Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 78
beim Rad-Ring-Rund solche
Engstellen wie beim Bristol nicht beseitigt werden, das halte ich wirklich für
einen Wahnsinn! Muss es tatsächlich so lange dauern, bis dort jemand zu Schaden
kommt, wo auf engstem Weg Zehntausende Fußgänger auf der meistbesuchten Straße
rund um den Ring gehen? Schauen Sie sich in der Unfallstatistik an, dass vor
allem der Rad-Ring-Rund die größten Unfälle aller Radler hat. Wir haben also
noch sehr viel zu tun, und 8 Prozent sind ein erster Schritt, wenn ich
daran denke, dass es anderswo 15 Prozent sind.
Aber last
not least, das war ein super Projekt, und statt der 600 000 ATS hätte
es ruhig noch viel mehr Geld sein können angesichts dessen, was in dieser Stadt
auch für den Autoverkehr ausgegeben wird. Letztlich zeigt sich beim Geld, was
dir wichtig und was dir unwichtig ist. Dass uns der Radverkehr wichtig ist, hat
sich, glaube ich, schon herumgesprochen. Darum werden wir weiter für eine
Umorientierung des Verkehrs kämpfen. - Danke schön. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist GR Mag Gerstl. Ich
erteile es ihm.
GR Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Als Erstes möchte ich sagen, dass ich sehr froh bin,
dass StR Schicker nunmehr eingestanden hat, dass das Projekt
"ViennaBike" so, wie es im Vorjahr abgelaufen ist, gescheitert ist.
Denn wir haben jetzt ein Jahr darauf warten müssen, bis man zu den Tatsachen
zurückkehrt. Wir haben vor kurzer Zeit noch hören müssen, dass das Projekt
besonders erfolgreich ist. Es war erst am 30. Jänner, als Kollege VALENTIN
- wo ist er?, er ist heute nicht da - erklärt hat: "trotz großer Unkenrufe"
... (GR Franz Ekkamp - in Richtung Schriftführung deutend -: Da sitzt
Kollege VALENTIN!) Ah, da ist er!
Er hat also erklärt: "trotz großer Unkenrufe die
Stadt und die Verantwortlichen dieser Stadt gerade dieses Projekt mit einem
hohen Maß an Erfolg, letztendlich auch medialen Erfolg, was die Annahme dieses
Modells durch die Wienerinnen und Wiener betrifft". Das war am
30. Jänner 2003, Herr Kollege VALENTIN. Einen Tag später hat Ihr Stadtrat
das Modell vollkommen umgedreht und ein neues Modell gewählt: weg vom Gratis-Stadtrad,
weil man draufgekommen ist, dass es so nicht finanzierbar ist; weg von einem
Verleihsystem, das lange als falsch erkannt worden ist, wobei die Opposition
bereits im Juli das Ende dieses Systems verlangt hat; weg von
Unzulänglichkeiten, über die noch im November StR Schicker in einer
Beantwortung gesagt hat: Auch der Verein wird in den Jahren 2003 und 2004
weitere Förderungen bekommen.
Das war noch im November, und insofern finde ich es
sehr schade, dass man heute an dieser Stelle vom Stadtrat hören musste: An
allem ist mehr oder weniger der Verein schuld. Auch der Vorredner von der
Freiheitlichen Partei hat hier dem Verein große Versäumnisse vorgeworfen. Ich
wage zu bezweifeln, dass das alles am Verein liegt, und ich wage auch zu
bezweifeln, dass dies - entsprechend den Ausführungen von StR Schicker in
seinem Vortrag - ein gutes System der Leistungsfindung an den Verein
"ViennaBike" war. Wie haben Sie es genannt, Herr Stadtrat? Sie haben
gemeint, dass im Interesse der Stadt Wien ein solcher nicht umsatzsteuerbarer
Zuschuss die richtige Form eines Zuschusses an den Verein
"ViennaBike" war. Ich wage zu bezweifeln, dass es richtig ist, einen
Vertrag mit einer Firma abzuschließen, bei dem kein Leistungsaustausch
funktioniert - wie Sie es gesagt haben. Ist es nicht eine Verfehlung der Stadt
selbst, zu sagen: Ich möchte eine bestimmte Leistung haben, aber ich prüfe sie
nicht über meinen Vertrag? Und danach so zu tun, als ob ich vollkommen
schuldlos wäre?
Ich hätte jedenfalls einem solchen Vertrag - den Sie
nicht geschlossen haben - mehr Aufmerksamkeit gegeben, mehr
Verantwortungsgefühl gegeben. Ich hätte diesen für wichtiger gehalten, damit
Wien sich in der Welt nicht lächerlich macht, dass nicht halb Wien über diesen
Versuch lacht, sondern dass noch mehr Wiener diesen Versuch wirklich in
Anspruch nehmen, und dass man nicht einen Neustart des Projektes mit einer
verbesserten rechtlichen Basis feiert und man danach vom Stadtrat hier hören
muss, dass es eigentlich keine ordentliche rechtliche Basis gibt. Das kann es
nicht sein.
Ich habe es auch vom Kollegen Chorherr nicht fair
gefunden, dass er der Erste war, der dieses rot-grüne Projekt in der
Öffentlichkeit besonders gefeiert hat und den zuständigen Stadtrat in der Öffentlichkeitswirksamkeit
auf Platz zwei verwiesen hat. Noch weniger fair habe ich es gefunden, dass
Kollege Chorherr als ein Betreiber dieses Projekts dann, als es wirklich eng
geworden ist und das Projekt nicht wirklich positiv verlaufen ist, nicht mehr
in der Öffentlichkeit aufgetreten ist, sondern nur noch der Stadtrat allein
sozusagen - wie es auf Wienerisch heißt - die "Krot schlucken"
durfte. Das war auch nicht die feine englische Art für dieses Projekt, das ja
vom Ansatz her sicherlich ein wichtiges Projekt war. Darin sind wir, alle
Parteien hier, uns ja einig, dass wir eine Verbesserung des Modal Splits
wollen, wobei der Fußgänger- und auch der Radfahrverkehr entsprechend
gesteigert werden müssen. Doch beide Ziele wurden eben nicht erreicht, und das
gilt es, glaube ich, einmal festzuhalten.
Damit möchte ich aber mit dem alten System auch schon
abschließen. Denn vielleicht ist es gut, dass dieser Punkt heute hier so
anberaumt worden ist, damit man es wirklich einmal ad acta legt und sagt: Weg
damit, es ist vorbei, es ist nicht gelungen, es ist schlecht gewesen, wir
versuchen einen Neustart!
Aber wie war nun dieser Neustart? Zu dem möchte ich jetzt
kommen, weil es meiner Ansicht nach wichtiger ist, dass wir uns als
Gemeinderäte hier über den Neustart und über die Zukunft unterhalten. Auch
Kollege Chorherr hat es schon angeschnitten: Dieses Auswahlverfahren, das hier
genannt worden ist, war aus meiner Sicht überhaupt kein Auswahlverfahren. Es
gab keine Parameter für die Auswahl dieses neuen Systems. So, wie es keine
Auswahl für den "ViennaBike"-Verein gab,
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