Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 78
werden? Dass wir zurückkaufen? Na, ist in Ordnung, Kollege
Oxonitsch. Dann verkaufen Sie es halt und kaufen Sie es nicht zurück. Das liegt
dann an Ihnen. Aber regen Sie sich dann nicht auf, wenn wir über den Ausverkauf
der Abwasseranlagen in Wien sprechen. (GR Christian Oxonitsch: Du weißt ganz
genau, dass grundsätzlich ein solcher Antrag nicht möglich ist! Das ist reine
Polemik!) Das ist polemisch? Mein Gott! Und jetzt schrecken Sie sich? (GR
Harry Kopietz: In 35 Jahren gibt es die Grünen
eh nicht mehr!) Was machen Sie, seit Sie in Regierungen sitzen? (GR
Christian Oxonitsch: Der Antrag ist polemisch!) Polemik? Ich will nur, dass
sichergestellt wird, dass es, wenn Sie es schon verkaufen, die Stadt Wien
wieder zurückkauft. Sie können zustimmen oder auch nicht. Das obliegt Ihnen.
Apropos Polemik! Sie argumentieren das Cross-Border-Leasing
mit dem Umweltschutzgedanken und setzen sich überhaupt nicht damit auseinander,
was für Innovationen in den nächsten 20 Jahren möglich sein werden, die
aber dann auf Grund des abgeschlossenen Cross-Border-Leasing-Vertrages möglicherweise
nicht möglich sind. (GR Heinz Hufnagl: In
21 Bezirken können wir das dann noch immer anwenden, wenn es so
sensationelle Neuerungen gibt!) Sie sagen im Gegensatz dazu, wir benötigen
das Geld jetzt, um den Kanal zu finanzieren. Da muss ich Sie schon fragen – und
ich erinnere wieder an die heutige Diskussion zur AVZ –: Wenn StR Rieder (Zwischenrufe
bei der SPÖ) – na ich zitiere ja jetzt nicht mich selber, ich zitiere StR
Rieder im Zusammenhang mit der AVZ – damals davon gesprochen hat, dass in
Wirklichkeit, mit Ausnahme jener Schulden, die schon lange mit fixen
Laufzeitenden sichergestellt sind, die Stadt Wien de facto hochweiß dasteht und
wir deshalb das Geld von der AVZ überhaupt nicht brauchen und lieber die
Stiftungslösung machen, warum brauchen wir dann, um in die Wiener
Abwasserbeseitigung zu investieren, wenn wir als Stadt Wien doch so eine super
Finanzgebarung haben, so windige Finanztransaktionen? Können Sie mir das
erklären? Warum haben wir die 1,7 Milliarden EUR aus der AVZ-Stiftung nicht
gebraucht (GR Christian Oxonitsch: Du
weißt aber auch gar nichts!), und warum brauchen wir jetzt die
25 Millionen oder 30 Millionen EUR aus der Finanztransaktion
Cross-Border-Leasing? Erklären Sie mir das, und dann können wir weiter darüber
reden (GR Heinz Hufnagl: Weil uns die AVZ-Stiftung nicht gehört!), inwiefern Finanztransaktionen
wichtig, richtig und notwendig sind.
Es ist auch noch gesagt worden, es besteht kein
Risiko. Und natürlich kommt man damit: Vor dem Vertragsabschluss zahlt alles
der Arranger. Kollege Stadtrat – ich glaube, Sie haben das gesagt; korrigieren
Sie mich –, Sie wissen genau, dass das nur zum Teil stimmt. Sie wissen genau,
dass es nur für den Fall stimmt, dass die Stadt Wien nicht irgendwie vom
Vertrag zurücktritt, und Sie wissen genau, dass mit der Entscheidung vom Juni
2002, wo die Ermächtigung zum Arrangieren gegeben wurde, ein jetziger Rücktritt
natürlich als willkürlicher Akt ausgelegt werden würde. Das wissen Sie. (VBgm
Dr Sepp Rieder: Wollen Sie den Rücktritt?) Ich glaube, dass es längerfristig
immer noch günstiger kommt, aber sagen Sie nicht, die Kosten trägt der
Arranger. (VBgm Dr Sepp Rieder: Wir
wollen den Rücktritt nicht! Sie wollen den Rücktritt!) Ja. Ich brauche kein
Cross-Border-Leasing. Mir wäre der Rücktritt lieber. Meines Erachtens wären die
verantwortlich zu machen, die dieses Geschäft überhaupt eingefädelt haben. (VBgm
Dr Sepp Rieder: Aber damit würden Sie ja einen Schadenersatz auslösen!)
Schauen
Sie, wenn ich mir überlege, jetzt einen geringen Schadenersatz zu leisten oder
in Zukunft draufzuzahlen, komme ich wieder auf die AVZ zurück. Ich hätte das
Aktienpaket lieber um 20 Milliarden S verkauft als um
23,5 Milliarden S, die es damals wert war. Das wäre auch ein bisschen
ein Verlust gewesen, aber immer noch besser, als jetzt ein Aktienpaket zu
haben, das 4 Milliarden S wert ist. Ja, das wäre mir damals lieber
gewesen. Sie können Recht haben in Ihrer Argumentation und sagen, vielleicht
hätten wir das politisch damals auch kritisiert. Aber das ist das Recht der Opposition,
und dieses Recht der Opposition, zu agieren, wie es sinnvoll erscheint, kann
man sich nicht von einer Regierungsfraktion nehmen lassen.
Vielleicht
ein letzter Punkt noch. (GR Mag Thomas Reindl: Prinzipiell gegen alles!) Nein, nicht prinzipiell gegen alles.
(GR Mag Thomas Reindl: Oh ja!) Wir
haben in vielen Punkten – und das wissen Sie, Kollege Reindl, gut genug –
sinnvolle Vorschläge eingebracht, und es ist in der Regel die
Regierungsfraktion (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Für Sie ist alles sinnlos!), die die sinnvollen
Vorstellungen der grünen Oppositionspartei mit ihrer absoluten Mehrheit
niederstimmt. Das ist traurig und bedauerlich, aber ich bin überzeugt davon,
das wird sich bei den nächsten Wahlen ändern.
Aber noch
ein letztes Wort zum Herrn Stadtrat, und dann komme ich zum Schluss. Ich war
wirklich überrascht, wie Sie bezüglich Bund plötzlich mit moralischen Bedenken
kommen: Die Steuerlast wird auf die Gemeinden übertragen. Der Bund profitiert
von der Steuergesetzgebung, die Gemeinden zahlen drauf.
Ich gebe
Ihnen Recht, und ich kann das sogar mit einer moralischen Überzeugung machen,
aber jemand, der die Steuergesetzgebung anderer Länder schamlos ausnützt,
sollte sich doch davor hüten, bei der eigenen Steuergesetzgebung moralische
Bedenken zu zeigen. – Ich danke Ihnen sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte
ist somit geschlossen.
Der Herr
Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter
GR Erich VALENTIN: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Kollege
Margulies hat am Beginn gefragt, wer sich den Vertragstext durchgelesen hat.
Wenn ich mir jetzt den letzten Antrag ansehe, glaube ich, dass er den
Vertragstext nicht durchgelesen hat. Aber zunächst einmal zum ersten Antrag,
den er gestellt hat.
Er hat gemeint und er beantragt, dass künftighin bei
Verträgen eine deutsche Übersetzung vorliegen soll. Der Herr Vizebürgermeister
hat erklärt, dass er das in Zukunft bei der Behandlung ähnlich gelagerter
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