Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 78
Zivilrecht und damit auch eine Regelung der Frage gibt, nach
welchem Recht Vertragsverhältnisse juristisch zu beurteilen sind. Dabei spielt
es eine Rolle, ob es sich um ein Sachgut handelt: Dann gilt nach dem
internationalen Zivilrecht das Recht des Ortes, an dem sich die Anlage
befindet; sonst gilt das, was beim Vertragsrecht vereinbart worden ist. Das
heißt, es gilt hier amerikanisches Recht und amerikanische Gerichtsbarkeit,
aber für das Sachrecht, für die sachrechtliche Komponente gilt das Recht des
Standorts, also das österreichische Recht.
Das Zweite, was man dazu sagen muss - es ist auch
bereits erwähnt worden -, hat auch dazu geführt, dass als der zweite
Gerichtsstand London vereinbart worden ist: Es gibt Begrenzungen im
Exekutionsrecht. Das heißt, es ist nicht jedes ausländische Urteil automatisch
in Österreich vollstreckbar. Also die Sorge, dass jetzt die Kanäle im
21. Bezirk ausgegraben, verpackt und nach Amerika gebracht werden könnten,
ist nicht realistisch (GR Günter Kenesei: Das hat auch niemand gesagt!),
und zwar nicht nur unter dem realen Aspekt, sondern auch in einem juristischen
Sinn. Es ist dies hier sozusagen eine naturgemäß auftretende Sorge, aber auf
der anderen Seite muss man sich richtigerweise auch fragen, meine sehr geehrten
Damen und Herren: Was ist das für eine grundsätzliche Mentalität in einem
internationalen Wirtschaftsverkehr, wenn wir uns jetzt beklagen und jammern, dass
irgendwo anders auf der Welt ein Gerichtsstand besteht? Im internationalen
Wirtschaftsverkehr sind die meisten Gerichtsstände, was Kapitalgeschäfte
betrifft, London, der größte Börsenstandort, und in den USA! Also wenn man da
jetzt plötzlich aufgeschreckt draufkommt: jessas na, wir müssen uns
möglicherweise mit unseren Ansprüchen vor einem Gericht in einem anderen
europäischen oder außereuropäischen Land durchsetzen!, Gott behüte, London hat
vielleicht mit Großbritannien zu tun!, welche Angst, dass wir dort vielleicht
im Rahmen der Europäischen Union prozessieren müssen!, dann ist da, muss ich
sagen, ein bisschen die Entwicklung der Zeit verschlafen worden. Ich denke
aber, dass das an sich kein Problem ist.
Wir sind selbstverständlich zur laufenden Wartung und
Anpassung an den Stand der Technik verpflichtet, und das entspricht ja auch dem
Anliegen, das wir selbst vertreten: dass diese Anlagen eine wichtige Sache der
Daseinsvorsorge sind.
Als letzten Punkt möchte ich noch Folgendes erwähnen:
Es ist natürlich so, dass die Einkünfte aus dem Betrieb, also die Gebühren,
jetzt nicht an den amerikanischen Investor abgeliefert werden, sondern das ist
sozusagen ein innerösterreichischer Vorgang.
Warum tun wir das? - Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Ich kann mich noch gut erinnern an öffentliche Diskussionen, die auch
hier geführt wurden, über den Zustand der Senkgruben in Teilen des Stadtteils
nördlich der Donau. Die Sanierung dieses Bereichs, die rasch und zügig erfolgen
sollte, geht mit den allgemeinen finanziellen Möglichkeiten des Budgets nur
sehr, sehr langsam vor sich. Die Chance wahrzunehmen, mit dem Geld aus dieser
Cross-Border-Leasing-Aktion das Kanalnetz auf den modernsten Stand auszubauen -
und es ist von allem Anfang an darauf hingewiesen worden, dass wir dieses Geld
dafür verwenden und es nicht einfach abschöpfen und für irgendwelche
Lustbarkeiten ausgeben -, hat doch Sinn! Ich verstehe insbesondere die Position
der GRÜNEN nicht, dass sie nicht vehement sagen: Jawohl, das wollen wir! Wir
wollen eine rasche Sicherstellung dieses Bereichs der Daseinsvorsorge! Statt
dass das 15 oder 20 Jahre dauert, können wir das rasch erledigen!
Zweitens: Wir haben dieses Finanzierungsgeschäft auch
mit einer Kreditaufnahme gekoppelt, auch wiederum zu dem Zweck, im Bereich der
Wasserversorgung eine entscheidende Verbesserung sicherzustellen. Also wir
verbröseln die dadurch gewonnenen Mittel nicht, sondern wir setzen sie gezielt
für Belange ein, die der Daseinsvorsorge und dem Umweltschutz dienen.
Ist das schlecht? - Ich kann daran nichts Schlechtes
finden. Ich halte das für eine wichtige Sache! Man muss auch dazusagen: Wir
entlasten mit dieser Maßnahme den Steuerzahler und schaffen uns den
finanziellen Spielraum für Maßnahmen, die ich geschildert habe, die uns – das muss
man auch dazusagen – der Finanzminister der Republik zunehmend raubt.
Gestatten Sie mir anknüpfend an das, was Frau
Kollegin Schmalenberg hier gesagt hat, eine Bemerkung. Sie hat gemeint, Wien
hat genug Probleme. - Jawohl, wir haben genug Probleme – und zwar mit dem
Finanzminister, der beispielsweise im Rahmen der Steuerreform, die jetzt
angekündigt worden ist, einen Schritt tun wird, den ich für einen wirklichen
Skandal halte: Im Jahr 2004 wird die gesamte überwiegende Belastung, die
sich aus der Steuerreform ergibt - es fallen ja Einnahmen weg -, auf die
Gemeinden und Länder übertragen, während der Bund selbst durch eine Erhöhung
der Steuern - Mineralölsteuer, Energieabgabe und Energiesteuer plus
Umsatzsteuer auf diese Bereiche - mit einem Plus von 34 Millionen EUR,
nach seinen eigenen Berechnungen, aussteigt.
Angesichts dessen frage ich Sie: Was ist das für eine
Vorgangsweise, dass auf der einen Seite beklagt wird, dass wir uns hier
sozusagen irgendwie auf eine unkonventionelle Weise Geld verschaffen, während
wir auf der anderen Seite mit einem Finanzminister konfrontiert sind, der
ständig seine Hand in die Tasche der Steuerzahler, aber auch der
Gebietskörperschaften steckt? (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet hat sich Herr GR Blind. Wir sind
in der zweiten Runde, er hat jetzt also 20 Minuten Redezeit. - Bitte
schön.
GR Kurth-Bodo Blind (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Herr Vizebürgermeister hat immer von Verträgen gesprochen,
nur: Ich glaube, er hat das Papier nicht gelesen, über das er heute geredet
hat. Herr Vizebürgermeister! Sie haben das Papier nicht gelesen! – Nun ja, er
hört auch nicht zu. Das ist ja ganz klar. (GR
Harry Kopietz: Bei so einem Schwachsinn!) - Ja, das ist richtig: So ein
Schwachsinn! - Der Herr Vizebürgermeister hat
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular