Gemeinderat,
26. Sitzung vom 28.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 67
erheblich. Wenn Sie wollen, ich kann das einmal ausrechnen
oder schätzen lassen. Das ist sicher der größte Aufwand, wo Menschen von ihrem
Unrechtsbewusstsein her unseren Apparat in Einsatz bringen, aber dann halt –
eine vielleicht menschliche Eigenschaft – sich entscheiden, nicht wirklich vor
Gericht zu dieser Aussage stehen zu wollen. Wir verlieren daher leider relativ
viele Verfahren, weil sogar jene, die dann sagen, na gut, ich gehe als Zeuge,
es sich knapp vorher noch einmal überlegen.
Das Mietrechtsgesetz hat eine große Stärke, das ist
dieser Schutz, dass man ohne ganz konkreten Zeugen und der Überzeugung des
Richters eben niemandem seine Wohnung wegnehmen kann. Das begrüße ich auch sehr
als jemand, dem dieser Bereich sehr wichtig ist. Das ist eben in diesen
Bereichen des Missbrauchs mühevoll und, wie ich überzeugt bin, auch
kostenaufwändig.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke schön. – Herr GR Ellensohn, bitte.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im
Rathaus): Herr Stadtrat, ich bleibe bei meinem eingangs genannten
Beispiel. Sie haben gemeint, es ist sehr schwierig, etwas zu unternehmen für
Wiener Wohnen, wenn nicht die Zeugen und Zeuginnen bereits aufmarschieren.
Jetzt sage ich: Es wäre ja auch möglich, auf einen
Hinweis zu reagieren, vorbeizugehen und zu schauen: Ist die Wohnung benützt
oder nicht? Manchmal lässt es sich ja sehr schnell feststellen.
In diesem konkreten Fall verlangt der
Hausvertrauensmann, der diese Wohnung zurückgelegt hat auf viele Jahre,
7 000 EUR Ablöse. Die Richtlinien von Wiener Wohnen gehen davon aus,
dass man nicht mehr als 4 000 EUR verlangen sollte, und er verlangt
7 000 EUR mit der Begründung, die Wohnung wurde ja nie benützt und
deswegen sind natürlich die Geräte und alles, was da drinnen ist, intakt. Und
deswegen hat es praktisch mehr oder weniger den Neuwert und deswegen ist es
okay. wenn er nicht den Richtlinienwert von 4 000 EUR, sondern von
7 000 EUR verlangt. Dieser Umstand ist Wiener Wohnen auch bekannt.
Jetzt, was ist passiert in der Folge? Diese Dame, die
mich informiert hat, war auf der Suche nach einer Gemeindewohnung. Es hat
länger gedauert, es dauert auch manchmal länger, da kann man leider nicht sehr
viel dagegen unternehmen. Wie sie mit dieser Geschichte, mit dieser Information
gekommen ist, ist folgendes passiert: Nicht dem Herrn, der diese Wohnung
zurückgelegt hat oder nicht verwendet hat, ist irgendetwas passiert, sondern
ihr ist etwas passiert, und zwar etwas Wunderbares. Innerhalb kürzester Zeit
wurde ihr eine Gemeindewohnung in einem neu sanierten Gemeindebau angeboten,
worüber sie sich natürlich auch sehr gefreut hat. Keine Frage.
Jetzt überlege ich mir: Wie kommt es zu dieser
Reihenfolge? Sehen Sie einen Zusammenhang darin, dass diese Frau relativ
schnell nachher, nämlich im Wochentakt, eine Gemeindewohnung angeboten bekam,
die sich diese Frau über einen längeren Zeitraum von eineinhalb Jahren
gewünscht hat, oder glauben Sie, es war einfach ein Zufall?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte.
Amtsf StR Werner Faymann: Sie erzählen
uns eine Geschichte, deren Hintergrund ich von hier aus gar nicht in die Tiefe
prüfen kann, was nicht heißt, dass Sie die Geschichte so glauben, aber ich kann
von hier aus nicht feststellen, ob es sich auch so verhält.
Wenn Sie mich fragen, also wenn eine Geschichte so
wäre, wie Sie erzählen, und was wäre dann und was denkt man sich dazu, dann
würde ich lieber den einfacheren Weg gehen. Ich gehe der Sache nach, wie ich
das immer mache, und Sie wissen, dass ja nicht nur bei Fragestunden Stadträte
zur Verfügung stehen zur Beantwortung von Anfragen. Also es gibt ja durchaus
Gelegenheiten dazwischen auch, diesen Fall in die Tiefe zu klären.
Zu Ihrer anderen Bemerkung, wie man bei Kündigungen
vorgehen sollte, muss ich Sie mit einem Detail belästigen. Das Mietrechtsgesetz
sieht nicht vor, dass der Vermieter jemand vorbeischickt und ein paar Mal
schaut, ob er da ist, und wenn er nicht da ist, ihm die Wohnung kündigt, sondern
das Mietrechtsgesetz sagt, dass jemand die Hälfte der Zeit über eine Woche oder
des Jahres die Wohnung benützen muss. Also wie oft, glauben Sie, muss der
Mitarbeiter vorbeigehen, bis er diesen Nachweis führen kann. Und sehen Sie,
daran merkt man, an diesem kleinen Detail, dass es schneller in einer
Fragestunde gesagt als in der Wirklichkeit durchgeführt ist.
Ich kann es daher nur auf den Punkt zurückführen: Ein
starkes Schutzgesetz hat im Missbrauchsfall den Nachteil, dass sich der
Nachweis erschwert durchführen lässt.
Aber ich kann Ihnen eine Zahl aus dem Vorjahr noch
sagen. Wir haben eine Rekordzahl an Wohnungsvergaben, nämlich mit 11.474
Gemeindewohnungen im Vorjahr gehabt. Das heißt, so viel kann nicht gehortet
werden, wenn auf der anderen Seite trotz Mietrechtsfortsetzung an Verwandte, an
Kinder, trotz der Maßnahmen, trotz dieser Einzelfälle des Missbrauches eine
Rekordzahl an neuen Vermietungen im Gemeindebau erreicht wurde.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke schön. Somit ist die 2. Anfrage beantwortet.
Wir kommen zur 3. Anfrage (FSP/01486/2003/0001-KVP/GM). Sie ist von GR Mag Neuhuber an
den Bürgermeister gerichtet: In den
Medien wurde über die Idee berichtet, einen Bummelzug für Touristen in der
Fußgängerzone der Wiener Innenstadt zu betreiben. Laut Zeitungsmeldungen würde
'das Rathaus hinter diesen Plänen stehen'. Wie stehen Sie zu dieser
Projektidee? – Bitte.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Sie
fragen mich, was ich von der Idee halte des so genannten Bummelzugs für
Touristen.
Wenn ich das vielleicht kurz so charakterisieren kann: Ich
halte zwar die Idee für originell, aber nicht neu, denn in Varianten hat es
diese Idee auch in der Vergangenheit gegeben. Und wie ich sagte: Ich halte sie
für
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