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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 28.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 67

 

Sie haben allen Anlass, sich die Dinge anzuschauen, bevor Sie meinen, alles, was ich behaupte, sei falsch. Sie sind nicht dabei gewesen! (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Sie waren auch nicht dabei!) Ich habe mit jemandem gesprochen, der dabei war. Das ist der Unterschied zwischen uns beiden! – So viel zum Fonds "Soziales Wien". Die Skepsis, die man diesbezüglich an den Tag legen muss, ist mehr als angebracht.

 

Zweiter Punkt: Herr Hundstorfer! Sie sagen, wir reden von neuen Strukturen, wir reden von einem dynamischen Prozess, und es soll künftig Klarheit über Finanzen und über Aufgaben herrschen. - Wie wahr, Herr Hundstorfer! - Sie sagen weiters, Sie reden der Privatisierung nicht das Wort. - Da werden Sie uns Grüne sicher an Ihrer Seite haben!

 

Allerdings gibt es – damit verweise ich auf ein leidiges Thema hier im Haus – ja bereits jetzt private Strukturen. Ich verweise auf die Vereine, die die Betreuung zu Hause erledigen – das ist ja nicht die öffentliche Verwaltung –, und in diesen Bereichen ... (GRin Erika Stubenvoll: Das wird auch gewünscht!) Das ist gewünscht, und das hat natürlich mehr positive Effekte für die einen als für die anderen. Sehr positive Effekte hat es für die Sozialdemokratie, denn sie verfügt hier, wie wir ja wissen, über Einflussnahme, über Mandatare in Geschäftsführerfunktionen. (GRin Erika Stubenvoll: Das ist ein alter Hut!) Genau, es ist ein alter Hut (GRin Erika Stubenvoll: Die Qualität zählt für die Menschen!), aber leider, leider immer noch auf der Tagesordnung.

 

Der Punkt wird einfach sein – da hat die Andersen-Studie Recht, und Sie haben das, Herr Hundstorfer, auch in Ihrer Ruster Papier geschrieben –: Künftighin soll es so sein, dass die leistungserbringende von der kontrollierenden und von der finanzierenden Ebene getrennt wird. Tun Sie das, werte Kollegen von der Sozialdemokratie! Ziehen Sie Ihre Politiker und Politikerinnen aus den Vorständen zurück! Entscheiden Sie sich als MandatarInnen, ob Sie GeschäftsführerIn oder ob Sie Vorsitzende in Ausschüssen sein wollen. Tun Sie es endlich, dann wird man Ihnen Glauben schenken können, dass die Strukturen, die hier zu ändern sind, nicht nach dem Prinzip "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!" ablaufen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Sie sagen nämlich, der Eintritt von profitorientierten Konzernen in den österreichischen Markt stellt ein reales Gefahrenpotential für das bestehende System dar. Niemand von den GRÜNEN – ich betone: niemand von den GRÜNEN – ist dafür, dass "Billigstdorfer"-Versorgung in Wien Einzug hält. Das ist es nicht, was wir wollen. Das Gegenteil allerdings kann auch nicht der Fall sein: dass sich wenige saturierte Strukturen unter politischer Dominanz der SPÖ hier ihre Dinge gerichtet haben. Das ist nicht Qualität, das ist eine ungerechtfertigte Vorteilssituation für Einzelne.

 

Machen Sie daher Ihre eigenen Organisationen fit, machen Sie sie fit, damit Sie mithalten können. (GRin Erika Stubenvoll: Machen Sie Ihre soziale Einstellung fit! – GR Christian Oxonitsch: Einmal bei sich selber schauen!) Oder wollen Sie warten, bis die Wettbewerbsklage der EU auch in Wien eingebracht wird? Drei Bundesländer Österreich haben bereits eine Wettbewerbsklage, weil sie dem Vergabegesetz, auch dem eingeschränkten Vergabegesetz, das die EU für den Bereich der Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen vorsieht, nicht entsprechen.

 

Wir werden Sie daher an der Realpolitik messen, an der Realpolitik auch in Bezug auf Ihre eigene Klientel und auf Ihre eigenen Funktionäre und Funktionärinnen.

 

Herr Hundstorfer! – Ist er noch da? Das finde ich nett, dass Sie noch da sind. Hin und wieder schenken Sie mir einen Blick, das baut mich auf. – Herr Hundstorfer, Sie sprechen davon, dass die Pflegeheime in diesem Umstrukturierungsprozess künftig eine wichtige Rolle spielen werden. Das, was Sie allerdings vorbereiten, um diese Umstrukturierung in Gang zu setzen, gibt uns keinen Anlass zu Hoffnung, dass Sie es ernst meinen. Sie bringen ein Pflegeheimgesetz ein – es ist im Moment im Begutachtungsverfahren oder im Entwurfverfahren –, in dem viele, viele der Dinge, die zentral wichtig sind, nicht enthalten sind.

 

Wir erwarten von einem Pflegeheimgesetz, dass die missliche Situation der Achtbettzimmer schnellstens abgestellt wird. Stattdessen macht Ihr Heimgesetz keine Aussagen zur Höchstzahl der Betten und sieht für Heime, die sich nicht entsprechend umstrukturieren, Übergangsfristen von mehr als zehn Jahren vor. Da werden noch viele Leute alt und pflegebedürftig werden und vielleicht sterben, und zwar unter nicht zumutbaren Bedingungen – auch in den Häusern des Krankenanstaltenverbundes.

 

Sie haben auch Reformbedarf, Herr Hundstorfer, was das Kuratorium der Wiener Pensionistenhäuser betrifft. Das geht Sie vielleicht nichts an, aber uns geht es was an. Es kann nicht so sein, dass man im Wesentlichen eine rüstige alte Person sein muss, damit man hier ein Unterkommen findet, denn wenn man alt und pflegebedürftig ist, ist es eigentlich ... (GRin Erika Stubenvoll: Da wird ja umstrukturiert!) Ja, strukturieren Sie um, Frau Kollegin, und erweitern Sie den Zugang für Pensionisten und Pensionistinnen, die pflegebedürftig sind (GRin Erika Stubenvoll: Das geschieht ja!), denn wer das nicht ist, der möchte sehr gerne zu Hause bleiben und ist froh, wenn er die Einrichtungen der öffentlichen Hand möglichst spät in Anspruch nehmen muss. Hier gibt es Reformbedarf.

 

Frau Stadträtin! Wir erwarten von Ihnen, was diese Umstrukturierung betrifft, dass Sie nicht nur mit Mitteilungen hier kommen, sondern dass Sie uns konkrete Vorhaben vorlegen. Wir erwarten, dass wir sehen, wie es konkret ausschaut. Das, was wir bislang sehen, lässt uns allerdings zweifeln, dass Sie einen sinnvollen Weg gehen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr GR Barnet gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Günther Barnet (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Stadtrat!

 

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