Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 78
nur die Pensionsreform, sondern ebenso die Steuerreform und
zieht sich bis hin zur Postenbesetzung und zum Verkauf der ÖIAG – immer wieder
unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit Intransparenz, Postenvergabe,
Freunderlwirtschaft et cetera betreibt, notwendig ist, dass in Wien ein offener,
transparenter Zugang gewährleistet ist, dass wir uns klar darüber sind, warum
wir die Wiener Holding wollen, wofür wir die Wiener Holding brauchen und welche
Aufgaben sie für uns erfüllt. Dies soll für alle Mitglieder des Gemeinderates,
aber in Wirklichkeit nicht nur für die Mitglieder des Gemeinderates, sondern
auch für den Finanzausschuss, für Menschen, die sich am politischen Leben in
Wien interessiert zeigen, möglich sein. Dieser Zugang muss gewährleistet sein.
Wir wünschen uns daher eine offene, transparente
Diskussion und würden eine Zustimmung zu unserem Antrag sehr begrüßen. – Danke.
(Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Frau Dipl Ing StRin
Dr Rothauer. Ich erteile es ihr.
StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister!
Meine Damen und Herren!
Auch die Wiener Volkspartei wird diesem Akt heute
nicht zustimmen, so wie wir das auch im Ausschuss nicht getan haben. Wir haben
dafür mehrere gute Gründe:
Erstens soll heute an den Magistrat eine
Generalvollmacht erteilt werden ohne Kenntnis, ohne jede Kenntnis – nicht nur
ohne detaillierte Kenntnis, sondern ohne jede Kenntnis –, was der Magistrat
damit machen wird und in welcher Form das umgesetzt wird.
Zweitens sollen wir beschließen, dass
29 Firmenbeteiligungen der Stadt Wien und des Landes Wien in diesen Deal
mit hineingenommen werden, ohne dass wir eine Kenntnis darüber haben, um welche
Firmenbeteiligungen es sich handelt.
Meine Damen und Herren! Das ist eine Art und Weise,
einen Akt zur Beschlussfassung vorzulegen, die indiskutabel ist, die in jedem
Fall komplett abzulehnen ist. (Beifall
bei der ÖVP.)
Man soll uns nicht den guten Willen absprechen, dass
wir von uns aus nicht gerne bereit sind, uns zu informieren, dass wir das nicht
nur als Bringschuld, sondern auch als Holschuld betrachten. Die GRe Dr Tschirf
und Dr Aichinger haben im März eine Anfrage eingebracht, worin sie genau nach
diesen Unternehmensbeteiligungen fragen und darüber Aufschluss haben möchten.
Ich weiß schon, dass die maximale Frist erst Ende Mai ausläuft, aber bitte das
wäre doch zumindest ein Akt der Höflichkeit oder der Courtoisie gewesen, diese
Anfragebeantwortung jetzt schon vorzunehmen, da es einen wirklich konkreten und
schwerwiegenden Anlass dazu gibt.
Ich persönlich alteriere mich auch über die
Verweigerung einer politischen Diskussionskultur. Das hat offensichtlich etwas
mit der Demut zu tun, die der Herr Bürgermeister seinerzeit bei der Regierungsbildung
angekündigt hat und die er den anderen politischen Kräften entgegenbringen
wollte, wohl wissend um sein bequemes Bett der absoluten Mandatsmehrheit. Und
wie viel davon eingetreten ist, darüber haben wir ja schon sehr häufig
diskutiert.
Zweitens hat diese politische Diskussionsunkultur ja
Tradition. Ich darf darauf verweisen, dass die Wiener ÖVP im November 1999 und
im November 2000 wiederum Anträge eingebracht hat mit dem Begehren, die
Regierung beziehungsweise die damals zuständige Stadträtin möge überprüfen
lassen, ob die Firmenbeteiligungen der Stadt Wien und des Landes Wien noch Sinn
machen, welche aufrechtzuerhalten sind, welche allenfalls abzustoßen sind. Es
war nicht das Begehren, meine Damen und Herren, dass man Firmen verkauft, sondern
es war lediglich das Begehr, dass man sich einmal anschaut, wie der Stand der
Dinge ist, und dass man einmal sozusagen eine Art Kassasturz macht.
Damals schon hat die sozialdemokratische Fraktion das
selbstverständlich abgelehnt. Im Übrigen auch mit den Stimmen der GRÜNEN, die
offensichtlich auch gefunden haben, so wie sie es jetzt finden, dass es
überhaupt nicht der Mühe wert oder politisch interessant ist, sich einmal
anzuschauen, ob diese Firmenbeteiligungen Sinn machen.
Deshalb, meine Damen und Herren, wird meine Fraktion
auch gegen den grünen Gegenantrag stimmen. Es wird darin zwar einiges verlangt,
was auch wir unterstützen würden, denn dass man etwa die politische
Zielsetzung, in welcher Form hier integriert wird, die ordnungsgemäße
Abwicklung und auch die Auflistung, worum es sich eigentlich handelt, verlangt,
ist durchaus auch im Einvernehmen mit uns, aber es findet sich der ganz
wesentliche Punkt nicht in diesem Gegenantrag, nämlich dass man sich einmal
anschaut, ob diese Unternehmensbeteiligungen überhaupt noch sinnvoll sind.
Ich weiß jetzt nicht, um welche Beteiligungen es sich
bei diesen 29 handelt, aber aus früheren Listen, die uns über Anfrage oder über
Antrag schon einmal übermittelt wurden, weiß ich, dass, wenn sie noch aktuell
sind, zum Beispiel die Hirschwanger Holzverarbeitungswerke dabei sind, und das
macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Warum macht das keinen Sinn? Weil ich nicht
glaube, dass es die Aufgabe einer Kommune ist, strategisch nicht wichtige Unternehmensaktivitäten
oder Unternehmensbeteiligungen zu halten, es sei denn, dass sie dem Zweck der
Versorgungsgewährleistung in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht entsprechen
würden. Das ist bei einigen offensichtlich nicht der Fall – ich komme noch einmal
auf die Holzverarbeitungsbetriebe zu sprechen –, und es sind auch Beteiligungen
dabei – sofern die frühere Liste noch gelten sollte –, die von der
Privatwirtschaft mindestens ebenso gut, wenn nicht besser als von einer Kommune
besorgt werden könnten.
Daher glaube ich, dass es nicht zu rechtfertigen ist,
dass diese Beteiligungen um jeden Preis aufrechterhalten werden sollen und auch
noch in eine Neukonstruktion eingebunden, ich möchte fast sagen, einbetoniert
werden sollen.
Nun haben Sie, Herr VBgm Dr Rieder, mir ja schon im
Ausschuss geantwortet, aus budgetären Gründen
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