Gemeinderat,
25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 91
zu Wort gemeldet: Herr Dr Ulm.
GR Dr Wolfgang Ulm
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorredner!
Es ist Ihnen jetzt sicher nicht gelungen,
nachzuweisen, dass es einen Widmungsskandal gegeben hat und dass politische
Verantwortung nicht wahrgenommen worden ist. Sie haben aber sehr leicht den
Nachweis erbracht, dass Sie sich nicht nur ausgezeichnet als Gemeinderat und
Klubobmann eignen, sondern auch als Kabarettist. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Sie sollten auch ein bisschen lustiger
sein!)
Aber ich hatte noch eine ganz andere Assoziation bei
einem Parteifreund von Ihnen, nämlich beim Herrn Kollegen Kenesei, und zwar
hatte ich da die Assoziation mit Goethe. Nicht, weil ich im Entferntesten den
Herrn Kollegen jetzt direkt mit dem großen Dichter vergleichen möchte, auch
seinen Redebeitrag nicht im Entferntesten an Werke des großen Dichters
heranrücken möchte, aber ein Werk ist mir dabei schon eingefallen, und zwar ist
es das Werk von Goethe "Aus meinem Leben – Dichtung und Wahrheit".
Und es war halt ein bisschen viel Dichtung dabei, und die Wahrheit ist ein
bisschen zu kurz gekommen.
Es ist nämlich Dichtung, wenn Sie sagen, die Vorwürfe
des GR Kenesei wurden voll durch das Kontrollamt bestätigt. Wahr ist vielmehr:
Sie haben Korruptionsvorwürfe erhoben, die wurden überhaupt nicht bestätigt.
Dichtung ist, wenn Sie sagen, die Kommission hat die
Verfahrensmängel, die das Kontrollamt festgestellt hat, nicht bestätigt. Ja
selbstverständlich wurde das bestätigt von der Untersuchungskommission. Nicht
bestätigt wurde allerdings der besagte Klammerausdruck, über den Sie
hinweggegangen sind. (GR Günter Kenesei:
Wo ist das bestätigt worden?) Sie sind in der Kommission gesessen. (GR Günter Kenesei: Wo ist das bestätigt
worden? Den Satz im Endbericht hätte ich gerne gelesen!) Sie können es
allen fünf Akten entnehmen, Sie können es auch der Beschreibung im Endbericht
zu den fünf Aktenstücken entnehmen.
Und Dichtung, Herr Kollege, ist es auch, wenn Sie
glauben, dass es die Aufgabe der Untersuchungskommission gewesen wäre, dem
Herrn OSR Vokaun eine strafbare Handlung nachzuweisen. Das wäre nämlich die
Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die sich, glaube ich, seit ungefähr drei Jahren
redlich bemüht. Wir werden sehen, ob es greifbare Ergebnisse gibt. Bis jetzt
gibt es diese greifbaren Ergebnisse für uns jedenfalls nicht.
Es sei an dieser Stelle klar darauf hingewiesen, dass
es Vizebürgermeister Dr Görg zu verdanken ist, dass diese
Untersuchungskommission überhaupt ihre Arbeit aufnehmen konnte und dass
tatsächlich ein sehr interessanter Bereich der Wiener Stadtverwaltung
untersucht werden konnte. Dr Görg ist Erfinder und Durchsetzer dieser
Untersuchungskommission, weil er weiß, wie wichtig die Kontrolle der Verwaltung
und die Überprüfung der politischen Verantwortung durch Abgeordnete ist. (GR Godwin Schuster: Die Überschrift hat er
erfunden!) Unbestritten, Herr Kollege Schuster, ist das selbstverständlich
von SPÖ und ÖVP beschlossen worden, aber kein politischer Beobachter geht davon
aus, dass diese Untersuchungskommission auch zustande gekommen wäre unter einer
SPÖ-Alleinregierung. (Beifall bei der
ÖVP. – GR Dr Kurt Stürzenbecher: Sorgen Sie als ÖVP auch auf Bundesebene dafür,
dass es Untersuchungskommissionen gibt! – GR Godwin Schuster: Auf Bundesebene
gibt es noch kein Wort davon!)
Jetzt ist es Ironie der Geschichte, dass sich die
erste Untersuchungskommission genau auf die Tätigkeit ihres Erfinders
konzentriert. Die Geschichte ist aber nicht nur ironisch, sehr geehrte Damen
und Herren, die Geschichte ist auch gerecht. Sie ist wahrscheinlich nicht immer
gerecht, aber in diesem Fall zumindest ist sie gerecht, denn richtigerweise ist
hervorgekommen, dass dem VBgm Dr Görg nichts vorzuwerfen ist, dass er keine
politische Verantwortung hätte übernehmen sollen und ihm auch keine
Unterlassung vorgeworfen werden kann.
Ganz im Gegenteil! Da darf ich jetzt ein bisschen auf
das bisherige Vorbringen der FPÖ eingehen, wonach man meint, Dr Görg als Person
ist an sich über alle Vorwürfe erhaben, aber er hat nicht so wahnsinnig viel
gemacht, er hat die Dinge laufen lassen. Es gibt sogar eine Presseaussendung,
nach der er sich vornehm zurückgehalten hätte, was die Rechtsansicht des OSR
Vokaun im Zusammenhang mit dem Atzgersdorfer Friedhof betrifft.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gegenteil ist
wahr! Tatsächlich war es Dr Görg, der dafür gesorgt hat, dass dieses
Widmungsverfahren gestoppt wurde. Tatsächlich hat er sich nicht zufrieden
gegeben damit, dass ihm vom Obersenatsrat mitgeteilt wurde: Und im Übrigen gibt
es da auch noch ein Rechtsgutachten, worauf man umwidmen müsste. – Nein, er hat
es dabei nicht belassen. Besonders feinfühlig war er sogar, wie sich aus den
Protokollen ergibt. Denn auf Grund der Tatsache, dass das vom Berichterstatter
OSR Vokaun sozusagen als Argument nach dem sachlichen Bericht hinten angereiht
wurde, hat er gedacht: Diese Reihenfolge der Argumentation finde ich
überraschend, das interessiert mich jetzt doch näher. Und er hat darauf
bestanden, dass ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben wird. Es ist dann zu
einem solchen gekommen durch OSR Dr Schiller, Leiter der Bauoberbehörde
und der Bauordnungspapst im Wiener
Magistrat.
Aber auch damit hat sich Dr Görg noch nicht zufrieden
gegeben. Als er erfahren hat, dass dieses Gutachten unrichtig sein könnte – das
wurde nämlich von OSR Dr Ponzer moniert –, hat er den Stopp dieser Widmung
verfügt, und es ist nicht zur Umwidmung gekommen.
Es ist mir aber schon ein Anliegen, festzuhalten, dass diese
Untersuchungskommission, die in einer sehr rechtsschutzorientierten und einer
sehr sachlichen Art und Weise Vorgänge im Magistrat überprüft hat, schon auch
zu dem Ergebnis gekommen ist, dass nicht alles in Ordnung ist und dass es
keinen Grund gibt, Missstände, die tatsächlich aufgetreten sind, und Dinge, die
sich lohnen, weiter untersucht zu werden, nicht auch zu besprechen. Das möchte
ich sehr gerne tun, und ich denke
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