Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 78
die Dotierung des Projekts "ViennaBike" war
einfach zu gering. Diese 600 000 S sind wunderbar und hervorragend
investiertes Geld gewesen, und zwar in die Bewusstmachung: Hallo, Rad fahren
ist ein wichtiges Projekt, darüber will die Stadt Wien sprechen!
Ich habe jetzt die Pressemappe nicht mit, aber wir
können sie allen, die daran interessiert sind, zukommen lassen, und auch Herr
StR Schicker hat dies richtig angesprochen: Von der "New York Times"
über "BBC World Service" bis "Le Monde", alle möglichen
Zeitungen haben Reportagen über Wien gebracht: Wie ist das, was hier versucht
wird? Allein das hätte das Projekt mehr als gerechtfertigt, und es haben viele
gesagt, das war ein Beitrag, auf das Rad umzusteigen. Nie war daran gedacht -
das sage ich den Skeptikern von der FPÖ -, wir könnten eine Garantie abgeben:
Wenn es ein "ViennaBike" gibt, hast du immer ein Radel.
Ich fahre immer wieder mit meinem gelben Radel, das
ist das "Postler-Radel", ich fahre mit meinem
"Postler-Radel", weil ich immer ein Fahrrad brauche. Ich kann mich
nicht darauf verlassen, dass irgendwo eines steht. Wer regelmäßig mit seinem
eigenen Rad fahren will, soll sich gefälligst eines kaufen. Dieses Projekt ist
etwas wie Zeitungen, die vor Veranstaltungen ausgeteilt werden, Schnupper-Abos,
die ausgegeben werden, womit Firmen eines versuchen: Probiere doch das Produkt
aus, und wenn es dir gefällt, kaufst du es vielleicht und machst ein Abo! So
ist es mit diesem Fahrradkultur-"Switch": Wie ist das, einmal nicht
im Stau zu stehen! Wie geschwind kommt man weiter! Wie angenehm ist es, überall
ein Radel abstellen zu können!
Womit ich beim nächsten Thema bin: Was soll jetzt mit
diesen Abstellanlagen passieren? Da halte ich es für ganz wichtig, dass der
größte Teil davon bei seiner Widmung bleibt. Wir haben gerade in diesen
Bezirken eine deutliche Unterbesetzung mit ordentlichen Fahrrad-Abstellanlagen.
Diese jetzt umzuwidmen und ent-sprechende Voraussetzungen zu schaffen, dass die
Leute ihre Radeln abstellen können, wäre super, wenn man daran denkt - ich
rechne jetzt kurz im Kopf, Kollege Strobl ist eh nicht da -: Auf einen großen
Parkplatz für die Mercedes-S-Klasse, auf den du ein Auto parken kannst, passen
ungefähr acht bis zehn Fahrräder. Unter dem Motto Gerechtigkeit: Dort soll man,
bitte, nicht acht mögliche Fahrrad-Abstellplätze wegnehmen, damit wieder ein
großes Auto parken kann, sondern dort soll man die entsprechenden
Voraussetzungen schaffen. Denn in vielen Bereichen ist es das nachgewiesene
Hindernis der Nutzung des Radverkehrs, dass du keine ordentlichen
Abstellmöglichkeiten hast.
Ich habe nie gesagt - und das war auch von StR
Schicker bei diesem Projekt nie die Idee -, dass das "ViennaBike" die
Lösung des Radverkehrs in Wien ist. Das ist vielmehr: darüber reden,
ausprobieren, und viele flankierende Maßnahmen sind dafür notwendig.
Wie geht es jetzt weiter? Jetzt wurde diese
Ausschreibung vorgenommen, und gewählt wurde das GEWISTA-Projekt, dem ich alles
Gute wünsche. Trotzdem möchte ich daran auch meine Kritikpunkte anbringen.
Wenn Mitte Mai die ersten Terminals aufgestellt
werden, ist es schon sehr blamabel, dass es nicht 150 oder 100 sein werden.
Wissen Sie, wie viele im Mai aufgestellt werden? (GR Dr Herbert Madejski:
Dreißig!) Nein, es sind nicht dreißig Boxen, sondern drei! (GR Dr
Herbert Madejski: Nein, Räder!) Ich habe gefragt, wie viele Terminals - es
gibt im Mai maximal drei! Jetzt gestehe ich diesem Projekt zu, dass es
technologisch ein sehr ambitioniertes ist, wo es um die Registrierung geht. Das
war auch der Vorschlag des Vereins "ViennaBike", da man leider
aufgrund des Verhaltens mit dem anonymen Ausleihen nicht weitergemacht hätte.
Es wird bis zum Juni 2004 dauern, bis die 80 bis 100 Stationen mit 750 bis
1 200 Rädern aufgestellt sind.
Eigentlich hätte aufgrund der
Ausschreibungsbedingungen die GEWISTA ausscheiden müssen. Es war nämlich in der
Ausschreibung ganz klar, dass das mit Mai wieder in Betrieb geht - aber nicht
mit einem Radel! Ich möchte jetzt nicht das GEWISTA-Projekt schlecht machen,
aber es fällt mir nur ein etwas unzutreffender Vergleich ein: Ich habe eine
Garantie, dass mein Haus errichtet wird, und zu dem vereinbarten Zeitpunkt
steht dort am Rande die Hundehütte, nach dem Motto: "Wir haben eh zu bauen
angefangen." Hoffentlich! Es ist jetzt so entschieden, das nehme ich
nolens volens zur Kenntnis.
Ich wünsche diesem Projekt, das technologisch sehr
ambitioniert ist und bei dem du am Anfang eine Bankomat-Karte brauchst, in der
Folge eine Kreditkarte, und in weiterer Folge - was ich zwar sehr begrüße, aber
leider gilt das noch nicht am Anfang - kannst du auch als Jugendlicher eine
eigene Karte erwerben. Wenn du keine Bankomat-Karte hast, damit du es entlehnen
kannst, und mit nur drei Terminals am Anfang ist das schon eine ziemlich matte
Sache. Okay, das dauert jetzt seine Zeit.
Tatsache ist, dass hoffentlich bald wieder viele
Räder unterwegs sein werden, einerseits diese Testräder - ich nenne sie bewusst
Testräder -, aber insbesondere alle diejenigen, die jeden Tag im Stau stehen
oder allzu lange auf die Bim warten, und das, was in vielen Städten der Welt
funktioniert, wofür wir viel, viel weniger Geld brauchen als für großzügige
Straßen- und U-Bahn-Projekte. Damit will ich jetzt nicht gegen die Straßen- und
schon gar nicht gegen die U-Bahn-Projekte polemisieren, sondern einfach sagen:
Für diese braucht man unglaublich viel Geld und sehr lange Zeit.
Um
wirklich etwas für den Radverkehr zu tun, braucht man Mut, braucht man auch -
jawohl! - den Mut zur Provokation, braucht man den Mut, etwas
Öffentlichkeitswirksames hinzustellen. Auch wir, die wir gewusst haben, dass
viel darüber geredet wird, waren überrascht, wie intensiv über das Projekt
diskutiert wurde. Es wurde viel darüber diskutiert, wir sind noch lange nicht
am Ende des Weges, wir stehen beim Radverkehr irgendwo zwischen 3 und
4 Prozent. Diesen Wert auf 8 Prozent zu erhöhen, ist eine ganz schöne
Anstrengung, dafür muss vieles und Wesentliches geändert werden.
Ich sage noch einmal, ich finde es indiskutabel, dass
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