Gemeinderat,
26. Sitzung vom 28.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 67
Jahren. Aber anstatt dem
mit einer vorwärts gerichteten Strategie entgegenzuwirken, glauben Sie, mit
denselben Methoden, die in Wirklichkeit dieses globale Desaster des
Liberalismus, dieses globale Desaster des Sozialabbaus in Europa verursacht
haben, aus diesem Desaster herauszukommen.
Und
das ist es, was ich Ihnen vorwerfe: dass Sie nicht bereit sind, über neue
Methoden nachzudenken, sondern dass Sie sich der Sachzwangpolitik, die
eigentlich keine Sachzwangpolitik wäre, verschreiben und glauben, mit den
Ausgliederungen eine Möglichkeit gefunden zu haben. Wobei klar ist – das zeigen
ja auch die bisherigen Beispiele der Ausgliederungen der Gemeinde Wien –: Für
die Beschäftigten wird die Situation nicht besser. Die Beschäftigten – Kollegin
Jerusalem hat das ganz am Anfang in ihrer Wortmeldung gesagt, ich weiß nicht,
ob sich in den letzten Wochen etwas verändert hat – haben ewig lang auf eine
Betriebsvereinbarung vom Fonds Soziales Wien warten müssen, oder vielleicht
gibt es sie noch immer nicht. Wir alle wissen, dass in den ausgegliederten
Bereichen die Beschäftigten schlechter bezahlt bekommen.
Ja, ist das Ihre Politik der Sozialdemokratie, bei
der Lohndumpingspirale mitzumachen? Geht es Ihnen darum, dass die Beschäftigten
wirklich immer weniger verdienen und immer mehr arbeiten? Oder geht es nicht
vielmehr darum, aufzuzeigen, dass man qualifizierte Beschäftigte auch in einer
wirklicht hochanständigen Art und Weise ordnungsgemäß bezahlt, dass man
gemeinsam mit ihnen versucht, Sachen zu entwickeln. (GRin Erika Stubenvoll: Das machen wir auch in den Trägervereinen!)
Sie wissen genau, dass die Beschäftigten in den Trägervereinen im Schnitt bei
weitem weniger bezahlt bekommen als in der Gemeinde Wien. Das wissen Sie. (GRin Erika Stubenvoll: Das stimmt doch
nicht!)
So ist es die Situation, und daher hoffe ich nach wie
vor – ich glaube auch, es ist nicht von ungefähr, dass die Frau Stadträtin
Pittermann heute nicht da ist –, dass dieses Ausgliederungsmodell an der Macht
des Faktischen scheitern wird, denn es wird nicht leicht sein, so wie Sie es
planen, innerhalb des kommenden Dreivierteljahres eine Reform umzusetzen, die
in der von Ihnen vorgetragenen Art und Weise nicht durchkonzipiert ist, in
vielen Belangen auch konzeptlos erscheint. (Zwischenruf
von GRin Erika Stubenvoll.) Ja, Sie sagen aber, es ist ein Prozess, den Sie
auf ein Dreivierteljahr beschränken, und zwar ohne Mitsprache anderer
Beteiligter außer der Sozialdemokratie. Ich glaube nicht daran, dass Sie diesen
Prozess zustandebringen, und ich wünsche mir, dass Sie diesen Prozess der
Ausgliederungen jetzt nicht bewerkstelligen, damit nicht die Möglichkeit für
die Zukunft verbaut wird, wirklich im Interesse der Wienerinnen und Wiener ein
Sozialsystem und ein Gesundheitssystem so zu ordnen, dass sowohl die
Beschäftigten als auch die betroffene Bevölkerung davon etwas haben. – Ich
danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Korosec. Ich erteile
es ihr.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Frau Vizebürgermeisterin!
Frau Vizebürgermeisterin, Ihr Verhalten, dass Sie
heute hier dokumentiert haben, ist eine Stilfrage, und die richtet sich von
selbst. Mehr ist dazu nicht zu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)
Frau Vizebürgermeisterin Laska, Sie haben es heute
bei Ihrer Mitteilung offenbar nicht versäumen können, die ach so böse
Bundesregierung natürlich dementsprechend zu prügeln. Offenbar verdrängen Sie
alle den 24. November. Da haben die Österreicherinnen und Österreicher
sehr eindrucksvoll ihre Zustimmung zur Reformpolitik des Wolfgang Schüssel
dokumentiert. (GR Franz Ekkamp – einen
"Standard" in die Höhe haltend –: Mit den Pensionen!)
Wenn Sie von den Pensionen sprechen, Herr Kollege:
Seit 1970 ist die Lebensarbeitszeit um sieben Jahre zurückgegangen, um zehn
Jahre leben wir länger. Und da ist kein Reformbedarf? (GR Godwin Schuster:
30 Prozent weniger Pension! – GR Franz Ekkamp: Es geht um das Wie! Was
wurde vor der Wahl versprochen?) Jetzt sage ich Ihnen auch etwas: Ich war
in den letzten Jahrzehnten in der Bundespolitik, und ich habe als
Generalsekretärin miterlebt, wie sich gerade der Koalitionspartner SPÖ gegen
jede Reform der Pension gewehrt hat, die langfristig gemacht worden wäre.
(GR Franz Ekkamp: Das stimmt ja nicht!) Sie haben es zu verantworten, dass
heute Maßnahmen gesetzt werden müssen, die kurzfristiger sind. (Beifall bei
der ÖVP. – GR Johann Driemer: Das werden Sie bei den Frauen verantworten
müssen, was Sie jetzt bei den Frauen für Einschnitte planen!) Herr Kollege Driemer, die
Beurteilung durch die Bürgerinnen und Bürger, das ist unser Maßstab und unser
Maß, und das haben wir am 24. November gesehen. (Beifall bei der ÖVP. –
GR Johann Driemer: Da haben Sie Glück gehabt!)
Aber kommen wir jetzt zurück zur Mitteilung. Sie ist
durchaus diskussionswürdig und interessant (GR
Franz Ekkamp: Sehr gut!), aber sie wirft eine Reihe von Fragen auf, und
eine Reihe von Fragen sind ja heute schon andiskutiert worden. Es stimmt, dass
die demographische Entwicklung so ist, dass wir Gott sei Dank immer älter
werden und auch gesund alt werden können. (GR
Johann Driemer: Wie denn? Wo leben Sie denn!) Es ist so, dass in einigen
Jahrzehnten ein Drittel ... (GR Johann Driemer: Schauen Sie sich um!
Wir werden älter, aber nicht gesünder!). Geh bitte! Ja, vielleicht machen
Sie nichts dafür, dass sie gesund alt werden. Hier gibt es sehr viele
Präventivmaßnahmen, die man setzen kann. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.
– GR Franz Ekkamp: Gehen Sie einmal in einen Betrieb!) Sie, ich war
40 Jahre in einem Betrieb, ich weiß, was sich in Betrieben abspielt. Ich
weiß aber nicht, ob Sie es wissen. Davon bin ich nicht so überzeugt.
Meine Damen und Herren! Es ist ein Faktum, dass in einigen
Jahrzehnten ein Drittel der Menschen in Wien über 60 Jahre alt sein wird, und
da sind natürlich Strukturmaßnahmen notwendig, da sind wir uns ja durchaus
einig. Das bedeutet, die Pflegeintensivität wird steigen,
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