Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 78
schon erwähnt, dass wir morgen
einen diesbezüglichen Antrag einreichen werden, in dem es darum geht, dass auch
alle für die Abwasserentsorgung notwendigen Einrichtungen unter
Verfassungsschutz gestellt werden sollen und müssen. Denn so dringend wir das
Wasser brauchen, so dringend brauchen wir auch eine Abwasserentsorgung in
Wiener Hand! (Vorsitzender GR Günther Reiter stellt einen Wecker auf das
Rednerpult.)
Schauen wir uns doch dieses Papierl an – das ist ja
kein Vertrag, was wir im Umweltausschuss bekommen haben –, auf Grund dessen wir
motiviert hätten werden sollen, diesen noch nicht fertigen Vertragsergebnissen
zuzustimmen. Da steht drinnen: "Die Transaktion wird derzeit
endverhandelt. Der erfolgreiche Abschluss ... " – Was heißt
"erfolgreich"? Erfolgreich für uns oder erfolgreich für die
amerikanischen Investoren? Und "Investoren" ist ja auch so ein
Kunstwort: Diese Investoren investieren keinen löchrigen Schilling in
irgendetwas! Sie geben keinen US-Dollar als Investition her, sondern sie
partizipieren an einem sehr dubiosen und nebulosen Geschäft. Hier spricht man
von einem "üblichen Transaktionsstandard". Bitte, Herr
Vizebürgermeister, kommen Sie heraus und erklären Sie uns: Was ist der für
Europa oder für Amerika "übliche Transaktionsstandard"? Wo ist der
gesatzt, wo kann man das nachlesen, was der "übliche Transaktionsstandard"
ist? - Es gibt nämlich keinen gesetzlich festgelegten Transaktionsstandard! (VBgm
amtsf StR Dr Sepp Rieder: Zum Beispiel in den Schriften der Kommunalkredit
können Sie das nachlesen! Da können Sie es nachlesen!) Aha. Und das ist
"Standard"? Aber für uns ist das nichts, für uns ist das eine
Seifenblase, und diese kann zerplatzen! Es gibt keinen Standard. Ein Gesetz ist
eine Norm - aber "Transaktionsstandard", das ist ein Kunstwort, das
gibt es nicht!
Das Einzige, was wir kennen beziehungsweise wissen, ist:
Es geht um - das muss man sich anschauen - "voraussichtlich
500 Millionen US-Dollar". Der Nettobarwertvorteil "wird die
vereinbarte Untergrenze erreichen." - In dem Papierl, das wir bekommen
haben, ist diese Untergrenze für uns nicht ersichtlich. Und: Das Ganze wird
unmittelbar danach, nach Vertragsabschluss, endgültig bestimmt werden. Da steht
es ja wortwörtlich: "und werden zum Abschlusszeitpunkt beziehungsweise
unmittelbar danach endgültig bestimmt".
Wir stimmen also heute mit Ja - wenn wir verrückt
genug sind -, und dann wird unmittelbar danach, aber auf jeden Fall nachdem wir
zugestimmt haben, irgendetwas endgültig bestimmt. - Ja um Gottes willen, so
kann es doch in einem Vertrag über Milliarden nicht wirklich drinnen stehen!
Das heißt, wir kennen unser Risiko – 500 Millionen US-Dollar -, aber
unseren Vorteil, unseren angeblichen, kennen wir nicht.
Und was ist, wenn dieser ominöse Investor - das ist
ja in Wirklichkeit nur ein Strohmann, denn die bezahlen ja nichts, der Investor
investiert nichts, es wird ja überhaupt nichts investiert; der Investor
kassiert, aber er investiert nicht! - einfach in Konkurs geht? Dem Investor
gehört ja nichts, und er hat auch nichts. Der Investor bekommt nämlich einen
Kredit von seiner Muttergesellschaft - die sich locker abputzen kann -, und
dann bekommt er noch einen Serie-A-, einen Serie-B- und einen Serie-C-Kredit.
Von wem bekommt er diesen Kredit? - Kein Mensch weiß es, ob das gutes,
ehrliches Geld ist, ob das Geld aus der Schwarzgeldwäscherei stammt oder von irgendwelchen
Cayman-Inseln. Kein Mensch weiß, wo dieses Geld herkommt. Und es steht ja schon
in der Presseerklärung von heute: Geld stinkt nicht. - Nun, Geld stinkt schon:
Man muss schon schauen, wo man Geld als Kommune herbekommt!
Und dann kann es durchaus noch passieren, dass dieser
John Hancock Trust, wenn die Gemeinde Wien nicht in der Lage ist, die Dinge
zurückzukaufen, der Eigentümer dieser Anlagen wird. Der hat natürlich gar kein
Interesse am Betrieb von Kanalisationsanlagen, sondern der muss - und das ist
auch legitim - Interesse daran haben, optimale finanzielle Vorteile zu
erzielen. Und hier steht es auch schon: "Sollten die Kanalgebühren nicht
ausreichen, einen vertretbaren Ertrag für die ursprüngliche Investition, für
das Fruchtgenussrecht und eine Rückführung der ursprünglichen Investitionen zu
erwirtschaften, verpflichtet sich die Stadt Wien, entsprechende
Kompensationszahlungen an den John Hancock Trust zu leisten."
Was ist bitte, Herr Bürgermeister, ein
"vertretbarer Ertrag"? Den vertretbaren Ertrag hätte ich genau in
Schilling, Dollar, EUR, in Prozenten, in Promillen ausgewiesen. Hier steht,
dass es ein "vertretbarer Ertrag" für die ursprüngliche Investition
sein soll. Es steht ja nirgends, wie groß dieser Ertrag sein wird.
Das heißt zusammenfassend: Wir kennen keinen Vertrag,
es gibt keinen Vertrag. Wir wissen nur, dass bei dieser Transaktion ein großes
Risiko vorhanden ist. Wir sind nicht mehr Herr unserer Kanalanlagen, denn es
kann ja nicht so sein, dass man in Österreich spielt: ja, wir sind die Herren
über die Kanalanlagen!, und in Amerika spielt man: nein, nein, der John Hancock
Trust ist der Herr über die Kanalanlagen! - Dort geht es auch in die
Bilanzsumme hinein. Dort schaut es glänzend aus als Investition, die keine
Investition ist.
Ich sage Ihnen Folgendes: Diese Seifenblase ist der
Raubzug in zukünftige Generationen - ich bediene mich des Wortes
"Raubzug", weil "Raub" ja ein kriminelles Wort ist, im
Sinne des Herrn Bgm Häupl -, und ich lehne namens meiner Fraktion diesen Raubzug
ab! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Ich
hoffe, Herr Kollege Blind, dass wir mit diesem kleinen Wecker die Technik
halbwegs hingebracht haben.
Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Reindl. Ich erteile
es ihm.
GR Mag Thomas Reindl (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn ich mir die Ausführungen meines Vorredners, des Herrn
Kollegen Blind, anhöre - "Raubzug", "dubios",
"Schwarzgeldwäscherei", Schmutzgeld, was auch immer -, dann würde ich
ihm, der ja auf diesem Gebiet ein
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