Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 78
Gerüchten darüber, sich aus der Politik zurückzuziehen,
glaubt, auch für den Finanzstadtrat. Ist das wirklich die Überlegung, jetzt
geschwind den Gewinn zu lukrieren, und was in 20, 30 Jahren der Fall sein wird,
geht mich nichts an? (GR Kurth-Bodo Blind: Das Konzept der Sozialisten!)
Was für Probleme wir dann als Stadt Wien dadurch haben, dass möglicherweise
Probleme bei der Abwasserbeseitigung auftreten, geht mich nichts an - ist das
Ihre Politik? Ist das die Politik, bei der Sie immer sicher sind, dass nichts
passiert, und binnen zwei Jahren - wir haben es beim vorigen Tagesordnungspunkt
gehört - sind 1,5 Milliarden EUR einfach spurlos verschwunden? (GR
Heinz Hufnagl: Sie können Buchwerte und Realwerte nicht unterscheiden!) Ist
das Ihre Politik, dass nichts passiert, dass das AKH nie gebaut wurde und
deshalb der AKH-Skandal tatsächlich nie da war - ist das Ihre Politik? Oder
schaffen Sie mit uns - man kann über politische Entscheidungen
unterschiedlicher Meinung sein, das ist ja das Leben in der Politik - zumindest
die Grundvoraussetzungen dafür, dass Demokratie wieder ernst genommen wird!
Ich komme daher auf den ursprünglichen Punkt zurück:
Übersetzen Sie zunächst einmal den Vertrag auf Deutsch, und reden wir dann
weiter. - Ich danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächster Redner ist Herr GR Dr Aichinger gemeldet. Ich erteile ihm das
Wort.
GR Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr
Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben es heute hier mit einem Akt zu tun, den wir
vor genau einem Jahr ebenfalls in diesem Gemeinderat bereits beschlossen haben,
mit großer Mehrheit, und dies wurde damals auch mit Teilen der GRÜNEN-Fraktion
beschlossen. Ich verstehe daher nicht unbedingt den Herrn Dipl Ing Margulies,
der sich jetzt vor allem auf die englische Sprache einschießt und glaubt, dass
man solche Verträge nicht abschließen kann.
Meine Damen und Herren! Wir haben, wie gesagt, diese
Cross Border Leasing Transaktion bereits voriges Jahr in diesem Hause
beschlossen. Meine Fraktion - und vor allem Frau StRin Rothauer - hat damals
ganz ausführlich dargelegt, warum wir für diese Variante sind, beziehungsweise
hat vor allem dargelegt, dass wir es in einem größeren Kontext sehen möchten,
in dem ganz einfach über verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten für neue
Projekte innerhalb der Gemeinde diskutiert werden sollte. Sie hat auch
angeführt, dass andere Finanzierungsmöglichkeiten diskutiert werden sollten -
ich darf sie nur stichwortartig nennen - wie etwa Public Private Partnership
oder auch Privatisierung in verschiedenen Bereichen, etwa Firmenbeteiligungen,
die, nehmen wir an, die Gemeinde nicht braucht - im nächsten Tagesordnungspunkt
werden hier von der Mehrheit heute ebenfalls ähnliche Dinge beschlossen werden
-, oder dass Widmungsgewinne oder Widmungsvorteile mit Privaten hier zu
weiteren Finanzierungen ermöglicht werden sollen.
Meine Damen und Herren! Ich darf vielleicht ganz kurz
eingehen auf den Akt vom Jahr 2002 im Vergleich zum Akt von 2003, der sich ein
bisschen verändert hat. Ich möchte vor allem darauf hinweisen, dass im Akt 2002
dringestanden ist, dass eine Finanzierungsvariante gewählt beziehungsweise
vorgeschlagen wird, wodurch man weiter investiert. Ich darf daher an dieser
Stelle gleich anfügen, dass wir diese Finanzierungsvariante nicht als
Budgetsanierung sehen, wie mein Vorredner unter Umständen gemeint hat, sondern
es ist eine Finanzierungsvariante zur Weiterfinanzierung in dieses Kanalsystem,
wie dies im Akt voriges Jahr vorgelegt wurde, dass noch zirka
140 Millionen EUR, nehmen wir an, in diesem Kanalsystem notwendig
wären.
Es ist auch von einer anderen Summe die Rede gewesen,
von einem Transaktionsvolumen von über 700 Millionen EUR, und es ist
uns auch ein Netto-Barwertvorteil von über 7 Prozent vorgestellt worden,
was ungefähr einen Netto-Barwertvorteil von umgerechnet
55 Milliarden EUR ergeben hätte, und das wäre eben eine
Zusatzfinanzierung gewesen, um dies zu bauen. Natürlich ist 2002 auch
dringestanden, dass das Werte sind, die der Magistrat mit seinen Beratern und
Mitarbeitern errechnet hat. Es sind damals auch bereits Untergrenzen
dringestanden: Man will nicht unter 500 Millionen EUR gehen, und man
geht nicht unter 4,5 Prozent.
Im jetzigen Akt ist es so weit, dass abgeschlossen
werden soll, sodass es bei diesen 500 Millionen US-Dollar - das sind nicht
ganz 500 Millionen EUR - mit 4,5 Prozent zu einem Netto-Barwertvorteil
kommen sollte, was ungefähr 25 bis 30 Milliarden EUR ergeben sollte.
Meine Damen und Herren! Eines steht fest, dieses
Vertragswerk ist sehr, sehr kompliziert. Es wird nicht zum ersten Mal
angewendet, auch nicht in Österreich. Es ist daher auch eine Sache des
Vertrauens in den Magistrat beziehungsweise die Mitarbeiter des Magistrats,
dass das ordentliche Verträge sind. Es ist aber auch so, dass es eine
politische Verantwortung gibt, und diese wird die Stadtregierung natürlich
tragen müssen, wenn es in diesem Zusammenhang zu Malversationen kommt. Denn die
Opposition war in diesen Verhandlungen kein gleichberechtigter Partner, weil
die Auskünfte nicht entsprechend vorgelegen sind.
Meine Damen und Herren! Für uns, die ÖVP, gibt es aber
Kriterien, wonach wir dieser Cross Border Leasing Transaktion zustimmen. Das
eine ist, es muss immer wieder eine politische Diskussion geben. Gibt es
Finanzierungsmöglichkeiten neben der normalen Budgeterstellung? Es muss
Transparenz geben. Es darf nicht zur Budgetsanierung verwendet werden, sondern
es muss für weitere Informationen genommen werden. Und, meine Damen und Herren
- auch das ist immer nötig -, es muss über Endergebnisse berichtet werden,
darüber, was nach diesem Closing herauskommen wird. Ich glaube, dann ist es
eine Möglichkeit, hier weiter zu investieren und für die Stadt etwas zu
erledigen. - Herzlichen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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