Gemeinderat,
27. Sitzung vom 23.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 78
(Beginn um 9.00 Uhr.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich
darf die 27. Sitzung für eröffnet erklären. Ich darf Sie alle recht
herzlich begrüßen.
Ich darf mitteilen, dass bis 11.00 Uhr Herr GR
Hatzl entschuldigt ist und ganztägig Frau GRin Tomsik.
Wir kommen zur Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP/01784/2003/0002-KGR/GM)
wurde von Frau GRin Mag Ringler an den amtsführenden Stadtrat der
Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft gerichtet: Die Grünen monieren wegen
intransparenter Vergabe öffentlicher Mittel im Bereich der Darstellenden Kunst
schon seit Jahren die Erstellung und Anwendung klarer Richtlinien für die
Vergabe von Dreijahresverträgen und anderer Finanzierungsformen. Vor einigen
Monaten haben Sie gemeinsam mit den Kultursprecherinnen und Kultursprecher
aller im Gemeinderat vertretenen Parteien eine Studie in Auftrag gegeben,
welche die Freie Theaterszene in Wien untersuchen soll. Es ist aber weiterhin
nicht klar, nach welchen inhaltlichen und ökonomischen Kriterien die
anstehenden Verlängerungen der Dreijahresverträge vorgenommen werden sollen.
Nach welchen konkreten Kriterien werden welche Dreijahresverträge verlängert?
Ich darf um Beantwortung ersuchen.
(Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny begibt sich zum vorderen
Rednerpult.)
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrte Frau
Gemeinderätin!
Da Sie zum wiederholten Male eine angeblich
intransparente Vergabe öffentlicher Mittel kritisieren, muss ich Ihnen an
dieser Stelle einmal heftig widersprechen. Wie kaum in einer anderen
Gebietskörperschaft werden die Kulturförderungen der Stadt Wien vor und nach
ihrer Vergabe in den dafür zuständigen Gremien diskutiert, überprüft und
kontrolliert. Sowohl die Dreijahresverträge als auch die daraus folgende
jährliche Förderung werden im Vorhinein im zuständigen Ausschuss und im
Gemeinderat beschlossen und im Ergebnis kontrolliert. Jeder einzelne Posten ist
daher von der Öffentlichkeit genau nachvollziehbar.
Darüber hinaus gibt es seit der Einführung der
Dreijahresvereinbarungen klare Richtlinien zur Vergabe dieser Dreijahresverträge.
Die Eckpunkte dieser Richtlinien wurden Ihnen auch vor geraumer Zeit
übermittelt. Die Kulturverwaltung geht dabei von künstlerischen,
wirtschaftlich-organisatorischen und budgetären Kriterien aus.
Bei den
künstlerischen Kriterien werden die Qualität, der Spielplan, die
kontinuierliche Tätigkeit und die Integration ins kulturelle Angebot ebenso
bewertet wie die Einbeziehung anderer Kunstrichtungen und die
Publikumsakzeptanz.
Für die wirtschaftlich-organisatorischen
Kriterien werden die wirtschaftliche Notwendigkeit, die Planbarkeit und die
Flexibilität bewertet.
Für die
budgetären Kriterien wird der Grad der Bindung des Gesamtbudgets und die
Deckelung der vereinbarten öffentlichen Finanzierung herangenommen.
In den
jeweiligen Vereinbarungen, die die Kulturverwaltung mit den Partnern trifft,
sind spezielle Parameter festgelegt - und damit allen Beteiligten bekannt -,
die erfüllt werden müssen, um für eine Verlängerung in Frage zu kommen: Anzahl
der Produktionen, Anzahl der Vorstellungen, Eigendeckung, maximale Subvention
pro Besucher und seit der letzten Verlängerungsphase auch Stücke bislang nicht
aufgeführter, junger österreichischer Autoren, die so genannte Adoption einer
freien Truppe und die internationale Relevanz. Diese Kriterien und Parameter
sind allen Beteiligten bekannt. Gemeinsam mit Beschluss und Kontrolle durch den
Gemeinderat ergeben sie einen für alle jederzeit nachvollziehbaren
Fördervorgang.
Nach all
diesen Kriterien wurde bisher vorgegangen. Ihre Erfüllung würde demnach auch
rechtfertigen, die meisten der nun anstehenden Verlängerungen der
Dreijahresverträge zu argumentieren und beschließen zu lassen.
Ich meine,
dass diese Vorgehensweise eine höchst transparente, nachvollziehbare und für
alle Beteiligten daher auch günstige ist.
Was nun
die von mir in Absprache mit den Kultursprecherinnen und Kultursprechern der im
Gemeinderat vertretenen Parteien beauftragte Studie angeht, so werden die
Ergebnisse abzuwarten sein. Diese Studie sollte generell eine Evaluierung der
Situation der freien Gruppen im Bereich der darstellenden Kunst in Wien
vornehmen und wird damit zusätzlich zu einer Öffentlichkeit und zu einem
öffentlichen Diskurs, damit auch zu einem transparenten Diskurs über die Wiener
Theaterlandschaft beitragen.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke für die Beantwortung.
Die erste Zusatzfrage, Frau GRin Mag Ringler. -
Bitte.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub
im Rathaus): Herr Stadtrat!
Danke für diese Ausführungen, die mich nicht zu
überraschen wissen. Denn dass wir zweiseitige Akte mit einem daran gehängten
Excel Spreadsheet bekommen, ist mir bekannt. Das halte ich allerdings nicht für
eine transparente Offenlegung dessen, auf welcher Basis hier entschieden wird.
Sie haben den Bereich der künstlerischen Kriterien
angesprochen. Mir ist nicht bekannt, dass eine einzige Verlängerung - zumindest
in meinem Beisein - von Dreijahresverträgen in irgendeiner Form qualitativ bis
dato bewertet worden wäre. Vielleicht geschieht dies unter Ausschluss der
Öffentlichkeit. Das ist gut möglich.
Das mag die Vorgehensweise sein, die wir auch derzeit beim
Tanzquartier haben. Ich entnehme Medienberichten, dass es eine von Ihnen nicht
dementierte zehnprozentige Kürzung dieses wirklich wichtigen Hauses in Wien
geben wird, eines Hauses, das in allen internationalen, aber auch nationalen
Medien als ein Musterbeispiel für kulturpolitische Vorgehensweise im
zeitgenössischen Bereich bezeichnet wird und das derzeit einer so genannten
internen Evaluierung unterliegt, die für mich
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