Gemeinderat,
26. Sitzung vom 28.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 67
Stadt Wien, aber auch mit dem Bund das erfüllen könnten.
Und wenn wir uns hier alle einig sind, und soweit ich
das weiß, stehen alle Parteien in diesem Haus dazu, dass beim Nahverkehr in
Wien auch dazu gehört, dass der U-Bahn-Bau weitergeführt wird, und wir haben
die vierte Ausbauphase für den öffentlichen Verkehr gerade vor der
Fertigstellung, so wird es die Nagelprobe sein für diese Bundesregierung, ob
sie, so wie bisher alle Regierungen, einsieht und weiß, dass ein 50-prozentiger
Anteil bei der Finanzierung durch den Bund notwendig ist. Und ich weiß von
allen Parteien hier im Haus, dass sie dieser Meinung sind, dass der
50-Prozent-Anteil für die U-Bahn-Finanzierung durch den Bund gerechtfertigt
ist.
Besonders schlimm wird es dann, wenn man den Teil der
Bundesbahnen anschaut. Das steht nämlich nicht unter dem Verkehrsteil, denn die
Bundesbahnen haben offensichtlich nichts mit dem Verkehr zu tun, sondern das
steht unter Finanzen. Und da kommen besonders die Widersprüchlichkeiten heraus.
Hier wird immer wieder die Mär verbreitet, dass die Bundesbahn einen so hohen
Finanzbedarf und einen so hohen Zuschussbedarf hat. Es wird immer die Zahl von
mehr als 4 Milliarden EUR pro Jahr kolportiert. Wenn man sich das
genau anschaut, dann ist zusammengerechnet sowohl der Pensionsbeitrag, dann
sind hineingerechnet die ganzen Sozialtarife, die Nahverkehrstarife für die
Pendler, dann ist hineingerechnet alles das, wozu sich der Bund im
Eisenbahngesetz verpflichtet hat, für die Bahn zu leisten. Und dann kommen die
wunderbaren Lösungen, wie, man ändert den § 2 des Bundesbahngesetzes. Sehr
geehrte Damen und Herren! Wenn das passiert, dann verabschiedet sich der Bund
aus der Infrastruktur, dann verabschiedet sich der Bund aus der
Schieneninfrastruktur, dann wird die Schieneninfrastruktur vom Bund nicht mehr
finanziert. Und genau das ist der Punkt, wo man sagen kann: Damit ist die
Bundesbahn, genauso wie mit der Variante, die Bundesbahn zu filetieren und in
viele, viele Einzelteile aufzusplittern, am Ende. Dann werden wir in Österreich
keinen schienengebundenen Verkehr mehr haben, geschweige denn einen
schienengebundenen Nahverkehr. Und das können wir uns als Stadt keinesfalls
wünschen, denn passiert das, dann ist innerhalb der Stadt das Verkehrschaos
vorprogrammiert, wenn alle nur mit dem Individualverkehrsmittel nach Wien
hereinkommen können.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke schön.
Die erste Zusatzfrage: Herr Mag Chorherr.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Stadtrat, ich möchte auf einen wichtigen Punkt
hinweisen, den Sie kurz erwähnt haben, der einen Qualitätssprung für Wien
bedeuten würde, das ist die Frage des – Anführungszeichen –
"Zentralbahnhofs" vor allem für den Nahverkehr. Da gab es ja vor
einem halben Jahr, vor einem Jahr die sehr erfolgversprechenden Vorbereitungen,
dass das wirklich vorgezogen wird. Also noch einmal: Das würde die von uns so
vehement geforderte Südosttangente auf der Schiene staufrei ermöglichen. Das
wäre wirklich ein Qualitätssprung.
Wenn Sie jetzt gerade gesagt haben, die ÖBB ist ja ohnehin bereit:
Gescheitert ist es meinen Informationen nach primär an der Führung der ÖBB.
Gibt es da etwas Neues? Was kann die Stadt Wien tun, oder welche Informationen
liegen Ihnen da vor, dass dieser Zentralbahnhof nicht – das wäre ja wirklich
der helle Wahnsinn – erst im Jahr 2020 fertiggestellt wird, sondern ein großer
Stadtteil rund um den derzeitigen Südbahnhof entstehen kann und gleichzeitig
ein wirklicher Quantensprung im Nahverkehr einsetzen könnte? Ich kann nicht
verstehen, warum dieses Projekt nicht aus beschäftigungs- und
konjunkturpolitischen Gründen vorgezogen wird. Noch einmal: Da würden wir einen
halben Bezirk in Wien mit sehr viel Verbesserung in zentraler Lage bauen statt
nur in Transdanubien, worüber wir noch reden werden.
Also meine Frage ist: Gibt es da etwas Neues? Welchen
Druck kann die Stadt Wien hier ausüben? Und was ist der Hauptgrund, warum das
derartig nach hinten geschoben wird?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte.
Amtsf StR Dipl Ing Rudolf Schicker:
Herr Klubvorsitzender! Wir haben sehr erfolgreiche Verhandlungen sowohl mit
Bundesministerien als auch mit den Österreichischen Bundesbahnen geführt und
waren im Sommer vergangenen Jahres sehr zuversichtlich, dass sich alles auf die
Reihe bringen lässt und wir in diesem Jahrzehnt die Fertigstellung auch dieses
Bahnhofes feiern werden können.
Das Modell ist sehr einfach. Es gibt Planungsgewinne,
die entstehen, wenn Umwidmungen Platz greifen. 55 Hektar können von der
Bahn freigegeben werden auf dem Arial des Südostbahnhofes, und diese
55 Hektar hätten den Löwenanteil zur Finanzierung des neuen
Zentralbahnhofes beigetragen. 200 Millionen S sind offen dafür, und
diese 200 Millionen S resultieren aus einem Betrag, den der Bund für
die Infrastruktur zu leisten hätte, denn für die Schienen im Bahnhof ist auch
der Bund zuständig nach § 2 Eisenbahngesetz, Bundesbahngesetz. Und genau
dieser Punkt ist ungeklärt. Dieser Punkt ist abzuklären, und dafür stand bis
vor kurzem keine Bundesregierung zur Verfügung. Ich weiß, dass sowohl der
Finanzstadtrat als auch ich selber Terminansuchen liegen haben bei den
zuständigen Ministern für Finanzen, Verkehr, Infrastruktur und Technologie.
Bisher haben wir dazu leider noch keinen Termin bekommen. Wir werden versuchen,
das zu einem raschen Ende zu bekommen.
Sie werden vermutlich auch die Informationen der
Bundesbahn gesehen haben, dass die für die Bahnhofsoffensive Zuständigen dort
der Meinung sind, dass bis 2010 der Bahnhof fertiggestellt werden kann. Es
gibt auch den Masterplan für den Bahnhof selbst, und wir sind gerade dabei, den
Vertrag zu unterzeichnen, dass das gesamte Umfeld, der Masterplan für das
Umfeld, der gemeinsam nur mit der Stadt entwickelt werden kann, ebenfalls zur
Unterschrift kommt. Wie lange das noch dauern wird, kann ich zurzeit nicht
wirklich abschätzen, aber ich bin überzeugt davon, dass das in den nächsten
Wochen passieren wird.
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