«  1  »

 

Gemeinderat, 27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 78

 

immer, völlig zu Recht, Arbeitsplätze zu sichern. Das ist voll in die Hose gegangen. Ich zitiere Ihnen aus dem Geschäftsbericht der Bank Austria 2002: "Die anspruchsvollen Personalstandsziele für 2002 wurden nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen." Es wurde - das hat auch GenDior Randa in einem Interview gesagt - von 15 000 auf 11 000 abgebaut. Das Geld aus der Beteiligung ist futsch, meine Damen und Herren, und die Arbeitsplätze sind auch weg. (GR Kurt Wagner: Darüber sind Sie froh! Da haben Sie in der ERSTE Bank andere Möglichkeiten!) Das ist Finanzpolitik à la Betriebsratschefin.

 

Es gibt aber nicht nur die Frage der moralischen Verantwortung für die Politik. Es gibt auch eine Frage der Managementverantwortung. (GR Kurt Wagner: Schauen wir uns das in der ERSTE Bank an!) Es geht hier nicht nur um das Geld der Gemeinde, sondern auch um viele kleine Anleger, meine Damen und Herren. Wenn Sie nämlich im Jahr 2001 etwa 15 000 EUR in die HVB-Aktie als Anleger investiert haben, dann haben Sie heute noch 2 500 EUR über. Da ist es schon sehr zynisch, wenn der Generaldirektor von der Geduld, die die Anleger aufbringen müssen, spricht, meine Damen und Herren. Die Geduld ist nämlich in vatikanischen Dimensionen zu messen, einerseits was die Dauer betrifft, weil es wird sehr lange dauern, bis wir wieder auf ein höheres Niveau kommen, und zweitens auch was die Geduld und den Willen zur Vergebung der Sünden betrifft.

 

Meine Damen und Herren, gerade über das Management wäre noch sehr viel zu sagen, auch über das, was ein Manager sagen darf und wie ehrlich er in der Öffentlichkeit sein muss, wenn Sie etwa an die Faschingsscherze denken, von denen der Generaldirektor bei der Bank-Austria-Übernahme noch gesprochen hat, oder die dummen Hirngespinste, dass die BA wieder auf den Kurstitel der Wiener Börse zurückkommt, und das ungefähr eine Woche vor der Vorankündigung. Also mit der Wahrheitsliebe des Managements ist es auch nicht immer zum Besten. (GR Kurt Wagner: Sie wissen schon, dass der Randa Generaldirektor ist?) Ich glaube, das ist in Zukunft eine typische Frage für das Corporate Government, für die Ethik und Moral auch in der Unternehmensführung.

 

Oder ein anderer Spruch, den ich Ihnen noch zum Abschluss präsentieren möchte, weil er gut hineinpasst.

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner (unterbrechend): Herr Mag Neuhuber, ich hoffe, es ist Ihnen nicht entgangen, die Redezeit ist schon vorbei.

 

GR Mag Alexander Neuhuber (fortsetzend): Ich bin gerade beim Schluss, Frau Vorsitzende.

 

Ein anderer Spruch des Generaldirektors lautet: "Bank Austria alleine zu spielen zu wollen, wäre nachteilig für die Zukunft." Das, meine Damen und Herren, war offensichtlich der falsche Titel. Es hätte besser heißen sollen: "Titanic, Teil 2, bis das Bild der Wienerinnen und Wiener in den Fluten der deutschen Bankenwirtschaft verschwunden ist."

 

Es geht hier um eine moralische Verantwortung der Politiker, aber auch um eine moralische Verantwortung des Managements, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. - GR Godwin Schuster: In den Spiegel schauen!)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass man nur noch fünf Minuten zur Verfügung hat und sich nur einmal zum Wort melden darf.

 

Als nächster Redner ist Herr Mag Chorherr gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Mein Vorredner fragt nach der politischen Verantwortung. Noch spannender wäre es gewesen, wenn nicht der Herr Neuhuber gesprochen hätte, sondern der Herr Tschirf oder der Herr Görg. Denn wer ist denn dafür verantwortlich, dass in der Tat der größte Flop in der Wirtschaftsgeschichte Wiens des letzten Jahrzehnts passiert ist? Es wurde richtig gesagt, 90 Prozent des Vermögens, das im Einflussbereich der Stadt Wien stand, ist - dass ist die Aktienentwicklung - hinuntergegangen. Wer trägt denn dafür die Verantwortung?

 

Zum Glück gibt es die APA. Ich zitiere jetzt ein paar Leute.

 

Ich zitiere den Herrn Tschirf: "Meilenstein intelligenter Wirtschaftspolitik und Privatisierung". (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) "Und wem ist das zu verdanken? Dem unermüdlichen Einsatz der Volkspartei ist das zu verdanken." - 29. September 2000. Hier wurden Packerln ausgeteilt. Leider habe ich mir das Packerl nicht aufgehoben. Hier sind Sweeties ausgeteilt worden. Darauf ist "100 Prozent Brain Power Görg" gestanden. Das haben Sie hier ausgeteilt. Ich habe das Packerl leider weggeschmissen. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Das war der Teil. Also Sie waren zu 50 Prozent an dem Flop mitverantwortlich.

 

Ich habe mir etwas Zweites ausgedruckt. Das hat der Herr Neuhuber richtig andiskutiert. Es geht um die tolle Idee, an die HVB zu verkaufen. 90 Prozent ist das hinuntergegangen. "Die arme, allein gelassene Erste Oesterreichische." Sie und die SPÖ haben es gesagt. "Die Bank Austria ist allein nicht lebensfähig und muss in europäische Strukturen eingebunden sein."

 

Die allein gelassene Erste Oesterreichische hat einen Zuwachs von 30 Prozent an Wert gehabt, und die intelligente unter rot-schwarzer Vorgabe geführte Bank Austria hat 90 Prozent des Wertes verloren, Geld, das jetzt der Gemeinde fehlt. Das ist der Wahnsinn! Da war ein Vermögen im Nahbereich der Gemeinde Wien, das in etwa dem gesamten Schuldenstand der Stadt Wien entsprochen hat, wo die Brain Power Görg/Tschirf, die Brain Power der Zukunft, gesagt hat, Technologiefonds. Wie wird dieser Technologiefonds in Zukunft dotiert werden? Kaufen jetzt die versprengten ÖVP-Mitglieder im Zuge ihrer Neustrukturierung HVB-Anteile, um die Kurspflege zu betreiben? Oder was passiert da? Wer trägt die Verantwortung?

 

Die Verantwortung für diesen größten wirtschaftspolitischen Flop in Wien tragen zwei Parteien. Die Anteile daran können sie sich ausmachen. Das ist die SPÖ und das ist die ÖVP.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular