Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 78
auch nicht transparent ist, weil ich bis zum heutigen Tag
nicht weiß, wer die mit welchen Kriterien macht und wie diese Evaluierung dann
zu dieser zehnprozentigen Kürzung kommt.
Allerdings erkenne ich bei dieser Vorgangsweise einen
gewissen roten Faden, der sich durch den ganzen Bereich des aktuellen Schaffens
zieht, nämlich den aktuellen Faden, dass jene Institutionen in dieser Stadt,
die wirklich interessante Arbeit machen, am Puls der Zeit von Ihnen tendenziell
nicht ausreichend gefördert werden und das Tanzquartier jetzt um zehn Prozent
gekürzt wird.
Weil Sie die Stirn runzeln: Wir haben heute den Akt
des Depots auf der Tagesordnung. Dieses Geld ist sicher nicht ausreichend, um
ein so wichtiges Haus in dieser Stadt sicherstellen zu können.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Frau Gemeinderätin, zur Frage kommen, bitte.
GRin Mag Marie Ringler (fortsetzend):
Herr Stadtrat, wie ist das nun mit Ihrer kulturpolitischen Vision, wenn Sie
zehn Prozent des Tanzquartierbudgets kürzen werden? Können Sie mir diese bitte
ausführen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Frau Gemeinderätin!
Ich weiß nicht, worauf Sie die Meinung begründen,
dass das Tanzquartier um zehn Prozent gekürzt werden soll. Wenn Sie
Medienberichte ansprechen, dann können Sie sich offensichtlich nur auf einen
Bericht beziehen und nicht auf Berichte. Hätten Sie nämlich die Medienberichte
verfolgt, unter anderem auch das, was ich gestern im Kulturjournal gesagt habe,
dann würde sich die Frage erübrigen. Offensichtlich beziehen Sie sich auf einen
Artikel in der Zeitung "profil", in dem auch nicht ich zitiert werde,
sondern andere Personen zitiert werden.
Ich wiederhole gerne, was ich auch in anderen Medien
schon gesagt habe, dass es sich beim Tanzquartier selbstverständlich genauso
verhält wie bei allen anderen Kulturinstitutionen mit Dreijahresverträgen. Von
einer zehnprozentigen Kürzung kann überhaupt keine Rede sein. Weil Sie gesagt
haben, es sei nicht ausreichend dotiert, möchte ich an dieser Stelle nur
festhalten, dass allein die Investition für das Tanzquartier das
Sechseinhalbfache dessen ist, was der Bund insgesamt für den Tanz ausgibt. Und
das Tanzquartier ist, wie Sie wissen, nur ein Teil dessen, was die Stadt Wien
überhaupt für den Tanz investiert.
Ich glaube auch nicht, dass irgendjemand behauptet,
das Tanzquartier sei nicht ausreichend dotiert. Das wird nicht einmal die
Intendantin machen. Wir gehen im Bereich des Tanzquartiers genau so vor wie bei
allen anderen Institutionen. Dazu sind wir im Übrigen als Subventionsgeber und
Verwalter von Steuergeldern auch veranlasst und angehalten. Wir werden uns
selbstverständlich in diesem Bereich wie in allen anderen genau anschauen, was
die von mir vorher sehr ausführlich genannten Kriterien bedeuten, wie und auf
welche Weise sie erfüllt werden und danach unsere Entscheidungen treffen, die
im Übrigen, wie alle anderen auch, den Organen und Gremien vorgelegt werden.
Eine andere Form der Transparenz gibt es, glaube ich, nirgendwo auf der Welt.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, wie wir das anders handhaben sollten.
Was das
von Ihnen angesprochene Depot anbelangt, gebe ich noch einmal zu bedenken, das
Depot war ursprünglich eine Bundeseinrichtung, ist ausreichend dotiert gewesen
und ist dann im letzten Jahr, nicht zuletzt auf Grund einer einmaligen
Förderung von uns, von Bundesseite noch einmal gekürzt worden. Wir haben uns
für heuer entschlossen, nachdem wir entsprechende Mitteilungen bekommen haben,
dass sich der Bund eventuell doch dazu bewegen lassen könnte, das zu
unterstützen, das mit dem selben Betrag wie im letzten Jahr zu machen. Dass das
unter Umständen nicht ausreichend ist, mag vielleicht sein, aber das gilt für
viele Institutionen in Wien, die von Bundesseite unterstützt werden und die
gekürzt wurden.
Wenn Sie
mich nach meiner kulturpolitischen Vision diesbezüglich befragen, dann sage
ich, es gibt weiterhin selbstverständlich das Bekenntnis der Stadt Wien zum
Tanz, ein ausreichend materiell unterlegtes Bekenntnis der Stadt Wien zum Tanz.
Alles, was in Medienberichten spekuliert wird, ist eines, was wir dann auf
Grund des Dialogs mit unserem Partner, mit dem Tanzquartier und der Evaluierung
machen, ist ein anderes.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die
zweite Zusatzfrage, Herr Dr Salcher.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Ich bin zunächst beeindruckt, wie gut vorbereitet
heute sowohl der Stadtrat als auch die Kultursprecherin der Grünen am Morgen
antreten. Ob Sie mit Ihrer Argumentation richtig liegen, kann ich nicht
beurteilen, das muss man objektiv feststellen. Dass Sie meiner Meinung nach
heute hier falsch stehen, ist aber objektiv, ist, glaube ich, eindeutig.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Herr Dr Salcher, seien Sie mir nicht böse. Wichtig ist, ob Sie eine Frage
ordentlich beantwortet bekommen. Ja oder nein? Egal ob von vorne oder von
hinten.
GR Dr Andreas Salcher (fortsetzend):
Wollen Sie damit sagen, es ist egal, von wo eine Antwort gegeben wird? Gut!
Ich wollte nur fragen. Vielleicht sitzt der Vorsitzende das nächste Mal dann
auch wo anders. Ich bin sowieso die Flexibilität in Person.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Haben wir jetzt wichtige kulturpolitische Themen oder haben wir jetzt ein
Protokollproblem?
GR Dr Andreas Salcher (fortsetzend):
Es war nur eine Frage der Orientierung, weil am Morgen weiß man nie so
genau, wo man hingehört.
Sehr geehrter Herr Stadtrat, die Frage des
Dreijahresvertrages ist eine sehr wichtige. Sie haben die Kriterien aufgezählt,
die am Papier festgeschrieben sind, aber ich glaube, was die Frau Mag Ringler
einfordern möchte und was auch uns interessiert, ist die Frage der Handhabung.
Auf der einen Seite bieten die Dreijahresverträge
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