Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 80
Gegenöffentlichkeiten zu schaffen. Und wenn ich jene
Institutionen Revue passieren lasse, die wir in den letzten Monaten und Jahren
teilweise auf der Tagesordnung des Kulturausschusses vorgefunden haben und
teilweise auch nicht vorgefunden haben, dann glaube ich, dass in diesem Bereich
noch einiges zu tun ist. Ich darf Sie nur an das Projekt Unit F erinnern, das,
obwohl Erfindung der Stadt Wien, trotzdem zu wenig Geld bekommen. Ich darf Sie
an das Depot erinnern, das heute schon angesprochen wurde, das schlicht und
ergreifend nicht ausreichend finanziert ist von der Stadt Wien, das in diesem
Jahr wahrscheinlich nur wenige Monate Programm machen wird können, für das wir
aber eine Verantwortung haben. Ich möchte Sie erinnern an so renommierte
Institutionen, denen wir nicht zuletzt vor einigen Wochen gemeinsam den
Dr-Karl-Renner-Preis übergeben haben – Beispiel Orpheus Trust –, die auch
chronisch unter Geldmangel leiden und die auch von der Stadt zu wenig Geld
bekommen. Ich darf Sie erinnern an das Klangforum Wien oder auch an den ganzen
Bereich des kulturellen Films, der chronisch unterdotiert ist.
Es gibt auch keine Gelder für Projekte, die im
öffentlichen Raum stattfinden. Ich darf nur noch einmal ein Projekt zitieren,
das wir hier schon diskutiert haben, das Projekt "City Art Space" von
Havelka und Karin Schorn, die nach einer absurden Geschichte der Zusagen und
Absagen und Zusagen und Absagen einen lächerlichen Betrag bekommen haben, um
ein Projekt zu machen, das sicherlich mehr an Aufmerksamkeit und Geld verdient
hätte, als die wenigen tausend Euro, die sie schlussendlich bekommen haben.
Statt dessen werden Zeitschriften wie "K2" mit 120 000 EUR
finanziert, in denen dann der Herr Bürgermeister und der Herr Landeshauptmann
Pröll auch immer schöne Bilder bekommen.
Die Kassen in dieser Stadt sind leer – das wissen wir
–, aber die Transparenz darüber, wie leer sie sind, die ist nicht gegeben. Und
die Frage, wie die wenigen Gelder, die es gibt, vergeben werden, kann uns auch
nicht beantwortet werden. Ich habe den Eindruck: wahllos. Ich habe den
Eindruck, da geht es darum, einmal ein kommerzielles Operntheater zu fördern
oder einmal irgendeinen Freund in der Albertina zu bedenken. Wahllos wird hier
Geld vergeben statt mit klaren Schwerpunkten.
Vielleicht ist es nur ein kleines, aber symbolisches
Beispiel dafür, dass die Kulturpolitik der Stadt Wien sich manchmal von der des
Bundes gar nicht so sehr unterscheidet, etwa dann, wenn der Vertrag des
Direktors des Museumsquartiers, Waldner, mit dem die Stadt Wien ja doch zu
Recht einige Sträuße auszufechten hatte, schlicht und ergreifend verlängert
wird. Die Stadt Wien verlängert einfach den Vertrag dieses Herrn, mit dem sie
doch – zumindest hatte es eine Zeit lang so den Anschein – einige Probleme
hatte.
Lieber Herr Stadtrat! Ja, Staatssekretär Morak ist
ein Problem für die Stadt Wien, ja, Staatssekretär Morak ist ein Problem für
die Kulturlandschaft in dieser Land, und mir fällt nur ein Vergleich ein:
Staatssekretär Morak ist der Rasenmähermann, der mit stierem Blick alles kürzt
und klein macht, was ihm über den Weg fährt, und am Ende mäht er auch noch in
die Rabatte und Blumenbeete hinein. Aber, lieber Herr Stadtrat, in der
derzeitigen Situation sind Sie auch nur ein Kleingärtner. Es hat schon Sinn,
Samen zu sähen, aber sie brauchen auch die notwendige Zuwendung. Sie brauchen
Wasser, sie brauchen Blumenerde, sie brauchen Dünger. Und wenn ich jetzt hier
an den Herrn Bürgermeister und den Herrn Finanzstadtrat appelliere, sie mögen
Sie unterstützen dabei, die Situation für Kulturschaffende in diesem Land zu
verbessern, dann erlaube auch ich mir, Sie ein bisschen zu unterstützen, indem
ich Ihnen symbolisch eine Packung Blumenerde überreichen darf. Lieber Herr
Stadtrat, ein Anfang für das Rosenbeet. Ich hoffe, der Herr Bürgermeister und
der Herr Stadtrat Rieder werden mir folgen. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN. – GRin Mag Marie Ringler überreicht StR
Mailath-Pokorny einen kleinen Sack Blumenerde. – Amtsf StR Dr Andreas Mag Dr
Andreas Mailath-Pokorny: Das kann ich eh brauchen! – GR Dr Kurt Stürzenbecher:
Nicht sehr geistreich!)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als
nächster Redner ist Herr Dr Salcher zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich glaube, es steht außer
Zweifel, dass Investitionen in die Kultur ein ganz wichtiger Bestandteil der
Identität unserer Stadt und auch unseres ganzen Landes sind. Wir sind daher der
Meinung, dass Kürzungen von Mitteln für Institutionen, insbesondere von
wichtigen Institutionen, die in die Kultur investieren – und zwar egal, woher
diese Kürzungen kommen –, nichts Positives sind. Die Wiener Festwochen sind
zweifellos so eine Institution, die ein ganz wichtiger Bestandteil unserer
Stadt ist.
Ich sage es daher hier sehr
klar: Wir bedauern diese Entscheidung des Bundes, die auch für uns überraschend
gekommen ist. Dem Bund steht es natürlich jederzeit zu, seine Prioritäten neu
zu ordnen, aber uns steht es auch zu, zu sagen, dass wir diese Maßnahme, vor
allem was die Wiener Festwochen betrifft, für nicht richtig halten.
Wir haben, um diese
Position hier klarzumachen, diesbezüglich auch einen Antrag einzubringen. Ich
lese jetzt nicht die Begründung vor, denn die werde ich dann ohnehin selber
vorbringen, ich bringe nur den Antragstext ein:
"Der Wiener Gemeinderat
bedauert die Kürzung der Subvention für die Wiener Festwochen. Der Gemeinderat
ersucht in diesem Zusammenhang den zuständigen Stadtrat für Kultur und
Wissenschaft, in konstruktive Gespräche mit Staatssekretär Franz Morak
einzutreten mit dem Ziel, eine zukunftssichernde Lösung hinsichtlich der
Subventionierung der Wiener Festwochen zu erreichen."
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
verlangt. (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf StR
Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Er kürzt, und ich soll mit ihm reden!)
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