Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 80
Herr Stadtrat, ich habe den nächsten Teil meiner Rede Ihnen
gewidmet. (Amtsf StR Mag Dr Andreas
Mailath-Pokorny: Das freut mich!) Sie können es offensichtlich nicht
erwarten. Ich habe diesen Antrag auch deshalb eingebracht, weil Sie immer
wieder versuchen, StR Peter Marboe in irgendeine Differenz zur öffentliche
Linie der ÖVP zu bringen. Diese Aussage, wurde hier getan. Sie haben gesagt, er
war der Einzige, der dazu Stellung genommen hat. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Leider!) Ich habe namens
der Wiener ÖVP in einer Presseaussendung,
die Ihnen auch zugekommen ist, ganz klar und deutlich dasselbe gesagt, was
Dr Marboe gesagt hat. Aber offensichtlich ist es für Sie immer so ein
tolles Vorgehen, wenn Sie da einen Gegensatz zwischen unserer Partei und dem
Dr Marboe herbeiführen, denn Sie selber sind in Ihrer gesamten politischen
Karriere noch nie in Gefahr gekommen, dass Sie irgendwann einmal einen anderen
Standpunkt als die SPÖ einnehmen. Es wäre schön, wenn Sie uns einmal überraschen
würden damit. (Beifall bei der ÖVP. –
Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich bin ja stolz drauf!)
Ich sage
Ihnen, ich bin persönlich sehr unglücklich über diese Entscheidung des Bundes,
weil diese durch den dadurch verursachten medialen Wirbel zumindest kurzfristig
von dieser Stagnation und von diesem Stillstand in der Wiener Kulturpolitik
ablenkt. Die Frau Kollegin Ringler hat das hier ja klar und deutlich gesagt.
Die wirkliche Ursache für diese Problematik mit den
Festwochen liegt sicher in dem derzeitig äußerst schlechten Verhältnis zwischen
dem Bund und der Stadt Wien, was den Kulturbereich betrifft, doch, lieber Herr
Stadtrat Mailath-Pokorny, eines kann ich Ihnen nicht ersparen: Der
Hauptverantwortliche – ich will nicht sagen, der Alleinverantwortliche, denn
ich bin ein fairer Mensch –, der Hauptverantwortliche für diese schlechte Klima
sind einfach Sie. Sie waren noch nicht einmal richtig angelobt, haben Sie schon
erklärt, den armen vom Bund verfolgten Künstlern hier in Wien Asyl anzubieten. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Das ist auch eingetreten!)
Sie wollten ein Gegenmodell zum Bund errichten. Sie
wollten das, und Sie können jetzt nicht so tun, als hätten Sie von Anfang an
die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Bund gewollt und waren dann völlig
überrascht, dass der böse Bund jetzt auf einmal ihr großes
Zusammenarbeitsangebot nicht angenommen hat. Das ist wirklich eine
Scheinheiligkeit. Sie sind von Anfang an auf Konfrontation gegangen, Sie haben
nie das Gespräch gesucht. (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: 15 Briefe! Einladungen!) Ich komme auch darauf noch zu
sprechen. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Bitte!)
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Die ÖVP hat eigentlich
immer ein sehr entspanntes und ein entkrampftes Verhältnis zu den Künstlern
gehabt, was Ihnen von der SPÖ ja gar nicht recht war. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich sage Ihnen nur ein Beispiel
– das haben wir immer gezeigt, überall, wo wir die Verantwortung für Kultur hatten,
und das hatten wir sehr oft –, letztes Beispiel, niederösterreichische
Landtagswahl, wo der Herr Arnulf Rainer, der nicht unbedingt ein Parteigänger
der ÖVP ist, öffentlich erklärt hat: Jetzt geht es wirklich vorwärts mit der
Kultur in Niederösterreich. Wien wird sich anstrengen müssen, da mitzuhalten.
Zu Ihrem Schrecken haben Sie festgestellt, dass die
Künstler und Intellektuellen, von denen Sie ja immer glauben, dass sie der SPÖ
alleine gehören – und da waren ja sogar ein paar dabei, die wirklich der SPÖ
angehören –, sich in öffentlichen Erklärungen für den Erwin Pröll als
Landeshauptmann ausgesprochen haben. Und wissen Sie, was Ihre Reaktion
gegenüber den Künstlern und Intellektuellen Ihrer Partei war, die sich für
Erwin Pröll ausgesprochen haben? – Sie haben sie öffentlich mit Ausschluss
bedroht. Das ist die Liberalität der SPÖ! Sie haben sie mit Ausschluss bedroht.
(Beifall bei der ÖVP. – Amtsf StR
Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das ist ein schlechtes Beispiel! In Wien waren
die Künstler klar für die SPÖ! Das ist ein schlechtes Beispiel!)
Was war mit der Frau Rotraud Perner? Woher ist diese
Idee gekommen, sie auszuschließen? Na, das war Ihr Bundesgeschäftsführer, der
das öffentlich erklärt hat. (GRin Martina
LUDWIG: Damals hatten wir gar keinen Bundesgeschäftsführer! – GRin Mag Sonia
Wehsely: Damals hatten wir zwei Bundesgeschäftsführerinnen!) Na, ich zeige
ihnen gerne die Presseaussendung. Über das Thema können wir gerne diskutieren,
über die Liberalität der SPÖ im Umgang mit Leuten, mit Mitgliedern ihrer
Partei, die sich halt bei einer Wahl spezifisch die Unabhängigkeit erlauben,
für einen anderen, nämlich für den Erwin Pröll einzutreten. Daraufhin hat
sofort ihr Bundesgeschäftsführer erklärt: Na, so geht das nicht. Da muss man
über einen Parteiausschluss nachdenken, da muss man darüber nachdenken, ob
diese Frau sich noch der Partei zugehörig fühlt. Das können Sie ja nicht
widerlegen. (GRin Martina LUDWIG: Welcher
Bundesgeschäftsführer?) Darf ich Sie informieren? Sie haben mittlerweile
einen Bundesgeschäftsführer. Der ist zwar auch noch nicht viel mehr aufgefallen
als die Bundesgeschäftsführerinnen, aber der hat das öffentlich erklärt. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das zeigen Sie
uns!) Das kann ich Ihnen gern zeigen. (GRin
Martina LUDWIG: Da sind Sie falsch informiert!) Nein, ich bin nicht falsch
informiert. Ich habe mich sehr genau vorbereitet. Der Fall der Frau Rotraud
Perner, die vom SPÖ-Bundesgeschäftsführer mit dem Ausschluss bedroht wurde, der
ist in der Öffentlichkeit bekannt. Da können Sie sich nicht darüber
hinwegstehlen. (GR Dr Kurt Stürzenbecher:
Das zeigen Sie uns!) Das zeige ich Ihnen gerne. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Warum sind die Künstler in
Wien für die SPÖ?)
Die Künstler in Wien sind genauso für StR Marboe eingetreten,
und zwar in einem sehr großen und in einem sehr ausführlichen Inserat, das sie
selber finanziert haben. Ich kann es Ihnen auch im Detail vorlesen. Es ist
Ihnen unangenehm, aber Künstler gehören nicht der einen Partei oder der anderen
Partei. Sie haben daher auch nicht von der einen Partei oder der anderen Partei
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