einträten, damit wir uns eine Blamage wie
in der Josefstadt ersparen, was die Besetzung betrifft. – Also so einseitig,
wie das hier dargestellt wird, ist das nicht. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch zu den Festwochen zum Abschuss ein paar klare
Worte:
Erstens einmal ein ganz klares Bekenntnis der Wiener
ÖVP zu diesem kulturellen Aushängeschild für die Wiener in Wien, für die
Österreicher, die nach Wien kommen, aber auch im deutschsprachigen Raum sind
die Festwochen zweifellos ein ganz wichtiges Aushängeschild. Wir als Wiener ÖVP
können das auch mit einem guten Gewissen machen, denn wir haben im Jahre 1999
in einer schwierigen Zeit – das wissen wir alle – Haltung bewiesen in einer
öffentlichen Auseinandersetzung, wir haben die künstlerische Unabhängigkeit der
Festwochen verteidigt, obwohl wir in der Sache damals sogar einer anderen
Meinung gewesen sind.
Wir haben die Festwochen – übrigens gegen massiven
Widerstand der SPÖ – erstmals mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet, der
ihnen die größte finanzielle Unabhängigkeit in der Geschichte gegeben hat. Und
die Tatsache, dass die Festwochen auch jetzt mit dieser unangenehmen
Entscheidung zumindest nicht in ihren Grundfesten erschüttert werden, hängt
damit zusammen, dass die Wiener ÖVP den Dreijahresvertrag für die Festwochen
durchgesetzt hat.
Wir haben Luc Bondy als alleinigen Intendanten
bestätigt, der für die internationale Reputation und für die Offenheit dieses
Festivals steht.
Und das Wichtigste: Wir haben die Festwochen dem
parteipolitischen Zugriff der SPÖ, den es vorher nämlich gegeben hat, entzogen,
und die größte künstlerische Freiheit, die die Festwochen in ihrer Geschichte
erleben, die haben sie dieser Entparteipolitisierung zu verdanken. (Beifall
bei der ÖVP.)
Die verantwortlichen Intendanten wissen übrigens
auch, wem sie das zu verdanken haben, und sagen das auch öffentlich. Denn – das
soll man hier schon sagen, damit es nicht in Vergessenheit gerät und weil nicht
alle zu diesem Zeitpunkt schon in diesem Haus waren – das Modell der
Exstadträtin Pasterk für die Festwochen hat ja anders ausgeschaut. Da gab es in
einer Personalunion die allmächtige Präsidentin, die gleichzeitig Intendantin
war, und dann hätte es noch drei Unterintendanten gegeben, aber sie hätte den
alleinigen Einfluss gehabt. Das ist die historische Wahrheit, und die soll man
nicht vergessen, wenn man über die Wiener Festwochen spricht.
Wien hat das Burgtheater, die Staatsoper und die
Bundesmuseen, die alle, wie wir wissen, vom Bund finanziert werden, und es hat
natürlich die Wiener Festwochen. Das sind für mich die großen strahlenden
Hauptträger dieser wunderbaren Kulturlandschaft, die sich daraus entwickelt mit
all der Vielfalt, die wir kennen und die in der Welt wahrscheinlich einzigartig
ist.
Wenn Sie nur ein bisschen ehrlich sind, dann werden Sie auch
zugeben, dass diese genannten
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