Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 78
Bgm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Ich will einmal völlig davon absehen, dass ich die
ganze Zeit, die ich jetzt in der Wiener Stadtregierung tätig bin, eigentlich
keine Weisungen gebraucht habe, um meine Vorstellungen durchzusetzen. Ich habe
auch im gegenständlichen Fall keine Weisung gegeben, sondern ich habe in der
Pressekonferenz, die ich gemeinsam mit dem Wiener Kulturstadtrat gegeben habe,
als wir die Restitution, respektive den Rückkauf der Strauß-Sammlung,
vorgestellt haben, gemeint, dass man neben der Katalogisierung und wenn man so
will archivarischen Aufbereitung auch die wissenschaftliche Zugänglichkeit und
die wissenschaftliche Aufarbeitung gewährleisten soll. Zu dem stehe ich
ungebrochen. Zu dem steht auch der Herr Kulturstadtrat ungebrochen. Das wird
selbstverständlich auch in Zukunft gewährleistet sein.
Wenn Sie so wollen, wird dies binnen Monatsfrist auch
in formeller Hinsicht erledigt werden. Ob das ein Planstelle ist oder ein
bereits bestehender Dienstposten, ist mir völlig egal, nur die
wissenschaftliche Aufarbeitung muss gewährleistet sein.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Erste Zusatzfrage.
GRin Waltraud Cécile Cordon (Grüner Klub im
Rathaus): Herr Bürgermeister!
Danke, das freut mich natürlich zu hören. Ich glaube,
es gibt allerdings Meinungsverschiedenheiten. Mir wurde gesagt, es war eine
Weisung und ein dringender Wunsch des Herrn Bürgermeisters. Aber egal, wie auch
immer, nachdem ich jetzt höre, dass es umgesetzt wird, was, wie ich glaube,
sehr dringend ist, weil wie Sie wissen werden, ist 2004 ein Jubiläumsjahr, das
heißt der 200. Geburtstag von Johann Strauß Vater. Johann Strauß Vater
wurde bis jetzt überhaupt noch nicht erforscht.
Meine Frage ist: Glauben Sie, dass es bis zum
nächsten Jahr geschafft sein wird, einiges schon auch auf diesem Gebiet zu
erforschen und herauszubringen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Frau Gemeinderätin!
Zunächst ist es nicht nur eine Wortspielerei, wenn
ich auf den Unterschied zwischen "dringendem Wunsche" des
Bürgermeisters und "Weisung" beharre, weil es dabei eine
Rechtsrelevanz gibt. Dringende Wünsche des Bürgermeisters haben zwar eine faktische
Relevanz, aber keine Rechtsrelevanz. Bei einer Weisung ist es vielleicht
umgekehrt der Fall, das halte ich für durchaus denkmöglich. Also bitte ich um
Verständnis dafür, dass ich das nicht als Wortspielerei betrachte.
Zum Zweiten: Was ich Ihnen zusagen kann, ist, dass es
ganz sicherlich die Voraussetzung dafür geben wird, dass eine wissenschaftliche
Aufarbeitung gewährleistet ist. Welche Projekte zu diesem Zeitpunkt in welchem
Entwicklungszustand sein werden, werden wir beide den Wissenschaftern überlassen
müssen. Das ist letztendlich das Wesen von Wissenschaft. Aber die
Voraussetzungen werden sicherlich geschaffen werden, denn der Herr
Kulturstadtrat, ich und alle anderen Interessierten haben zweifelsohne ein ganz
hohes Ausmaß an Interesse daran, dass neben der Archivierung, wenn man das fast
mit einer musealen Begrifflichkeit versehen hat, auch die wissenschaftliche
Aufarbeitung und somit die öffentliche Zugänglichmachung der entsprechenden
Arbeiten gewährleistet ist. Das wollen wir auch tun.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die nächste Zusatzfrage, Herr Dr Salcher.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Kolportierterweise hat der Finanzstadtrat dem
Kulturstadtrat ungefähr 54 Millionen S - ich darf das noch in
Schilling sagen, weil es damals Schilling waren - für diesen Ankauf zur
Verfügung gestellt, nach dem Motto: "Wenn es weniger kostet, dann kannst
du dich darüber freuen und das im Kulturbudget verwenden, wenn es mehr kostet, musst
du das aber aus eigenen Mitteln tragen." Wir finden das natürlich sehr
positiv, dass die Stadt Wien und Sie, Herr Bürgermeister, sich sehr schnell
dafür eingesetzt haben, diesen Nachlass anzukaufen, aber die tatsächlichen
Kosten sollen unserer Information nach deutlich über 70 Millionen S
liegen. Das heißt, es gibt hier einen Differenzbetrag und die dringenden
Wünsche eines Kultursprechers der ÖVP haben natürlich bei weitem weder die
rechtliche noch die faktische Relevanz, die ein Bürgermeister hat.
Herr Bürgermeister, wären Sie bereit, sich dafür
einzusetzen, dass der gesamte Differenzbetrag für den Ankauf dieses Archivs aus
den Mitteln des Finanzkontos, nicht aus den Kulturmitteln gezahlt werden muss,
weil sonst klarerweise diese Gelder für die Kulturarbeit abgehen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Herr Gemeinderat!
Ich bin davon überzeugt, dass diesen dringenden
Wunsch des Kultursprechers der ÖVP durchaus der Kulturstadtrat teilt. Das war
in der Vergangenheit so, wird in Zukunft so sein und wird wahrscheinlich immer
so sein. Darüber mache ich mir keine Sorgen.
Der Bürgermeister hingegen ist extrem gut beraten,
sich in so genannte Budgetnachverhandlungen, die da offensichtlich moniert
werden, nicht einzumischen und ich folge dieser guten Beratung.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die dritte Zusatzfrage, Herr Mag Ebinger.
GR Mag Gerald Ebinger
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr
geehrter Herr Bürgermeister!
Anlässlich der Diskussion über den Bericht der Restitution
vom Historischen Museum und der Wiener Stadt- und Landesbibliothek 2001 haben
Sie gesagt, es gab 1949 und 1954 Restitutionen, wo das offensichtlich übersehen
wurde, weil es als wenig bedeutsam eingeschätzt wurde. Jetzt ist der Nachlass
Strauß-Meyszner das, was das Historische Museum restituiert hat, 1 900
Gegenstände, was die Stadt- und Landesbibliothek restituiert hat, zirka
1 800 Notendrucke und auch Manuskripte, von der Fledermaus, von anderen
Operetten von Johann
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