Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 78
Chorherr schon sehr detailliert und durchaus pointiert
dargestellt worden.
Vom Kollegen Tschirf, der damals der Hauptredner und
Initiator der ÖVP war, wollte ich nur noch einen Satz hier authentisch
wiedergeben. "In diesen Tagen werden in Wien wirtschaftspolitische Weichenstellungen
vorgenommen. Es ist eine Bank, die Bank Austria, tatsächlich in eine große
Bankenstruktur eingebracht, und damit geschieht das, was Teil dieser Aktuellen
Stunde ist" - nämlich der vom September 2000 - "Bank Austria von
der Gemeindesparkassse, wie sie 1906 gegründet wurde, zur international
renommierten Großbank."
Die wirtschaftsliberale Fraktionsführerin der jetzt
nicht mehr vertretenen Liberalen, Gabriele Hecht, hat gemeint: "Das ist
ein gut gewähltes Thema für eine Aktuelle Stunde einer Regierungspartei, weil
es eigentlich niemand in Österreich gibt, weder in den Expertenrunden noch in
den politischen Parteien, der diesen Schritt der Bank Austria, eine
strategische Allianz mit einem ausländischen Partner einzugehen, nicht als
einen richtigen Schritt empfinden würde und so machen wir es auch."
Ich darf den heute nicht redenden Kollegen Wagner von
den Freiheitlichen zitieren, der auf den Titel der damaligen Aktuellen Stunde
replizierend, gemeint hat: "Das ist eine internationale Bank und es wird
sich auch meiner Meinung nach diese Fusion in Europa und für Österreich nicht
schlecht auswirken. Ich gebe dieser Bank Zukunft."
Schlussendlich hat der lange, stramme Freiheitliche
und dann das lebende Gewissen der Wiener FPÖ und der Ordolibale Rüdiger Stix
gemeint: "Ich stehe daher nicht an zu sagen, ich glaube aus meiner Sicht
als Kommunalpolitiker, dass diese strategische Partnerschaft mit Bayern, soweit
ich weiß, immerhin das erfolgreichste Land Mitteleuropas, wenn man es als Land
nimmt, a) eine Konzentration aus Stärken ist und b) eben nicht ein blinder
Ausverkauf oder gar eine Verscherbelung von Familiensilber."
So weit Zitate aus dem Jahr 2000. (GR Mag Christoph Chorherr: Und was ist der
SPÖ zu dem Thema eingefallen?)
Unbeschadet dessen, meine Damen und Herren, ist das
heute von der ÖVP verlangte Aktuelle Thema, nämlich "Die Privatisierung
der Bank Austria - eine Zwischenbilanz", mit einem wesentlichen
Schönheitsfehler behaftet. Der Titel ist nach wie vor schlicht und einfach falsch.
Daher muss ich nolens volens dem Klubobmann der ÖVP und den acht
mitunterzeichnenden Freunden seiner Fraktion, aber, wenn Sie so wollen, allen
Damen und Herren der geschätzten Oppositionsparteien, doch eine kurze Nachhilfe
in Sachen Sparkassenrecht geben.
Die Anteilsverwaltung Zentralsparkasse ist größter
einzelner Aktionär der vormaligen Bank Austria, war und ist eine
eigentümerlose, de jure sich selbst gehörende Sparkasse und daher niemals
Besitz der Stadt Wien. Laut Österreichischem Sparkassengesetz ist das natürlich
eine Regelung, die die Eigentümerlosigkeit sämtlicher Anteilsverwaltungen
Österreichs gleichermaßen regelt. Die von allen alten und neuen
Oppositionspolitikern dieses Hauses so oft angesprochene Privatisierung hätte
viel mehr den Charakter einer Pseudokommunalisierung gehabt. Der danach erst
mögliche Verkauf des Aktienkapitals der AVZ - heute auch wieder angesprochen,
was wir nicht alles mit dem Geld tun könnten - wäre lupenrein der Vorgang einer
entschädigungslosen Enteignung gewesen, ein Vorgang, der übrigens von keinem
der so genannten selbst ernannten Experten für Privatisierungen und Erlöse,
Marke Tschirf, Serles, Neuhuber und Co, für irgendeine andere politische
Einheit verlangt werden würde. Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist übrigens
auch die Tatsache, dass kein Wiener Politiker je auf die Idee käme, genauso
rechtswidrige Liquidierungen zum Beispiel bei der zweiten Wiener Sparkasse,
nämlich bei der ERSTE Bank zu verlangen, nur damit Geld in den Schoß der Stadt
Wien fallen würde. Die eigentumsrechtliche Veränderung einer Privatisierung war
daher bei der Bank Austria mangels Voraussetzung unmöglich. Daher hat auch die
Argumentation des Kollegen Neuhuber von Haus aus auf einer falschen Basis
fundierend aufgebaut und ist in sich selbst zusammengebrochen.
Was war tatsächlich im September 2000 in der Bank
Austria geschehen? In einer sehr gut besuchten Hauptversammlung wurde mit einer
überwältigenden Mehrheit ein Merger mit der Bayrischen Hypovereinsbank in Form
eines Aktientausches beschlossen. Was waren nun - das sollte die Sichtweise
dieses Wiener Gemeinderats heute, im Jahr 2003, sein - die wichtigsten Ziele im
Zusammenhang mit diesem Zusammengehen mit der HVB, nicht zuletzt auch aus der
Betrachtungsweise und Interessenlage der Bundeshauptstadt?
Erstens: Die Stärkung und dauerhafte Absicherung der
größten Universalbank unseres Landes.
Zweitens: Die bestmögliche Beibehaltung der
betriebswirtschaftlichen und der handelsrechtlichen Autonomie dieses Instituts.
Drittens: Die sukzessive Reduzierung des Risikos der
Stadt Wien als Träger einer, wenn auch nur sehr theoretischen und äußerst
unwahrscheinlichen, Ausfallshaftung.
Was wurde seither in weniger als drei Jahren
erreicht?
Erstens: Die unternehmerische Selbstständigkeit der
BA-CA-Group und ihre territoriale Exklusivrolle in Österreich und CEE wurde im
Regionenvertrag festgeschrieben und wird seitdem auch in diesem Haus konsequent
gelebt.
Zweitens: Die Bank Austria - Creditanstalt ist das
Kompetenzcenter für die Märkte in Österreich und Zentral- und Osteuropa
schlechthin und besitzt damit einen überproportionalen Stellenwert innerhalb
des gesamten HVB-Konzerns.
Drittens, aus Sicht der Stadt Wien betrachtet, sehr
wesentlich: Das Thema Haftung reduziert sich laufend, wie ein Blick in die Rechnungsabschlüsse
der Stadt Wien beweisend darbieten kann.
Viertens: Die AVZ-Stiftung ist weiterhin in der Lage, die
Dotierung des Wissenschafts- und Technologiefonds
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